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anderen der Aino die Sonne seinen besten, das Feuer seinen zweitbesten Gott nennt 1. Vielleicht handelt es sich dabei um örtliche Verschiedenheiten. ,,Turanische Stämme halten gleicherweise das Feuer für ein heiliges Element; viele Tungusen, Mongolen und Türken opfern dem Feuer und einige Clans essen kein Fleisch, ohne zuerst ein Stück davon auf den Herd geworfen zu haben." In einem mongolischen Hochzeitsliede wird das Feuer angerufen als „Mutter Ut, Königin des Feuers", und es tritt in demselben die Priorität des alten, durch Drehung zweier Hölzer erzeugten Reibungsfeuers vor dem durch Stahl und Feuerstein hervorgebrachten zu Tage 2.

Im Süden Asiens treten uns aber gerade arische Völker, die Inder und Iranier, als die hervorragendsten Feuerverehrer entgegen, und das führt uns weiter zu der Hauptfrage, welche uns hier zu beantworten obliegt, der Frage nach dem Feuerkult der Arier, insbesondere der arischen Urzeit.

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Wir haben vom Feuer und alten Feuerfesten, die wohl schon der arischen Urzeit angehörten, bereits vielfach gesprochen und sprechen müssen. Es handelte sich dabei aber nicht um die Verehrung von Feuergöttern, sondern um das Feuer als Abbild und Symbol der Sonne, um das Feuer als den irdischen Träger und Verbreiter von Licht und Wärme, mit dem man der Sonne grüßend entgegen kam, dessen Kräftigung nach primitivem Glauben eine Kräftigung des himmlischen Sonnenfeuers bewirkte, bedeutete und in sich schloß. Jene Feuerfeste waren eben nichts anderes als die alten Sonnenfeste, das Feuer spielte bei diesen letzteren eine ganz eminente Rolle und spielt sie noch in den Resten jener alten Kulte. Diese primitiv-symbolische, zugleich zauberhafte, kultlich-magische Verwendung und Verwertung des Feuers im Sonnenkult werden wir wohl für uralt, werden wir für urarisch halten müssen. Die Frage nach eigentlichen Feuergöttern und deren Verehrung ist davon aber natürlich wohl zu unterscheiden,

1 Das erstere s. bei Tylor a. a. O., II, S. 280; das letztere bei Ratzel, Völkerkunde, II, S. 708. Über den Feuergott der Ainos vgl. auch noch Frazer, The golden bough, II, S. 377.


2 Vgl. Tylor a. a. O., II, S. 280. 281.

wie wir schon früher hervorgehoben haben. Daß bei jenen uralten Sonnenfesten, die wir schon als Lebensfeste bezeichnet und kennen gelernt haben, das Lebensprinzip von Licht und Wärme bei der Feuerentflammung zur Geltung kam und instinktiv verehrungsvoll betrachtet ward, in seiner Wesensgemeinschaft mit der Sonne erfaßt und erkannt, das werden wir wohl glauben und annehmen dürfen. Wie weit es sich dabei und daneben aber vielleicht auch um eigentliche Feuergötter handelte, wie weit man solche überhaupt kannte und glaubte, das haben wir erst noch zu untersuchen.

Unsere frühere Untersuchung hat es uns ferner wahrscheinlich gemacht, daß die arische Urzeit das eigentliche Opferfeuer noch nicht kannte, so groß und bedeutend die Rolle auch ist, die das letztere in späteren Zeiten bei mehreren der arischen Völker spielt. Eine Darbringung der Opferspende unabhängig vom Feuer scheint das Ältere, scheint in der Urzeit noch das Herrschende gewesen zu sein, und daher laufen wir bei unserer Untersuchung, solange sie sich in jenen Zeiten bewegt, nicht die Gefahr, uns durch Opferfeuer einen Feuergott vortäuschen zu lassen. Immerhin ist es möglich, ja wahrscheinlich, daß man damals schon auch Gaben mancher Art in das früher erwähnte symbolische, kultlich-magische Sonnenfeuer warf und sie so gleichsam der Sonne selbst zu spenden glaubte. Aus dieser Art Spenden mag vielleicht das Opferfeuer späterer Zeiten sich entwickelt haben, wo dann auch andere Götter als die Sonne auf diesem Wege ihre Gaben erhielten. Es sprechen dafür, wie ich glaube, mehrere Anzeichen. Auf jeden Fall aber wird uns das eigentliche Opferfeuer bei Betrachtung der Urzeit noch keine Verlegenheit bereiten können, da es damals noch garnicht entwickelt war.

Älter als das eigentliche Opferfeuer war das Feuer in einer anderen Funktion: das apotropäische Zauberfeuer, das Abwehrfeuer, mit welchem man bei verschiedenen Gelegenheiten die bösen Dämonen, Geister und Zauberer, schädliche Einflüsse aller Art fernzuhalten, zu bannen glaubte. Dieser Punkt ist schon von Oldenberg klargestellt worden 1. Schon die primi

1 Vgl. Oldenberg, Religion des Veda, S. 336-340.

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tivsten Völker, denen ein Opferfeuer ganz unbekannt ist, kennen und benutzen das Feuer in dieser Eigenschaft, als Abwehrfeuer gegen schädliche dämonische Einflüsse, bei den verschiedensten Gelegenheiten bei der Geburt, zum Schutze der Wöchnerinnen, bei der Initiation, der Aufnahme der Jünglinge in den Kreis der Männer, bei der Zeremonie des Haarschneidens, bei der Bestattung u. dgl. m. Dies schützende und abwehrende Feuer lebt auch auf späteren Kulturstufen noch fort, wird da nur leicht mit dem Opferfeuer vermischt und verwechselt. Wir müssen es aber nach Möglichkeit von dem letzteren zu unterscheiden suchen, wenn auch gewiß nicht abzuleugnen ist, daß das Opferfeuer ebenfalls apotropäische Wirkung haben kann, ja haben muß. Das Abwehrfeuer ist aber darum noch kein Opferfeuer. Auch das symbolische, die Sonne grüßende und darstellende, sie kräftigende und fördernde Feuer, hat wie wir oftmals schon bemerken mußten eine schützende, Dämonen, Krankheiten, Unheil aller Art abwehrende Kraft, daher auch seine Überreste noch bis in die neueste Zeit zu solchen Zwecken verwendet werden. Es hatte dies Feuer, wie fast alle Faktoren der großen Sonnen- und Lebensfeste, positive und negative Wirkung zugleich, vereinte in sich die fördernde wie die abwehrende Kraft. Ja, vielleicht ist auch das Abwehrfeuer erst aus jenem sinnbildlich die Sonne darstellenden Feuer entstanden und entwickelt, vielleicht beruhte seine Kraft ursprünglich gerade in dieser Eigenschaft. Doch wenn das auch der Fall sein sollte, ohne Zweifel hat es ebenso wie das Opferfeuer selbständige Bedeutung gewonnen, kann und muß von diesem letzteren, wie auch von dem symbolischen Feuer unterschieden werden. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß dieses Feuer, wie bei allen primitiven Völkern, so auch bei den Ariern der Urzeit bekannt war und vielfache Verwendung fand. Wir müssen aber von dem Feuer im allgemeinen noch ein besonderes Feuer unterscheiden, das der Urzeit ebensowenig fremd war das Feuer des häuslichen Herdes, das Hausfeuer. Es mag und wird auch in ihm, wie in allem Feuer, die sonnenhafte Natur nicht verkannt worden sein, es mag auch das Hausfeuer frühe schon bescheidene Opferspenden empfangen haben, als

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schützend, schirmend, Unheil abwehrend angesehen worden sein, mochte es sich so auch mit all den früher besprochenen Feuern deutlich in seinem Wesen berühren, das Hausfeuer war dennoch unzweifelhaft etwas Besonderes und darf mit jenen nicht einfach zusammengeworfen werden. Es ist bekannt, daß verschiedene arische Völker eine Gottheit des Hausfeuers verehren. Nur die Vergleichung aber kann uns die Frage lösen, ob eine solche Gottheit schon in der arischen Urzeit bekannt war und ob neben ihr eine allgemeine Gottheit des Feuers verehrt wurde. Wir wenden uns daher jetzt einer vergleichenden Betrachtung der arischen Feuergötter zu.

FEUERGÖTTER UND FEUERKULT DER INDER.

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S empfiehlt sich wohl auch in diesem Falle, mit den Indern den Anfang zu machen, bei welchen ja ohne Zweifel der Feuerkult schon in der ältesten Zeit eine ganz hervorragende Rolle gespielt hat.

Der Gott des Feuers heißt bei den Indern Agni, ein Name, welcher zugleich die natürliche Erscheinung des Feuers bedeutet und mit lat. ignis, russischem ogoni, litauischem ugnis ursprünglich identisch ist. Agni ist einer der höchsten und heiligsten, der am meisten gefeierten Götter des Rigveda. Jedes Buch dieser großen Hymnensammlung beginnt mit Liedern an Agni, weil diesem priesterlichen Gotte der Vortritt selbst vor Indra gebührt. Dieser Vorrang beruht offenbar auf der Bedeutung Agnis beim Opfer, als Opferfeuer, das die priesterlichen Sänger und Ordner der vedischen Lieder naturgemäß besonders hoch bewerten mußten. Doch lehren uns dieselben Lieder deutlich genug, daß die Vorstellung von Agni keineswegs in derjenigen des göttlichen Priesters und Opferers aufging, daß daneben andere und jedenfalls ältere, urwüchsigere Vorstellungen kräftig hervortreten.

Die mythenbildende Phantasie der Inder bemüht sich auch Agni, den Feuergott, anthropomorphisch zu gestalten. Man schildert ihn als einen stattlichen, schönen Jüngling, mit langem Haar oder Haarbusch. Es sind die züngelnden Flammen, die als solches Haar des Agni gefaßt werden, daher heißt er çocishkeça, d. h. der, dessen Haupthaar Flammen sind. Die Farbe dieses Haares wird begreiflicherweise als golden oder blond bezeichnet, daher wird

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