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men, nach einem nl. märchen (Wodana s. xxxvII) kehren sie im waldhaus des menschenfressers ein und werden von dessen mitleidiger frau geborgen, was sich in andern erzählungen oft wiederholt.

Afzelius (sagohäfder 3, 155), indem er auch für Schweden das dasein der sagen von Christus und Peter bestätigt, irrt sicherlich wenn er sie für ersonnene schwänke und im volksglauben unbegründet ausgibt. sie beruhen fester als etwas auf uralten überlieferungen und thun dar, mit welcher treue das gedächtnis des volks für unsere mythologie gesorgt hat, während mhd. dichter solche fabeln, welche sie vortreflich erzählt hätten, verachten, wie sie frau Berhte und Holde und das einheimische insgemein bei seite setzen. doch sollen ein paar anspielungen beweisen, falls es beweises bedarf, dafs schon dem 13 jh. diese einkleidung des mythus geläufig war; Rumelant (Ămgb. 123) meldet von Christus und Peter, wie sie zu einem tiefen bach gelangten, in den ein mann gefallen war, der nichts that sich selbst zu helfen, und ein ungenannter dichter (Mones anz. 5, 192) erzählt vom holzhacker, den Petrus am schlegel in den himmel ziehen wollte: auf dem obersten staffel gieng der stiel des schlegels los und der arme mann fiel in die hölle hinab. dem landsknecht oder dem schmied des märchens, der ranzen und schurzfell (am alterthümlichsten bei Asbiörnsen s. 136 den grofsen hammer) in den himmel wirft, gelingt es besser. Allerdings lehnen sich die wanderungen des heilands und eines seiner jünger an die reisen Jesu und seiner apostel durch Judaea, den einkehrenden zwerg dürfte man den drei engeln vergleichen, die bei Abraham oder Loth segen und strafe gottes ankünden, Philemon und Baucis hätten gewisse ähnlichkeit mit Abraham und Sara; der anklang an die heidnische sage ist aber ungleich voller und stärker. die engel sind blofs abgesandte, unsre mythologie wie die griechische und indische meinen hier einen wirklichen avatâra der gottheit selbst.

Ein anderes beispiel von geringerem umfang, doch gleich belehrend für die mischung christlicher unter heidnische ideen soll die alte sage von Fruoto abgeben. des heilands freudenreiche geburt, die mit ihm beginnende neue zeitrechnung wandte man an auf vorstellungen eines goldnen weltalters (s. 660. 753) und davon unzertrennliche zustände des glücks und friedens. der römische Augustus, unter welchem Christus geboren ward, schlofs den Janustempel, über den ganzen erdboden soll damals friede geherscht haben. ihren mythischen Frôdi, dessen herrschaft

durch ruhe und seligkeit bezeichnet wird, der sich von gefangnen riesinnen gold in fülle malen (s. 498. 1227) und armspangen auf ofne heerstrafse niederlegen liefs, ohne dafs jemand sich daran vergrif, setzt nun die nordische überlieferung wiederum als gleichzeitig mit August. dichtern heilst das gold miöll Frôda, Fruotes mehl (Sn. 146), auf dieses ausdrucks anlafs wird in der edda das gedicht Grôttasaungr eingeschaltet; auch Sæm. 151 kommt vor: sleit Frôda frid fianda â milli. nach Rymbegla trugen zu seiner zeit die äcker ungesät von selbst (es ist die selige Sampoperiode der Finnen) und erz fand sich überall in der erde, die natur feierte ihn mit, wie sie mittrauert, wenn des fürsten tod erfolgt (s. 557). als Helgi geboren ward, schrien adler auf und heilige wasser gossen von himmelsbergen nieder (Sæm. 149a); im jahr von Håkons wahl sollen die vögel zweimal gebrütet, die bäume zweimal getragen haben, wovon Håk. Hákonarsaga cap. 124 schöne lieder hat, Hartmann ein sanct Galler mönch sang zu des königs einzug: haec ipsa gaudent tempora floreque verno germinant, adventus omni gaudio quando venit optatior. so tiefes gefühl hatte das alterthum für geliebte könige. Auch Beda 2, 16 schildert könig Eádvines zeit: tanta eo tempore pax in Britannia fuisse perhibetur, ut sicut usque hodie in proverbio dicitur, etiamsi mulier una cum recens nato parvulo vellet totam perambulare insulam a mari ad mare, nullo se lædente valeret. tantum rex idem utilitati suae gentis consuluit, ut plerisque in locis ubi fontes lucidos juxta publicos viarum transitus construxit, ibi ob refrigerium viantium, erectis stipitibus, aereos caucos suspendi juberet, neque hos quisquam, nisi ad usum necessarium contingere prae magnitudine vel timoris ejus auderet vel amoris vellet. Von noch andern königen mehr geht sage, dafs sie kostbares geschmeide auf den öffentlichen weg auslegten. milde und gerechtigkeit waren der herscher höchste tugenden, mild bezeichnet zugleich mitis und largus, munificus. Frôdi hiefs fêmildi, in frođi selbst liegt ein begrif kluger weisheit. Wenn die stammtafeln und sagen mehrere könige dieses namens auf einander folgen lassen, so fallen sie sichtbar zusammen (vgl. s. 322); den ersten Frotho lässt Saxo gramm. 27 gemalen gold auf die speise streuen, worin jenes Frôđa miöll nicht zu verkennen ist, der zweite heifst vegetus (frækni), erst unter seinem dritten, der die goldspange auf den weg heftet, wird ihm der heiland ge boren (s. 95).

Dieser mythus vom milden friedenskönig muss aber auch

uns in Deutschland,

einmal heben die

über Scandinavien hinaus vordem bei sowie in Britannien umgegangen sein. chronisten und dichter, wenn sie der geburt des heilands gedenken, gleich Snorri und Saxo das friedliche, augustische zeitalter hervor; Gotfried von Viterbo s. 250:

fit gladius vomer, fiunt de cuspide falces, Mars siluit, pax emicuit, miles fuit auceps, nascentis Christi tempore pax rediit.

Wernhers Maria 160: dô wart ein chreftiger fride,

diu swert versluogen die smide,
bediu spieze und sper;

dô ne was dehein her,
daz iender des gedæhte,
daz ez strite oder væhte,
do ne was niht urliuge
bî des meres piuge,
noch enhein nitgeschelle.
mit grôzer ebenhelle
und harte fridlîche
stuonden elliu rîche.

und s. 193: aller fride meiste

mit des keisers volleiste

der wart erhaben und gesworn,
do Christ was geborn.

vgl. En. 13205-13 und Albrechts von Halberstadt prolog, wo wieder gesagt ist, dafs Augustus

machte so getânen fride

daz man diu swert begunde smide

in segense unde werken hiez

zuo den sicheln den spiez.

zwar keine dieser stellen nimmt bezug auf Fruote, wie wäre aber der milte Fruote von Tenemarke so fest in die heldenlieder von Gudrun und der Rabenschlacht und ins andenken der höfischen dichter (Ms. 2, 221 227b, Conr. Engelhart und Helbl. 2, 1303. 7, 366. 13, 111) übergegangen, ohne auf ausführlicher sage zu ruhen? die ich s. 498 noch aus den eigennamen Fanigolt und Manigolt ahnte. ja die östreichischen weisthümer (3, 687. 712) fordern als bufse einen schild voll gemalnen goldes, wie schilde mit gold füllen freigebig sein heifst. gold malen und goldmehl wüste ich sonsther nicht zu deuten.

Solche beispiele könnte ich vervielfachen, ich könnte auch, wenn das nicht andern oder anderer gelegenheit vorbehalten wäre, ausführen, dafs die mythische unterlage, wie sie für unsere heldenlieder angenommen werden mufs,

weder den kerlingischen dichtungen, die hauptsächtlich von einem deutschen volksstamm ausgiengen, noch selbst den britischen fremd blieb. Artus gehört dem wilden heer und dem himmelswagen, Morgana berührt sich mit nornen und elbinnen. ungleich näher treten Carl und seine helden, er ist der langbärtige, im gebirg schlafende, auf dem Karlwagen fahrende, Roland steht auf der seule, Froberge erinnerte an Fro (s. 196) und Galans, der diesen fränkischen helden schmiedet, ist Wielant, Völundr. Berhta mit dem fufs, Carls ahnmutter, ist unsre Berhta (s. 401) und an sie hängen sich Blume und Weifsblume, mit ihren elbischen namen (s. 1015). Carls geliebte war elbin (s. 406), Auberon ist elb und Elberich; auch Maugis, Malagis = Madalgis streift ins elbische. Carls halle gleicht der asgardischen (s. 1086).

Haben diese erörterungen den raum nicht verschwendet (und es schien mir der mühe werth von allen seiten her in den haushalt unsers alterthums zu blicken), so darf ich endlich auch auf fragen nach dem eigentlichen grundcharacter deutscher mythologie bescheid versuchen, wenigstens einen und den andern.

Stellt man sie den übrigen, die ihre bahn von anfang zu ende erfüllten, namentlich der griechischen entgegen, mit welcher sie doch gerade bedeutsame züge gemein hat, so hält sie schon deshalb keinen vergleich aus, weil sie früh unterbrochen ward, und nicht geleistet hat was sie hätte leisten können. auch sprache und poesie waren empfindlich gestört und gehindert, allein sie dauerten und konnten neuen trieb gewinnen; der heidnische glaube blieb in der wurzel abgeschnitten, seine überbleibsel durften sich nur in andrer gestalt verstolen bergen, roh und rauh mufs er erscheinen, doch das rohe hat seine einfachheit, das rauhe seine treuherzigkeit.

In unsrer heidnischen mythologie treten vorstellungen, deren das menschliche herz hauptsächlich bedarf, an denen es sich aufrecht erhält, stark und rein hervor. der höchste gott ist ihm ein vater (s. 20), altvater, grossvater, der lebenden heil und sieg, sterbenden aufnahme in seine wohnung gewährt. tod ist heimgang, rückkehr zum vater (s. 799). dem gott zur seite steht die höchste göttin als mutter (s. 20), altmutter, grofsmutter, weise und weifse ahnfrau. der gott ist hehr, die göttin leuchtend von schönheit, beide ziehen um und erscheinen im land, er den krieg und die waffen, sie spinnen, weben, säen lehrend, von ihm geht das gedicht, von ihr die sage aus. dem alten recht hat sich dieselbe vatergewalt tief eingeprägt, er legt

den neugebornen sohn auf seinen schofs und erkennt ihn; aber vielleicht galt allgemein, was wir nur in einigen der alten volksrechte lesen, dafs den frauen ursprünglich höhere, doppelte composition zukam; deutsche frauenverehrung hat schon Tacitus eingesehn (s. 369) und die geschichte zeugt davon auch im mittelalter: auf frau Uote fällt in den liedern gröfserer nachdruck als auf der helden ahnvater, wie Brunhild noch über Siegfried hinausragt. der schönen schilderung mütterlicher liebe in der vita Mahthildis (Pertz 6, 298) an die seite stellen kann man den zug aus Rudlieb 1, 52: ast per cancellos post hunc pascebat ocellos mater, als ihr sohn fortzog. so oft in dem trocknen Otfried ich IV, 32 lese: 'wir sîn gibot ouh wirkên inti bî unsa muater thenkên' bewegt es mich zur wehmut, ich weils nicht ob er die kirche meinte, oder die ihn geboren hatte, ich denke an meine liebe mutter (Dorothea Grimm, gb. 20 nov. 1755 + 27 mai 1808), Das lernt man noch in der ältesten geschichte unseres volks, dafs ihm zucht und tugend nicht aus dem lande gezogen waren; neben Tacitus dürfen wir auch auf Salvian (im 5 jh.) als den unverwerflichsten zeugen bauen. Feine anmut mag gemangelt haben, sie ist auch oft vor uns zurückgetreten und in der erinnerung ausgewaschen; den Griechen standen Apollo, Pallas, Aphrodite näher, ihr leben gleich ihrem himmel war heiterer. Fro und Frouwa erscheinen aber durchaus als freundliche, liebende gottheiten, den gott des dichtens habe ich in Wuotan aufgezeigt, als Wunsch konnte er gott der sehnsucht und liebe sein. Wie viel blüten unsrer alten mythologie und poesie unerschlossen und gewelkt seien, das wird den kennern nicht entgehn, dafs ihr noch frische formeln, ungesuchter schmuck zu gebot stehn, die wie mancherlei kräuter in höhern klimaten nicht weiter vorkommen.

Wenn bildende und dichtende kunst sich aus dem volksglauben erheben, so schmücken und schützen sie ihn durch unvergängliche werke; nur das ist auch nicht zu übersehn, dafs beide dichter und künstler allmälich aus der heiligkeit des alten typus weichen und zu eigenmächtiger behandlung göttlicher dinge übergehn, die, wie geistig sie sei, der sicherheit des überlieferten abbruch thut. die tragiker ändern zu ihren zwecken, was das epos unschuldig herbrachte, die bildner, nakten formen der schönheit nachstrebend, opfern ihr zu gefallen, wo es noth thut, das bedeutsame zeichen; weil ebenso wenig sie alle züge des mythus brauchen, als mit ihnen allen ausreichen, müssen sie bald weglassen bald hinzuthun, drama und bildkunst gehn darauf aus, die

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