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im Jahre 430, als Markus noch Abt zu Ancyra war. Das in dieser Schrift wiederholt angezogene Taufbekenntnis ist wahrscheinlich das Symbol der Gemeinde von Ancyra. Jedenfalls aber bietet dieses Bekenntnis einen höchst willkommenen festen Punkt in der noch sehr unsicheren und schwankenden Geschichte des Taufsymbols im Morgenlande. Nach dem Gesagten stellt K.3 Schrift eben sowohl eine Monographie zur Geschichte des Apostolikums als auch eine Monographie über Markus Eremita dar. Nach der ersteren Seite hin will die Schrift laut dem Vorworte vor allem beurteilt sein, und nach dieser Seite hin erweist sie sich in der That als die reife Frucht angestrengter Arbeit. Sehr beachtenswert ist der durch die ganze Ausführung K.8 sich hindurchziehende Widerspruch gegen die These Nattenbuschs (Das apostolische Symbol. Bd. I. Leipzig 1894. Dist. Jahrb. XV, 660), die Grundlage und der Archetypus der morgenländischen Tausbekenntnisse sei das römische Symbol. Als Monographie über Markus Eremita fann N.3 Schrift weniger befriedigen. Insbesondere läßt die Zusammenstellung und Würdigung der Zeugnisse des Altertums über Markus und seine Schriften an Sorgfalt und Umsicht manches zu wünschen übrig. Die interessanten Mitteilungen Baethgens über Schriften des Eremiten in einem syrischen Manuskripte der k. Bibliothek zu Berlin (Zeitschr. f. Kirchengesch. XI, 443 ff.) sind ganz unbeachtet geblieben. Bardenhewer.

Arnold (C. F.), Caefarius von Arelate u. die gallische Kirche seiner Zeit. Leipzig, Hinrichs. 1894. XII, 608 .

M 16.

Ein gründliches und reichhaltiges, ja zu reichhaltiges Buch! Der Vf. behandelt im ersten Teile (Leben und Wirken des Cäsarius) die Jugendzeit seines Helden im Burgunderland, sein Walten im Kloster auf Lérins und in Arles bis zur Bischofswahl, sein Verhältnis zu Pomerius (vgl. jezt den Artikel von Bardenhewer im Kirchenierikon) und Augustinus, sein Wirken als Metropolit, jeine Verbannung und Restitution, das Konzil zu Agd:, des Cäsarius Schicksale und Bestrebungen während des großen füdgallischen Krieges 507-510, die Stellung zu Theoderich und dem römischen Stuhle, seinen Katholizismus, jeine Beendigung der semipelagianischen Lehrstreitigkeiten durch Cäsarius, endlich die pastorale Thätigkeit, Testament und Tod des eifrigen, von wahrhaft apostolischem Geiste erfüllten Bischofs. Im zweiten Teile legt er zunächst eine äußerst dankenswerte Sammlung der initia Caesariensia vor, durch welche die auf Cäsarius entfallenden Angaben der Wiener initia wesentlich berichtigt und ergänzt werden, beschreibt sodann die ihm bekannt gewordenen Cäsarius-HSS. und ediert die epistula de humilitate ad monachos mit reichem Apparate, Bezeichnung des prosaischen Rhythmus (des jogen. cursus) und Angabe der Parallelen aus den übrigen Schriften des Cäsarius. Daran reihen sich noch eine Kritische Ueber sicht der Quellen unserer Ueberlieferung von dem Leben und Wirken des Cäsarins, Untersuchungen über seine Nonnenregel (hiebei gelangt auch sein Verhältnis zu Benedikt zur Besprechung), über die Lerinenser Regel, über die liturgische Thätigkeit des Cäsarius und über das zweite Konzil zu Trange (1. die Canones; 2. die Polemik und Apologetik der Canones; 3. die Canones von Orange und das Tridentinum) und ein sorgfältiges Register. Das Buch zeugt auf jeder Seite (die Anmerkungen des ersten Teiles belaufen sich auf 1437!) von der mühevollen Arbeit des gelehrten Vf.s, und es ist nur zu bedauern, daß er in dem an sich gewiß lobenswerten Bestreben, Persönlichkeit und Milieu des Cäsarius möglichst anschaulich zu schildern, zu viel fremdartiges Material zur Vergleichung herangezogen und der Versuchung zu störenden Seitenblicken auf Erscheinungen im kirchlichen Leben des 19. Jahrhs. nicht energischen Widerstand geleistet hat. Eine willkommene Ergänzung zu Arnolds Werk bildet das folgende im nämlichen Jahre erschienene Buch eines katholischen Gelehrten, des Abbé A. Malnory. C. W. Malnory (A.), saint Césaire, évêque d'Arles 503 543. Paris, Bouillon. 1894. XXVI S. 1 Bl. 316 S. [Bibliothèque de l'école des hautes études publiée sous les auspices du ministère de l'instruction publique. Sciences philologiques et historiques, CIII. fascienle.]

Malnory, der sich schon vor einigen Jahren als Kenner der christlich-gallischen Literatur legitimiert hat (in seiner Besprechung von Engelbrechts Faustusausgabe, Bull. crit. 1892, 1. Mai, zum teil wiederholt in dem vorliegenden Buche 199-201) beginnt mit einer Einleitung über die sources personnelles (Bita, Canonenjammlungen, Schriften des Cäsarius), auf welche eine Bibliographie folgt, und bespricht hierauf in zehn Kapiteln 1. Commencements de Césaire. Son stage à Lérins (470/71-c. 496); 2. Césaire à Arles. Commencements de son épiscopat (503); 3. Métropole et primatie d'Arles. Les statuts de C. Daß die statuta ecclesiae antiqua, un résumé des collections primitives conservées dans les archives d'Arles, rédigé au point de vue de la discipline, avec prédominance de l'élément arlésien', die Hand des Cäsarius zeigen, dürfte M. erwiesen haben. Sehr unwahrscheinlich ist die von Peters im Compte rendu du troisième congrès scientif. internat. des cathol. fasc. 2 p. 221 ff. vorgetragene Ansicht, daß die Sammlung spanischer Provenienz sei). Persécution d'Alaric; 4. Le concile d'Agde (11. Sept 506); 5. Théodoric-Le-Grand en Provence. C. comparaît devant ce prince en Italie (508–513); 6. Premières relations de C. avec le SaintSiège. Différend avec Saint Avit. Privilège primatial (513–514); 7. Réunion des églises de la province d'Arles sous le sceptre de Théodoric. Conciles provinciaux de C. (523-533); 8. Réunion d'Arles au royaume de Childebert (536-538). Conciles Francs; 9. Prédication de C Homélies sur l'Ancien Testament. Admonitions; 10. Règles monastiques de C. Hieran schließen sich ein kurzer Epilog, aus welchem ich den Saz hervorhebe Notre populaire Césaire trouverait peutêtre que le prêtre d'aujourd'hui exagère un peu trop sa séparation d'avec le peuple, et il l'encouragerait à entrer un peu moins timidement dans les sentiments, les travaux et les souffrances de ces frères' (p. 284 f.) und drei Anhänge, von denen uns der zweite und wichtigste mit einer bisher unbekannten Admonitio des Cäfarius an seine Bischöfe über die Verkündigung des Wortes Gottes (nach der im cod lat. 12116 der Parijer Nationalbibliothek vorliegenden Abschrift Ruinarts aus einem verlorenen Codey der Abtei Longpont; inc.,si negligentiarum mearum' expl. suggestio ista processit) beschenkt. M. hat die an Arnolds Buch gerügten Fehler vermieden und ist begreiflicher Weise den spezifisch katholischen Elementen im Wesen des Cäsarius gerechter geworden als jener, dagegen läßt seine philologische und bibliographische Akribie etwas zu wünschen übrig. Möge er sich in dieser Hinsicht bei seinen künftigen Publikationen und deren werden es hoffentlich noch viele sein seinen Landsmann Paul Lejay zum Muster nehmen, der in der Revue du clergé français IV S. 97 ff. und 487 ff. ein an selbständigen Bemerkungen reiches Referat über Malnorys Buch (in Aufsayform) und in der Revue biblique IV 593 ff. eine instruktive Abhandlung über Cäjarius' Sprache und Bibeltext veröffentlicht hat. Durch den nämlichen Lejay (Revue crit. 1895 II. 153) habe ich erfahren, daß Malnory in seiner thèse latine die Frage,quid Luxovienses (Luxeuil) monachi, discipuli s. Columbani, ad regulam monasteriorum atque ad communem profectum contulerint' zu beantworten gesucht hat. C. W. Kleinermanns (I), die Heiligen auf dem bischöfl. bezw. erzbischöfl. Stuhle von Köln, nach den Quellen dargestellt von - Teil 1: Die Heiligen im ersten Jahrtausend. Köln, Vachem. 184 S. Lebensbilder der Kölner Oberhirten Maternus, Severinus, Evergislus, Kunibertus, Agilolphus und Brunó.

*Spicilegium Casinense complectens Analecta sacra et profana. Tomus IV, pars 1. Philologica. Typis archicoenobii Montis Casini. 4o. IV B. 167 S. 2 Tafeln.

Die fleißigen Mönche von Monte Cassino veröffentlichen_in diesem Faszikel ihres Spicilegium drei in der lingua volgare abgefaßte Texte, 1. eine Uebersegung der Regel des hl. Benediktus aus cod. Casanat. (V. IV. 9), 2. eine Erklärung der Regel von Fr. Daniele de Monte Rubianu, ver faßt 1334 und gewidmet à la nobele donna et honesta religiosa madonna

soru Resergayta Piscizella, dignissima archiabbatissa de lo venerabile monasterio de sancto Gaudiusu ne la citade de Napoli' aus einem codex Beneventanus, 3. ein,declaratorium vetus regulae S. P. Benedicti ab anonymo Casinensi in vulgare eloquium translatum aus cod Casin. DCXXIX plat. M. s. XIV. (bricht in cap. 63 ab). Von den drei berüßten HSS. sind_Facsimilia beigegeben, aber ein Wort der Orientierung über die ab gedruckten Texte, die vielleicht für Romanisten von hohem Interesse sind, sucht man vergeblich. Wölfflin (E.), Benedikt von Nursia und seine Mönchsregel. [Sißungsb. d. bayer. Akad. phil -hist. Cl. 1895. S. 429-54.]

C. W.

W. bespricht in dieser Abhandlung Benedikts Verhältnis zu Cassian, Ružin
(vitae patrum), Hieronymus, Augustin, Basilius und zur Bibel, seine auf eine
Sallustphrase sich beschränkenden Reminiscenzen aus der heidnischen Literatur,
seine (jedenfalls sehr geringe) Kenntnis des Griechischen, seine vulgäre Latinität
(darüber Näheres im Archiv f. Lexikogr. IX, H. 4) und die von Edm. Schmidt
überschäßte Disposition der Regula. Eine ausführlichere Anzeige wird an anderer
Stelle erscheinen.
C. W.

Gregorii I papae registrum epistolarum tomi II, pars 2. Libri X—XIV
cum appendicibus. Post Pauli Ewaldi obitum ed. M. Hartmann.
Berlin, Weidmann. gr. 4o. S. 233-464. M 8.
hist. Epistolarum t. 2, S. 2.]

Vgl. Hist. Jahrb. XIV, 903.

Mon. Germ.

Sokolov (J.), das byzantinische Mönchtum im 9.-12. Jahrh. [Pravoslavnyj sobes` dnik. 1894, Juni. S. 205-75.]

Joannicius, acta Sancti J- i monachi in Bithynia ed. J. van der Gheyn, S. J., hagiographus Bolland. Brüssel, Polleunis & Centerick. 1894. [Acta S.S. Nov. tom. II. S. 311-435.]

Für die Geschichte und Geographie des 8. u. 9. Jahrh. von Bedeutung. Pomjalovskij (3.), Leben des ehrwürdigen Athanasios vom Athos. Petersburg. Druckerei der k. Akademie d. Wiff. II, 137 S. (In russ. Sprache.)

Aus der HS. des Cod. Mosq. Synod 398 saec. XI wird die Vita dieses Heiligen, der zu Nitephoros Phokas (963 – 69) in Beziehung stand, mitgeteilt." [Nach Byz. Zeitschr. V (1896) S. 230.]

Vacandart (E.), vie de saint Bernard, abbé de Clairvaux. 2 vol. Paris, Lecoffre. LIV, 511 u. 2,592 .

=

Uslar Gleichen (Edm. Freih. v.), Ndo, Graf v. Reinhausen, Bischof v. Hildesheim. 1079-1114. Nach den Quellen bearb. Hannover, Cruse. 31. M 0,50.

Mayer(R.), über die Gütererwerbungen des Klosters Oberaltaich bis zum J. 1247. Progr. des Gymn. zu Straubing. 4o. 38 .

Päßold (W.), Geschichte des Klosters Remse. Nach urkundl Quell. bearb. Glauchau, Peschke. 1896. gr. 8°. 40 S. M 0,80. [Aus: Schönburg. Geschichtsblätter]

Sello (G.), das Cisterzienserkloster Hude bei Oldenburg. Oldenburg, Schulze. XI, 134 S. m. 9 Abbildgn. M 1,60.

Biginelli (L.), i benedettini e gli studî eucaristici nel medio evo: ricerche storico-bibliografiche. Torino, tip. Celanza & C. XV, 119 S. Molinier (Ch.), l'hérésie et la persécution au XIe siècle. Leçon

d'ouverture du cours de l'année 1893–94.

Faculté des lettres

de Toulouse. [Extrait de la Revue des Pyrénées.

et 6, 1893, S. 26-38.]

T. V, fasc. 5

Beaudouin (Éd.), Saint François d'Assise. [Aus: Annales de l'enseignement supérieur à Grenoble t. VI, n. 3.]

Behandelt die Schrift Paul Sabatiers.

Tanon (L.), histoire des tribunaux de l'inquisition en France. Paris, Larose & Forcel. 1893. VI, 567 S. fr. 12.

Balme, Jean Bréhal, grand inquisiteur de France, et la réhabilitation. de Jeanne d'Arc. Paris, Lethielleux. 1893. 4o. fr. 15.

Bliss (W. H.), Calendar of entries in the Papal registers relating to Great Britain and Ireland. Papal letters. Vol. II. 1305-42. VI u. 675 S.

Es hat etwas lange gedauert, ehe die englische Forschung mit Publikationen aus dem vatikanischen Archive hervortrat, woran allerdings der Hrsgb. des vorliegenden Bandes nicht die Schuld trägt. Immerhin aber soll das Verjäumte jezt schnell und kräftig nachgeholt werden; denn nachdem Bliß i. J. 1893 mit den Papal letters von 1198--1305 den Anfang gemacht, läßt er jezt bereits den zweiten starken Band in dem bekannten opulenten Format der englischen Calendars and State papers folgen. Auch Einrichtung und Anordnung waren dem Hrsgb. im ganzen vorgeschrieben, wie auch Druck und Herausgabe unter Leitung des Master of the rolls stehen. Der Band umfaßt die Pontifikate Clemens' V, Johanns XXII und Benedikts XII und enthält 5–6000 Nummern, bei denen sich übrigens eine forlaufende Zählung, wenigstens von einem Registerbande zum andern, empfohlen hätte. Der Hrsgb. gibt nämlich die Regesten ganz in der Aufeinanderfolge des vatikanischen Registrum, ohne Rücksicht auf die zeitliche Folge, ein System, dessen Nachteile glücklicherweise durch ein möglichst jorgfältiges und ausgedehntes Personen- und Litsregister, sowie durch ein fleineres aber gleichfalls sehr brauchbares Sachregister beseitigt werden. Den Schwerpunkt des Bandes bildet der lange Pontifikat Johanns XXII, auf welchen doppelt so viel Raum entfällt, als auf den Vorgänger und Nachfolger zusammen; jeder, der mit der Zeit der avignonesischen Päpstë vertraut ist, weiß eben, daß Johann XXII das Annaten- und Abgabenwesen auf seinen freilich nicht sehr rühmlichen Höhepunkt gebracht hat. So ist erklärlich, daß in dem ganzen Bande die Benefizial- und Gnadensachen, Finanz- und Steuerfragen bei weitem überwiegen. Aber auch für die politische Geschichte bietet der Band eine ganze Fülle wertvollen Stoffes, namentlich seit dem Beginne des 100 jährigen Krieges zwischen England und Frankreich, ebenso für die Kämpfe zwischen England und Schottland, indem die Päpste sich hier und dort ernstlich um den Frieden bemühten. Ueberhaupt enthält der Band die zahlreichsten Belege zur Beurteilung von König und Volk, Kierus, Adel und Bürgerschaft, so reichhaltig und authentisch, wie alle übrigen gleichzeitigen Quellen sie nicht bieten können. Tieje Stücke von allgemeinerem Jnteresse sind für die Pontifikate Johanns XXII und Benedikts XII in einer eigenen Reihe der vatikanischen Regesten zusammengestellt, die für ersteren die Bezeichnung Secreta, für diejen Registrum litterarum, quae per cameram transiverunt führen. Hier kann man nur anerkennen, daß der Hrsgb. diejen Modus beibehalten hat (S. 414---515 und 558-91). Eine ganz besondere Schwierigkeit war bei den Orts- und Personennamen zu überwinden, weil die englische Rechtschreibung und Aussprache den italienischen Striptoren sehr schlecht zu Mund und Feder stand; aber die Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit des Hrsgb. haben diese Schwierigkeit in hohem Grade überwunden.

Ehjes. Huraut (A.), étude sur Marsile de Padoue. [Thèse de la fac. de théol. protest. de Paris.] Paris, Impr. H. Jouve. 1892. 57 S. pistorisches Jahrbuch. 1896.

12

Jourdan (L.), étude sur Marsile de Padoue. [Thèse de la fac. de théol. protest. de Montauban.] Montauban. 1892. 82 S.

Birk (E.), Joannis de Segovia, presbyteri cardinalis tit. Sancti Calixti, Editionem ab historia gestorum generalis synodi Basileensis.

-

inchoatam apparatu critico adiecto continuavit Rud. Beer. Vol. II.
Lib. XVII. Wien, Tempsky. Imp. 4°.
Imp. 4o. S. 539-946. M. 20.
[Monumenta conciliorum generalium seculi XV, edd. caesareae
academiae scientiarum socii delegati. Concilium Basileense. Scriptor.
tom. III, pars III.]

Vgl. Hist. Jahrb. XV, 464.

Forgeot (H.), Jean Balue, Cardinal d'Angers 1421(?)-91. Paris, E. Bouillon. XXVIII, 259 S.

Zu den am häufigsten genannten und doch am wenigsten gekannten Kardinälen des 15. Jahrhs. gehört ohne Zweifel Jean Balue. Sieht man von der gänzlich mißglückten Apologie des Baron Bourgnon de Layre (Le cardinal La Balue. Poitiers 1837) ab, so sind fast alle Schriftsteller einstimmig in ihrer Beurteilung dieses Kirchenfürsten, welchen Garimberti als ein wildes Tier (Balue veramente belua) bezeichnete. Unter diesen Umständen war es ein glücklicher Gedanke des am Pariser Archiv angestellten Historikers H. Forgeot, die Geschichte des genannien Kardinals einer Revision zu unterziehen. Es geschieht dies in dem vorliegenden Werke mit einer Umsicht und Gründlichkeit, welche nichts zu wünscher. übrig lassen. Um über Balue in's Klare zu kommen, genügte keineswegs eine Sammlung des in den gedruckten Quellen zerstreuten Materials; auch eine Benigung der in französischen Bibliotheken häufig vorkommenden handschriftlichen Lebensbeschreibungen konnte nicht zum Ziele führen; umfassendere Studien in den Archiven waren geboten. Diese hat F. mit einem Fleiße angestellt, welcher die größte Anerkennung verdient. Die Archives nationales zu Paris boten ihm wichtige Dokumente über die geistliche Laufbahn und einige politische Briefe des Kardinals. Weniger Ausbeute gewährten die Archives départementales, von welchen eigentlich nur das Archiv zu Angers in betracht kommt. Aus dem päpstlichen Geheimarchiv und der Marcusbibliothek erhielt F. von befreundeter Seite wichtige Auszüge. Eine besonders reiche Quelle aber eröffnete sich ihm in der Pariser Nationalbibliothek. Ein glücklicher Zufall fügte es, daß er hier eine Anzahl von Akten aus dem gegen Balue angestrengten Prozesse fand, welche von grundlegender Bedeutung sind. Der Vf. berichtet über diese seine ungedruckten sowie über die gedruckten Luellen in der Einleitung S. IX-XIX und gibt außerdem S. XXI-XXVI ein Verzeichnis sämtlicher Werke, welche er für seine Arbeit heranzog. Dasselbe ist von größter Vollständigkeit, keine nenuensiverte Arbeit ist übersehen. Den reichen Stoff gliedert F. sehr glücklich in neun Abschnitte: 1. Jeunesse de Balue. Origines de sa faveur. 1421(?)-64. 2. Jean Balue dignitaire de l'Église. Son rôle dans les affaires religieuses. 1464-69. 3. Jean Balue ambassadeur. Son rôle dans les affaires politiques. 1465-69. 4. La trahison du cardinal d'Angers. 1469. 5. Captivité du cardinal Balue. 1469-80. 6. Délivrance de Jean Balue. Sa nouvelle faveur en Italie. 1480-83. 7. Légation du cardinal d'Angers en France. 1483-85. 8. Balue, ambassadeur de Charles VIII et protecteur des affaires de France en cour de Rome. Son rôle en Italie et sa mort. 1485-91. 9. L'homme privé. Les biens de Balue. Schon diese Uebersicht zeigt, von welcher Bedeutung die vorliegende Monographie nicht bloß für die Geschichte Frankreichs, sondern auch für diejenige der Päpste des 15. Jahrhs. ist. Die wichtigsten und reichhaltigsten Abschnitte, fast ganz auf ungedruckten Akten beruhend, sind 2, 3, 4 u. 5. Jn lezterem Abschnitt zerstört F. die bisher von fast allen Historikern festgehaltene Erzählung von dem eisernen Käfig, in welchem Balue gefangen gehalten worden sein soll und zeigt, daß wir es hier mit einer Geschichtsfabel zu thun haben. Kein einziger zeitgenössischer Schriftsteller weiß etwas von dem eisernen Käfig, den ein Maler unserer Zeit bildlich dargestellt

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