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2.

Bei dem tode Robert's von Tony im jahre 1310 ging der besitz desselben auf seine schwester Alice über, die nach dem tode ihres ersten gemahls, des Thomas von Leyburn, sich bald darauf mit Guy von Beauchamp, dem grafen von Warwick (geb. 1270, † 1316), vermählte. Infolgedessen konnten die nachkommen dieses ehepaars sich durch die Tony gleichfalls vom Schwanritter rühmen. Und in der that sollen die Beauchamp sich vom geblüt des Schwanritters genannt haben, denn ältere genealogen sprachen nachher den grafen von Warwick diese herkunft zu 1), ohne dass sie wussten, dass die zu ihrer zeit schon längst erloschenen Tony sich von der nämlichen herkunft nannten. Jedenfalls war der helmschmuck in dem wappen dieses zweiges der Beauchamp, der den titel 'graf von Warwick' angenommen hatte, ein schwanenkopf mit hals 2). Und dass diese Beauchamp ihre herkunft von einem Schwanritter betont haben, ist nicht auffallend. Zunächst schon durch den Schwanritterkultus, den Robert von Tony in seiner kurzlebigen existenz geübt hatte. Sodann griffen sie auch auf einen anderen alten helden zurück, zu dem sie etwas früher gleichfalls durch erbschaft gekommen waren. Als der vater des gemahls der Alice von Tony, William von Beauchamp, 1267 als erbe seiner mutter noch zu lebzeiten derselben den titel 'graf von Warwick' annahm und den reichen besitz des alten hauses antrat, hatte er schon gleich seinen glauben an den sagenhaften ahnherrn der Warwick, den 'Guy von Warwick', dadurch bethätigt, dass er seinem bald darauf geborenen sohn den sonst bei den Beauchamp und den Warwick ungewöhnlichen namen 'Guy' gab 3). Wie lebendig übrigens die erinnerung

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1) N. H. Nicolas, The Siege of Carlaverock s. 370, führt in einer note an 'Ashmole's MSS. Dugdale, G. 2'.

2) Die siegel der Beauchamp, grafen von Warwick, welche beschrieben werden in dem Catalogue of Seals o. c., zeigen, wenn sie einen helmschmuck haben, als solchen on a helmet and out of a ducal coronet a swan's head and neck. S. vol. II, nr. 7248 (A. D. 1403), 7249 (A. D. 1412), 7252 (A. D. 1426), 7253 (A. D. 1430); alle vier siegel von Richard von Beauchamp, dem fünften grafen von Warwick (1401-1439). Ferner nr. 7277 (A. D. 1432). S. übrigens für den helmschmuck der Beauchamp B. Burke, General Armory o. c., s. V.

3) N. H. Nicolas, The Siege of Carlaverock s. 157. Ders. in Archaeologia vol. XXI, s. 199 f., London 1827. B. Burke, A Genealogical History of

an die Tony bei den Beauchamp, grafen von Warwick, blieb, zeigte ein jahrhundert später jener ritterliche, pracht- und aufwandliebende Richard von Beauchamp, der 1415/16 vor Calais an drei aufeinander folgenden tagen jedesmal mit einer verschiedenen wappenrüstung gegen ritter des französischen hofes in die schranken trat. Am ersten tag erschien er mit dem wappen der Tony, 'dem roten ärmel in silber', am dritten führte er mit den wappen seines sächsischen vorfahren Guy, der Beauchamp und der Hanslape auch wiederum das der Tony). Von diesem Richard sind die ersten siegel, auf welchen der schwan als helmschmuck vorkommt 2). - Das erkennungszeichen (badge) aber der Beauchamp, der grafen von Warwick, war der bär mit dem knotenstock, die erinnerung an ihre abstammung von Guy 3), nicht etwa ein schwan. Eine besondere sage von einem Schwanritter hat sich bei ihnen nicht ausgebildet, wie es scheint; die herkunft an sich mag ihnen genügt haben.

3.

Roger der Spanier, der durch seine erlebnisse bei Barcelona anlass gab zu der tradition vom Schwanritter, hatte noch einen bruder und einen zweiten sohn, die beide infolge der Eroberung mächtige grundbesitzer in England wurden 4). Sie hiessen beide Robert. Roger's bruder, † ca. 1088, baut sich das schloss Belvoir (Belveir, Beauvoire, Belvedeir, Beler u. ä. — Bever in Leicestershire) als residenz und wird der stammvater der geschlechter Albini Brito und Daubeney. Roger's sohn, † nach 1100, der bruder Radulf's II. von Toëni, ist der begründer der Stafford. In urkunden erinnern die nachkommen der beiden Robert noch eine zeitlang durch den namen Toëni

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the Dormant, Abeyant, Forfeited and Extinct Peerages, New Edition, s. 30, London 1866. Duchesse of Cleveland, The Battle Abbey Roll vol. I, s. 129,

London 1889.

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1) B. Burke a. a. o. s. 31. Duchesse of Cleveland a. a. o. s. 131. 2) S. oben s. 345 anm. 2.

3) B. Burke, General Armory s. XV. LVII. Ausführlich über dieses badge Mrs. Bury Palliser, Historic Devices, Badges and War-cries s. 345—351, London 1870.

4) Zur zeit der abfassung des Domesday-Book (1086) besass der eine 80, der andere 131 herrengüter in England. S. B. Burke, Dormant and Extinct Peerages s. 160 u. 498.

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(Tony, Toteneio, Toteneyo, Toteneia) 1) an den ursprünglichen stamm. Der zweig der Albini, in dessen besitz die baronie Belvoir verblieb, erlosch im mannesstamm im 13. jahrhundert mit William Albini Brito IV. († 1247); der andere zweig aus dem bruder des Spaniers überdauerte bis 1548 mit Henry von Daubeney, grafen von Bridgewater. Ganz kurz war die reihe der männlichen nachkommen aus des Spaniers zweitem sohn, dem Robert von Stafford. Sein enkel hinterliess einen sohn und eine tochter. Der sohn starb ca. 1189 kinderlos. Aber der name Stafford blühte dennoch fort durch die tochter 2) und deren nachkommen, die sich nach dem ahnherrn und dem erb

gut benannten. Mehrere jahrhunderte hindurch waren die Stafford ein geschlecht von besonderer bedeutung und grösstem ansehen, bis sie im ersten viertel des 16. jahrhunderts mit Edward von Stafford, herzog von Buckingham, den höchsten glanz erreichten, um dann auch mit ihm den tiefsten fall zu erleben. Nach der hinrichtung Edward's von Buckingham im jahre 1521 vermochten die Stafford sich nicht mehr zu der früheren bedeutung zu erheben. Das geschlecht erlosch 1640 im mannesstamm 3).

Dass für Bever (Albini Brito und Daubeney) sich keine berichte oder zeichen finden, die auf den ursprung von einem Schwanritter hinweisen, dürfte an sich nicht auffallend sein, da das geschlecht nicht auf Roger den Spanier zurückgeht, sondern auf dessen bruder, und ansprüche dieser art wohl begründet sein mussten, sollte ihnen von den zeitgenossen glauben beigemessen werden. Für die Stafford aber haben wir ein ganz ausdrückliches zeugnis, dass sie sich, sogar 'in gerader linie', vom Schwanritter betrachteten.

1) S. oben s. 339 anm. I.

2) Melisent von Stafford heiratete 1194 einen edelmann aus Staffordshire von alter familie, namens 'Hervey Bagot'. Ihr sohn und nachfolger Hervey erbte ihren besitz und nahm den familiennamen seiner mutter an als 'Hervey de Stafford'.

nr. V. t. II.

3) S. für diesen abschnitt: Gallia Christiana t. XI2 Instrum. col. 125 ff., Monasticon Anglic. t. I2 (1682), s. 327 ff., 558 f. u. ö., auch im Zusammenstellungen: William Dugdale, Baronage of England t. I, s. 116 ff. (Belvoir), s. 156 ff. (Stafford), London 1675. B. Burke, Dormant and Extinct Peerages s. 159 ff., 458 ff. (Belvoir), s. 498 ff. (Stafford).

Duchesse

of Cleveland, Battle Abbey Roll vol. I, s. 177 ff. (Belvoir); vol. III, s. 173 ff. (Stafford).

Die jetzt folgende untersuchung beschäftigt sich mit der frage, ob die Stafford sich zu dem stamm des Schwanritters rechneten infolge ihrer abstammung von dem sohn des Spaniers oder infolge anderer verhältnisse. Es wird sich ergeben, dass das material, welches Verf. zu gebote stand, nicht zu einer endgültigen entscheidung führt.

Der zuvor genannte Edward von Stafford, dritter herzog von Buckingham, mit dessen hinrichtung der alte glanz des hauses gebrochen wurde, verlangte, wie Robert Copland in der vorrede zu seiner übersetzung The knight of the swanne1) mitteilt, fortwährend den namen und den ruhm seiner foregoers predecessours zu vermehren, welche were relucent in vertuous feates and triumphaunte actes of chyvalry. So wünschte er auch ein gutes buch zu haben of the highe and miraculous histori of a famous and puyssaunt kinge named Oryant somtime reynynge in the parties of beyonde the sea havynge to his wife a noble Lady of whome she conceived six sonnes and a doughter and chylded of them at one onely tym at whose byrthe echone of them had a chayne of Sylver at their neckes the whiche were all tourned by the provydence of god into whyte Swannes (save one). Der herzog liess R. Copland's 'mayster Wynkin de Worde' ermahnen to put the said vertuous hystori in printe, damit die geschichte in England ebenso bekannt werde als im ausland. Dieser fand a true approved copie, enprinted and corrected in the frenssh language, welches Robert Copland übersetzte. Und so entstand ein büchlein, welches, als es nachher zu London von Robert's sohn Wyllyam gedruckt wurde, also anfing 2): The Knight of the Swanne. Here beginneth the History of the Noble Helyas Knight of the Swanne, newly translated out of Frenshe in to Englysshe at Thinstigacion of the Puyssant and Illustryous Prynce Lorde Edwarde Duke of Buckingham.

1) Hrsg. von W. J. Thoms in Early English Prose Romances vol. III, 2. ed., s. 13-149, London 1858, nach dem einzigen bekannten exemplar, welches im besitz des Brit. Mus. ist. Wynkyn de Worde veranstaltete 1512 einen druck The Hystory of Hilyas Knight of the Swanne, 4° auf pergament mit abbildungen. Ein exemplar dieses druckes konnte Thoms nicht mehr ausfindig machen. S. Thoms a. a. o., Pref., s. II f.

2) Dieser anfang ist ganz in majuskeln.

Es wird uns kein zweifel gelassen, dass der gönner Wynkyn de Worde's und Copland's sich in der that von dem stamme des Schwanritters rechnete. Denn in dem erwähnten prolog heisst es ausdrücklich: my lorde Edwarde by the grace of god Duke of Buckyngham Erle of Hereforde, Stafforde and of Northampton ... linially is dyscended of... Helyas the Knight of the swanne.

Edward von Buckingham glaubte sich demnach vom geblüt des grossvaters der drei boulognischen brüder. Einen von diesen, ihm selbst wohl unklar, hielt er für seinen ahnherrn, von dem er 'linially' abstammte. Aber wie ausdrücklich das zeugnis auch sein mag, es ist doch erst aus dem ersten viertel des 16. jahrhunderts.

Es giebt für die Stafford noch etwas anderes, das wie ein zeugnis aussieht. Es ist von älterem datum und besteht aus einem schwanzeichen. Es ist also ein stück material, zu dem uns die entscheidenden worte abgehen.

Der zweig der Stafford, dem Edward von Buckingham angehörte die Stafford von Stafford führte als helmzier gules a swan's head erect between two wings elevated argent1). Diese angabe der wappenbücher wird durch die siegel bestätigt, aber leider erst seit dem anfang des 15. jahrhunderts. Das älteste von den uns erhaltenen siegeln der Stafford von Stafford mit einer helmzierde ist vom jahre 14022). Ein anderer helmschmuck als a swan's head and neck between two wings findet sich auf den siegeln nicht 3). Nun ist ein schwan im wappen einer familie durchaus kein beweis für ihre abstammung von einem Schwanritter, ebensowenig wie etwa ein löwe im wappen auf die herkunft von dem ritter mit dem löwen hinweist. In England und in Schottland wie in andern ländern gab und giebt es übrigens mehrere familien, die nie einen ursprung von einem Schwanritter beanspruchten trotz des schwanes in ihrem

1) B. Burke, General Armory unter Stafford von Stafford.

2) Catalogue of Seals vol. III, nr. 13627. Hr. E. Maunde Thompson vom Brit. Mus., der mich auf diese nummer aufmerksam machte, hatte die grosse güte, mir brieflich mitzuteilen, dass es ihm nicht gelungen sei, ein älteres siegel der Stafford v. St. mit einem crest ausfindig zu machen. Über das allgemeine aufkommen der crests s. unten s. 351 anm. 4.

3) Catalogue of Seals a. a. o. nr. 13 632 (A. D. 1429), 13635 (A. D. 1431), 13636 (A. D. 1442—1460).

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