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Licht wer.

S. Th. I. S. 52. Nur die Armuth unsrer Literaz tur an meisterhaften Gedichten dieser Art ndthigt mich gewissermaßen, auch aus Lichtwer's Recht der Vernunft, in fünf Büchern (Leipz. 1758. kl. 4.), eine kurze Stelle mitzutheilen, obman gleich die Wolfischen Lehrfäße dieser Wissenschaft fast in keiner Prose matter und ermüdender vortragen kann, als in den meisten Stellen dieses Gedichts geschehen ift. Der Stof war allerdings, in manchen einzelnen Gesichtspunkten gefaßt, einer poetischen Behandlung fähig, aber L. nahm ihn in seinem ganzen systematischen Umfange; und so mußte die Ausführung nothwendig verunglücken, wäre sie auch von einem größern und gedankenreichern Dichter vers sucht worden.

Aus dem Recht der Vernunft, B. V.

--

Thu keinem leicht zu viel; gieb Lob, dem Los

gebühret;

Verschleuß auch deinen Mund, wenn sich die Schmäh: sucht rühret;

Und sey der Lügen gram, die, wenn sie lobet, schilt,
Und um die Schlangenhaut der Freundschaft Mantel
hüllt.

Der reinen Wahrheit Gold sey stets auf deinen Lippen,
Und hasse den Betrug, der, gleich verborgnen Klippen,
Der frommen Einfalt droht, und fremdes Gut vers
schlingt.

Berflucht sey, wer mit List des andern Hab erringt!
So pflegt bey dunkler Nacht ein falsches Licht vom weis

ten

Den müden Wandersmann in Sümpfe zu verleiten;
So lockt ein füßer Ton der frommen Vögelschaar
Zu Neh und Schlingen hin. Was nicht Gewalt ges

bahr,

Lichtwer.

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Lichtwer. Was Waffen nicht vermocht, das ward durch glatte

Zungen,

Durch heuchlerischen Mund und Schlangenlist erzwuns gen.

O wäre doch der Mensch der Tugend stets getreu ; So wiche Wahrheit nie verlarvter Gleißnerey. Das was dein Herz bejaht, soll nicht der Mund vers neinen: Doch will dein bloßes Wort dem Bruder unwahr schei: nen;

Wenn es die Noth befiehlt, und Menschen dir entstehn:
So laß Gott Zeuge seyn; er kann die Herzen sehn.
Der Ullmacht Donner wird die Lästerung des Frechen,
Des Lügners falschen Schwur, den schweren Meineyd
råchen.

Erzittre, Sterblicher! dich sieht, dich höret Gott;
Ein schreckliches Gericht folgt, Schwörer! deinem
Spott.

Zwar daß den guten Zweck kein schlauer Feind ver:
nichte,
Hält auch die Klugheit oft die Maske vors Gesichte.
Was niemand Schaden bringt, und andre retten kann,
Das sieh nicht für Betrug, und nicht für Lügen an.
Trau keinem allzuviel; sey redlich doch verschwiegen;
Laß dein Geheimniß auch nicht ohne Noth verfliegen!
Was dir dein Freund vertraut, bewahr als einen
Schaß!
Nie fand Verråtherey in edlen Herzen Play.
Ohn Absicht rede nie: denn der Natur Geseße
Geht auch auf deinen Mund, und duldet, kein Ges
schwätze.

Unwiederbringliche, vorlängst vergangne Zeit,

Des friedlichen Saturns! befreit von Krieg und
Streit:

1

Hier zeichnete kein Stein die Marken grüner Felder,
Kein Fleck das eigne Lamm, kein Maalbaum fremde
Wälder.

Der

Der Apfel auf dem Baum, 'war dessen der ihn brach;
Kein Rauber trachtete verwahrten Schäßen nach.
Das Erzt, darum sich jest bewehrte Schaaren wür
gen,

Lag frey und ohne Werth, im Feld und auf Gebirs
gen;

Vernunft und Menschenhuld beschüßten diesen Stand,
Wo keinem was gebrach, und jeder Hülfe fand.
Wie Wasser, Luft und Licht, gleich dem Geruch und
Schalle,
War jedes Ding gemein, und der Gebrauch für alle.

Indessen häufte sich der Sterblichen Geschlecht;
Oft beugte die Gewalt des Schwächern gleiches
Recht.
Die Zeit, da Menschen noch in rauchen Häuten giens
gen;

Da man noch Eicheln aß, mißfiel den Abkömmlingen.
Stolz, Undank, Bosheit, Trug, erschöpften die Ge
duld;

Astråa flog davon, mit ihr Vernunft und Huld:
Und die Gemeinschaft selbst hub an das Haupt zu neis
gen;

So ward gemeines Gut nun dem Besitzer eigen.
Dem Jåger ward der Hirsch, der Fisch dem der ihn
fing,

Der Vogel dem zu Theil, in dessen Neß er ging.
Die Perl im tiefen Meer erbeutete der Finder;
Und was der Feind besaß, erfecht der Ueberwinder.
Dieß ist das große Recht, das den, der es besißt,
Allein zum Herrn erklärt, vor andrer Anspruch
schüßt.

Monarch auf seinem Grund, und König eigner
Güter,

Thut er, was ihm gefällt, und schaltet als Gebieter.
Für ihn preßt man den Most, ihm trägt das Feld als
lein;

Sein ist der Lämmer Frucht, und Milch und Woll' ist sein.

Der

Lichtwer.

Lichtwer. Der Heerde Leben steht allein in seinen Händen:
Nur ihm gebührt die Macht, sie andern zuzuwenden.
Doch folge deiner Pflicht auch bei dem Eigenthum;
Mit dem was dir gehört, geh allzeit menschlich um.
hat schon kein andrer Recht, dir hier zu widerspre

chen;

So wird doch die Natur der Dinge Mißbrauch rås

chen.

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Dusch.

Dusch.

S. Th. II. S. 441. Der Inhalt seines Lehrgedichts, die wissenschaften, in neun Büchern, scheint, auf den ers sten Anblick, von einem noch ungleich größern Umfange zu feyn, als das von Lichtwer gewählte Subjekt. Aber Dusch hatte nicht die Absicht, die Regeln aller Wissenschaf> ten didaktisch vorzutragen, sondern nur, wie Hr. Engel in feiner Poetik, S. 109. sehr wahr bemerkt, sie zu besingen. „Nur hie und da hat er eine wichtige Hauptwahrheit, die ganz vorzüglich zu seinem Zwecke gehörte, die Wissenschaften als Wohlthäterinnen des menschlichen Geschlechts zu schildern, herausgehoben, und sie als eigentlich didaktischer. Dichter behandelt." Genau genommen, gehört daher dies see, an schönen Stellen reiche, Gedicht mehr in die erste, oder philosophische, als in die gegenwärtige, artistische, Klaffe. Das ganze zweite Buch, woraus folgende Stelle ausgehoben ist, betrifft die Dichtkunst.

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Aus dem Gedicht: Die Wissenschaften.
B. II.

Gott sah von seinem Throne mitleidig auf die

Nacht,

1

Worin der Mensch verirrte, zur Seligkeit gemacht;
Beschloß, ihn durch sein Wort dereinst zurück zu leiten;
Doch must Erkenntniß erst die Seele vorbereiten.

Gleich stieg in einem Strahle, der durch die Fins
sterniß

Bom Himmel niederströmend, die dichte Nacht zerriß,
Erquickend, wie der Lenz, gefühlt durch alle Glieder,
Und Adern der Natur, Urania *) hernieder.

Ent:

*) Venus-Urania. Man unterscheidet vier verschiedene Venus, Cic. de Nat. Deor. L. III. c. 23. Hier verstehet

man

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