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Gódingt.

An den Mond.'

Lieber Mond! verstecke dich,
Wenn mein Liebster zu mir fliegt,
Daß die Neugier müde sich
Auf dem platten Bauche liegt!

Lieber Mond! verstecke dich,
Wenn zu viel mein Auge sagt;
Denn wer ist so schwach, wie ich?
Lieber keinen Streit gewagt!

Lieber Mond! verstecke dich,
Wenn er meine Lippen küsst;
Denn ich Arme scháme mich,
Ob er gleich ein Engel ist.

Lieber Mond! verstecke dich,
Wenn die Abschiedsstunde schlägt,
Daß bei meinem Kummer sich
Nicht das Herz in ihm bewegt.

Lieber Mond! verstecke dich,
Wenn zurück mein Liebster kehrt,
Bis du

was klingt süßer? sprich! →

Seiner Flöte Ton gehört.

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Miller.

́Nicht alle Lieder von Hrn. Johann Martin Miller, Prediger zu Ulm, geb. das. 1750, haben den elegischen, schwermüthigen Ton, wie folgendes, das ich für sein schöne ftes halte; und überall scheint ihm dieser Ton beffer zu glücken, als der frohere, geselligere Gesang, in dem er fich gleichfalls versucht hat. Seine Gedichte sind zu Ulm, 1783. 8. herausgekommen.

Klagelied eines Bauern.

Miller.

Das ganze Dorf versammelt sich
Zum Kirmestanz, im Reihen;
Es freut sich alles; aber mich.

Kann fürder nichts erfreuen.

Für mich ist Spiel und Tanz vorbei,

Das Lachen ist vorüber;

Ich hasse Lieder und Schalmei,

Und Klagen sind mir lieber.

Denn ach mein Hannchen fehlet mir!

Nie kann ich sie vergessen;

Ich weiß zu gut, was ich in ihr

Für einen Schaß besessen.

Unschuldig war sie wie ein Lamm,

That Niemand was zu Leide,
Und lebte fromm und tugendsam
Zu aller Menschen Freude.

Sie hatte Wangen, voll und rund,
Und sanfter noch als Pfirschen,
Ein blaues Aug', und einen Mund,
Der rother war, als Kirschen.

Man

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1

Man konnte, sah sie einen an,
Die Blicke nicht ertragen,
Und wenn sie lachte, musste man
Die Augen niederschlagen.

Wie bin ich neulich noch mit ihr

Am Maientag gesprungen,

Bis an den Abend tanzten wir,

Und schåkerten, und sungen.

Da nahm sie meinen Hut, und wand,
Geschwinder als ichs dachte,
Um ihn ein pappelgrünes Band,
Und sah sich um, und lachte.

O Gott! wer håtte das gedacht,

Als ich sie dankbar küsste,
Daß sich so bald die grüne Tracht
In schwarze wandeln müsste?

Nun darfst du, liebes Band, um mich

Nicht mehr im Winde rauschen;
Herunter nehmen muß ich dich,

Und gegen Flor vertauschen!

Den Gottesacker will ich mir

Zum liebsten Ort erwählen,
und manchen Abend mich von hier

Zu Hannchens Grabe stehlen.

Da will ich es mit Majoran

Und Maaßlieb übersåen;

Ein schwarzes Kreuz, mit Versen dran,

Soll in der Mitte stehen.

Ein Myrthenkranz soll an der Wand
Von unsrer Kirche prangen,

Und, neben ihm, das grüne Band
Zum Angedenken hangen.

In jeder Predigt sig' ich dann
Dem Kranze gegenüber,

Seh

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Die beiden kleinen Proben seiner äußerst glücklichen Liederpoesie, auf die ich mich hier einschränken muß, chas rakterisiren dieselbe freilich noch nicht ganz; denn eben so Jehr, als die Sprache zärtlichen Gefühls, gelingt ihm der munterste Ausdruck jovialischer Laune und lachenden Scherzes, wie z. B. in seinen schönen Rundgefängen.

I.

Selma.

Sie liebt, mich liebt die Auserwählte!

Ein Engel tam von ihr

Im Abendlispel, und erzählte

Die leisen Seufzer mir.

Für mich, o Selma, bebt im Stillen

Dein Herz voll süßer Qual;

Und schöne Sehnsuchtsthränen hüllen

Der blauen Augen Strahl.

Leih mir, o Bliß, die Flammenflügel!

Leh, Sturm, die Schwingen mir!
Hin über Strom und Thal und Hügel
Flieg' ich entzückt zu ihr!

Und heulte Tod aus tausend Flüssen,
Bon tausend Felsen Tod;

Ich will, ich will die Thränen küssen,
Und fliege durch den Tod!

Veisp. Samml. 5. B.

2.

Miller.
Voß.

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Wir giengen athmend, Arm in Arm,

Am Frühlingsabend, still und warm,
Im Schatten grüner Schlehen,

Uns Veilchen zu erspåhen.

Noth schien der Himmel und das Meer;

Mit einmal strahlte groß und hehr,

Der liebe volle Mond daher.

Das Måadlein stand, und gieng, und stand,

Und drückte sprachlos mir die Hand.

Rothwangig, leicht gekleidet, saß

Sie neben mir auf Klee und Gras,
Wo ringsum helle Blüthen
Der Apfelbäume glühten;

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