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eines andern, dessen Anwesenheit so sehr überrascht, Burchards von Halbers stadt, überhaupt sich findet. Erzbischof Liemar von Bremen war einer von den wenigen sächsischen Bischöfen welche vom Anfange des Sachsenkrieges an auf der Seite des Königs Heinrich IV gestanden hatten; er war ein besonderer Freund desselben. Auf seine Anteilnahme an der Synode, auf seine Unterschrift mußte Heinrich besonderes Gewicht legen. Sollte also dieser nicht anwesend gewesen sein? Und doch fehlt sein Name in der Unterschriftenreihe. Von größerer Bedeutung ist, daß Burchards Name genannt wird. Derselbe war sowohl in der Vorzeit als auch wiederum in der Folgezeit unter den sächsischen Bischöfen der erbittertste Feind des Königs. Zur Zeit der Wormser Synode war er in der strengen Haft des Bischofs Rupert von Bamberg. Scheffer - Boichorst1) begegnet dem Einwande mit der Bemerkung, man dürfe nicht vergessen, daß Burchard ein Gefangener des Königs gewesen sei; ob wollend oder nicht, habe er unterschreiben müssen. Aber wenn man ihn im Sommer desselben Jahres aus Furcht, er möchte seiner Bamberger Haft entkommen, in noch strengeren Gewahrsam nach Ungarn bringen wollte, so ist kaum anzunehmen, daß man ihn im Januar nach Worms geführt und sich so der Gefahr ausgesezt hat, daß er auf der Reise entfliehe oder von seinen Freunden befreit werde. Zudem wird ein Mann von der Entschiedenheit Burchards sich schwerlich zur Unterschrift haben zwingen lassen.

Abgesehen von der Gefangenschaft liegen die Dinge bei Imad ähnlich wie bei Burchard, nur daß bei ihm ein anderes wichtiges Moment hinzukommt, nämlich daß er schon am zehnten Tage nach dem Erlasse des erwähnten Absehungsdekretes gestorben ist. Auch des Krieges an ein Gegner Heinrichs gewesen. der Sachsen auf der Harzburg viele sich von unter den westfälischen Bischöfen der einzige, fest zur Seite blieb.

Imad war vom Beginn Und als nach den Freveln ihnen abwandten, war er welcher seinen Landsleuten

Auf sächsischer Seite finden wir ihn im Winter 1074-75. Allerdings scheint er an den Kämpfen, welche im Sommer 1075 statthatten, und welche für die Sachsen so unglücklich endigten, nicht persönlich beteiligt gewesen zu sein. Denn wir finden ihn am 18. August in Paderborn, wo er in der Krypta des Domes eine Urkunde ausstellte; 2) auch wird er nicht unter denen genannt, welche am 26. Oktober desselben Jahres zu Spier im Sonderhausenschen sich dem Könige auf Gnade und Ungnade ergaben. Aber daraus wird man nicht ohne weiteres folgern dürfen, daß er sich mit dem Könige ausgeföhnt habe, und zwar insoweit ausgesöhnt habe, daß er an der Wormser Synode, auf welcher der Freund und Schüßer der Sachsen,

1) A. a. C. S. 71, Aum. 6.

2) Regesta Historiae Westfaliae no. 1159. Codex Diplomaticus Historiae Westfaliae no. 157.

Gregor VII, entsetzt wurde, teilgenommen hätte. Vielmehr spricht schon der Charakter Imads gegen seine Anteilnahme. In den 25 Jahren seiner Regierung hatte er sich als den echten Sprossen des thatkräftigen Geschlechtes der Immedinger gezeigt, als den würdigen Neffen Meinwerks, von dem wir wissen, wie folgerichtig er das, was er einmal als Recht erkannt hatte, verfolgte. In zwei schweren Jahren des Sachsenkrieges hatte er seine Willenskraft und Standhaftigkeit bethätigt. Sollte er da so völlig seine Gesinnung geändert haben?

Dazu kommt und das ist von sehr großer Wichtigkeit, daß Imad am zehnten Tage nach der Eröffnung der Synode, am 3. Febr. 1076, gestorben ist. Nehmen wir vorläufig als feststehend an, daß er in Paderborn gestorben sei, so hätten die Vorbereitungen zur Abreise von Worms, die Reise selbst, gegebenen Falls ein wenn auch nur kurzes Krankenlager und sein Tod sich in der kurzen Zeit von zehn Tagen vollziehen müssen. Scheffer-Boichorst) meint nun, Imad habe gar wohl am 24 Januar in Worms unterschreiben und am 3. Februar in Paderborn sterben können; vielleicht um so schneller habe er geeilt, den königlichen Hof zu verlassen, je widerwilliger er unterschrieben habe. Möglich ist das allerdings, aber nicht wahrscheinlich. Wer sagt uns, daß Imad sogleich am Tage nach dem Erlasse des Dekretes, da die Synode doch wohl eine längere Tauer hatte, den Ort der Zusammenkunft verlassen habe? Und selbst wenn das geschehen ist, so haben wir immerhin die nur sehr kurze Epanne Zeit von neun Tagen. Die Entfernung von Worms bis Paderborn in der Luftlinie beträgt 235 Kilometer. Der von den Reisenden zurückzulegende Weg mag etwa 300 Kilometer betragen haben. Ein solcher Weg kann allerdings unter gewöhnlichen Verhältnissen in neun Tagen oder etwas weniger Zeit zurückgelegt werden. Aber es ist zu bedenken, daß Winterszeit war, in welcher die Wege nicht selten wegen des Schnees schwieriger zu begehen sind, und in welcher die Kürze der Tage die zur Reise geeig= neten Stunden nicht wenig beschränkt. Dazu kommt, daß Imad wohl schon in Unwohlsein, vielleicht gar ernstlich frank von Worms aufgebrochen wäre, ein Kranker aber gewiß weniger schnell die Reise bewerkstelligen kann. Allerdings steht es nicht fest, wie Evelt 2) annimmt und SchefferBoichorst3) zuzugeben geneigt ist, daß Imad gerade in Paderborn gestorben ist. Aber auch mir scheint es, daß dem thatsächlich so ist; denn die Annahme liegt, da die gegenteilige Meinung durchaus keine Stüße hat, nahe. Aber selbst wenn Imad nicht in Paderborn gestorben ist, sind die Schwierigkeiten, welche sich aus der unmittelbaren Aufeinanderfolge des Tages der Eröffnung der Synode und des Todestages ergeben, keineswegs gelöst. Woher wissen wir endlich, daß Imad eines plößlichen Todes oder wenigstens

1) A. a. D. S. 71, Anm. 6. 2) A. a. O. S. 33.

3) A. a. C. S. 71, Anm. 6.

nach kurzem Unwohlsein gestorben ist, daß er nicht etwa, was doch bei sehr vielen Menschen der Fall ist, erst nach längerem Krankenlager ver schieden ist? In lezterem Falle würde er aber schon durch sein Unwohlsein verhindert gewesen sein, überhaupt zur Synode nach Worms aufzubrechen.

Wenn wir die dargelegten Gründe zusammenhalten, so scheint es mir, daß der Haupteinwand, welchen die Verteidiger der Teilnahme Imads an der Wormser Synode erheben, daß nämlich sein Name unter dem Absehungsdekrete sich finde, hinreichend widerlegt ist und zugleich die Schwierigkeiten, welche jene immerhin zugeben müssen, beseitigt sind. *)

Aeber das wahre Jahr der Erftlingsausgabe des großen Katechismus des fel. Petrus Canisius.

Von Joh. Fijalet.

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In dem ersten Abschnitte seines wertvollen Buches Entstehung und erste Entwickelung der Katechismen des sel. Petrus Canisius S. J.") weist P. Braunsberger nach, daß der erste, große Katechismus oder die ,,Summa doctrinae christianae" nicht im Jahre 1554, sondern erst im Frühling des Jahres 1555, wahrscheinlich um Anfang Mai ausgegeben wurde. Der Verfasser kennt nur zwei Gelehrte, welche das nach seiner Meinung richtige Jahr 1555 angeben: J. Feßler (Geschichte der Kirche Christi, zum Gebrauche für das Obergymnasium) und A. Wappler (Geschichte der katholischen Kirche. Lehrbuch für Obergymnasien). Er aber selbst macht zum erstenmale auf diese Thatsache aufmerksam. „Die Briefe unseres ersten Katecheten" sagt der Verfasser S. 28 sind bis zur — Stunde ungedruckt. In den ersten Ausgaben des Katechismus suchte man vergebens nach einer Angabe des Druckjahres. Man fand lediglich Ferdinands Verordnung vom 14. August 1554 und klammerte daher an diese sich an, mit dem Gedanken sich tröstend, das Buch werde nicht jünger sein als sein Vorwort."

Da uns die Beweisführung P. V.s für das Jahr 1555 als das Jahr der Erstlingsausgabe des Katechismus des sel. Canisius nicht so sicher und unwiderleglich wie dem Verfasser selbst und allen Referenten seines, übrigens tüchtigen Werkes (s. 3. B. Hist. Jahrb. a. a. D., Liter. Rundschau 1893, Nr. 7, S. 210, und Katholik, März 1893, S. 267) erscheint, so sei es hier gestattet, gegen die genannte Behauptung des Verfassers folgendes zu bemerken.

Eine zwingende Beweisführung ist meines Erachtens dem Herrn Vf. nicht gelungen. J. W.

1) Siehe Ergänzungsheft zu den Stimmen aus Maria-Laach. 57. Freiburg, Herder, 1893. 25–28 (vgl. Hist. Jahrb. XIV, 679 f.).

Den allgemeinen Irrtum über das angeblich unrichtige Jahr der ersten Veröffentlichung des großen Canisius-Katechismus (1554) glaubt P. B. hauptsächlich durch zwei bisher unbekannte eigenhändige Schreiben des sel. Schöpfers des katholischen Katechismuswesens für immer zu beseitigen. Namentlich soll Canisius erst am 27. April 1555 seinem gelehrten Freunde Martin Kromer, dem damaligen Kanonikus des Krakauer Domkapitels und späteren Fürstbischofe von Ermland, seine Summa übersandt und ihn gebeten haben, er möge ihm sein Urteil über das Buch kundgeben, damit die Mängel bei einer fünftigen Ausgabe beseitigt werden könnten; als Gegengabe erbat Canisius sich die Werke des Hosius (s. S. 27, 42 u. 72). Es gibt nun zwar einen Brief dieses Datums, den, welchen Canisius aus Wien an Kromer nach Krakau sandte, und der schon vor etlichen Jahren in dem zweiten Bande der Hosianischen Korrespondenz 1) aus dem cod. Nr. 28 n. 11 der Jagellonischen Bibliothek in Krakau abgedruckt worden ist. allein derselbe enthält gar keine Erwähnung des Canisius-Katechismus. Der Verfasser ist der Meinung, daß das kleine am Ende des erwähnten cod 28 n. 387 eingeklebte und noch nicht gedruckte Blättchen mit der eigenhändigen undatierten Nachschrift des Canisius über die obenerwähnte Sendung des Ratechismus, zu diesem Briefe vom 27. April 1555 gehöre (a a. D. S. 27, Aum. 3). Wir lassen sie im Wortlaut hier folgen: „Catechisticam doctrinam Rex noster edidit, de qua tuum audire iudicium velim gravissime vir, ut quae desiderari posse censueris, aliquando, si recognoscendum praecipue sit opus, corrigantur aut suppleantur. Ea enim in re quae CHRISTI gloriam et fidei asserendae causam summopere tangit, Regem libenter admonemus. Mitto igitur pro munusculo libellum hunc, et ut boni consulas precor, ac vicissim ut Osii laudatissimi Episcopi scripta nobis communices opto vehementer. Tum quae superioribus annis a pietate tua conscripta sunt, quia lectu digna esse novi, videre quidem aveo, petere tamen vix audeo, utpote cum meae exiguitatis conscius, tum tuae dignitatis probe memor. Dmns IESUS cura sua succurrat patriae laboranti et Religionis statum labentem erigat. Idem tuus in Christo servus Canisius." Nirgends ist eine Zeitangabe oder eine nähere Bemerkung in dieser Nachschrift enthalten, daß sie eben damals mit jenem Briefe vom 27. April 1555, wie der Verfasser vermutet, an Kromer geschickt wurde. Mit demselben Rechte kann man behaupten, Canisius habe dieses Postskriptum seinem anderen Briefe vom 27. Dezember 1554 (Hosii epistolae in Acta hist. res gestas Polon. illustr. a. a. . 1020 nr. 68) wenn nicht noch früher jenem vom 6. November

1) Siche Acta historica res gestas Poloniae illustrantia, Cracoviae t. IX, S. 1025 nr. 73. (Tomus IX continet Stanislai Hosii S. R. E. Cardinalis Episcopi Warmiensis Epistolarum tom. II a. 1551-58. Editionem sumptibus Academ. Litter. Cracoviensis curav. Dr. Fr. Hipler et Dr. V. Zakrzewski.)

1554 (siehe Cypriani Tabularium Ecclesiae Romanae S. 576) beigefügt. Daß es nur zu dem obenerwähnten Briefe vom 27. April 1555 gehöre, kann möglich sein, ist aber durch den Verfasser doch nicht bewiesen; um so mehr, als der Nachtrag anders zusammengefaltet ist als der Brief, obwohl die Schrift sowie das Papier dasselbe ist. Denn wenn der Nachtrag zu diesem Briefe gehören würde, müßte er in demselben Format zusammengefaltet sein wie der Brief.*)

Canisius

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so Braunsberger a. a. D. S. 25 konnte erst am 25. März 1555 dem hl. Ignatius anzeigen, der Druck des Katechismus sei jest „beinahe vollendet"; ein anderes Mal werde er ihm ein vollständigeres Exemplar senden Auch diese zweite Beweisführung, die sich auf das bis jetzt unedierte Schreiben des Seligen nach Rom stüßt, scheint uns nicht stichhaltig zu sein. Denn erstens kennen wir den ganzen Tert des eigenhändigen italienischen Briefes des Canisius an den hl. Ignatius in seinem Wortlaut noch nicht; zweitens ist die kritische Stelle des genannten Briefes nur kurz angedeutet, aber nicht vollständig, wenngleich in deutscher Uebersehung angeführt; drittens widerspricht der Verfasser sich selbst, indem er uns berichtet, Canisius habe mit dem Briefe vom 26. November 1554 an Polanco die ersten Abzugbogen nach der ewigen Stadt und dann am 25. März des folgenden Jahres das noch unvollendete Exemplar seines Werkes zur Durchsicht nach Rom gesendet (S. 25), der wohlunterrichtete, sorgfältige Orlandini spricht aber nicht etwa bloß von einem Teile des Buches, sondern von dem Buche einfachhin, das zu Rom durchgenommen und höchlich gebilligt, dann on seinen Verfasser zurückgesendet worden und auf Befehl des Kaisers an das Licht getreten sei (S. 27). Ist es wahrscheinlich, fragen wir nun, daß das Werk, welches Ende März noch nicht einmal vollständig gedruckt, schon einen Monat später, um Anfang Mai, nachdem es durch die römischen Oberen genau revidiert und mit den kleinen sachlichen Anmerkungen versehen war, vollendet, herausgegeben und zuerst an Kromer nach Krakau gesendet werden konnte? Zuden enthalten beide Schreiben des Canisius, jenes an den hl. Ignatius vom 25. März (wenn anders die Mitteilung desselben durch den Verfasser richtig ist), und dieses an Kromer vom 27. April denselben Wunsch des Seligen: „Ignatius möge einen beliebigen Pater mit der Verbesserung des Buches beauftragen... damit bei einem etwaigen Neudrucke des Werkes alles genau und ganz in Ordnung sei“: „Cromerus suum ferre iudicium velit, ut quae desiderari posse censuerit, aliquando, si recognoscendum praecipue sit opus, corrigantur aut suppleantur." Die zweimalige Wiederholung des Namens Jesu und die innere Verwandtschaft der oft zitierten Nachschrift mit dem Briefe des Canisius an Kromer vom 15. Jänner 1555 (Hosii epistolae a. a. D. II, 1022 nr. 70) läßt uns vermuten, der selige Katechet

*) Unbedingt notwendig ist das nicht. J. W.

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