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richtet, kurz, alle Art von Widerstand bereitet. Aber der Angriff war allgemein und die Independenten konnten ihm nicht widerstehen. Schon war der Schrecken in der Stadt Bogota. Da rettete Santander die Sache des Vaterlandes durch ein Decret, das den Sklaven die Freiheit gab, die 3 Jahre lang als Soldaten dienen würden. Nun hatte das Land auf einmal 10,000 Streiter und die Spanier wurden vertrieben. Im Jahr 1821 wurde Santander unter dem Präsidium Bolivar's zum Vice-Präsidenten ernannt. In Bolivar's Abwesenheit verwaltete er die Republik; aber bald trennten sich Beide in ihren Ansichten. Santander wollte die Verfassung sicher stellen; Bolivar genehmigte oder leitete ihren Umsturz. Man legte dem abgesezten, reichen Santander die Unordnung in den Finanzen zur Last. Er war verhaftet, als der Aufstand einiger Offiziere und Soldaten am 26 Sept. 1828 Bolivar's Leben bedrohte. Bolivar ließ die Rebellen hinrichten und Santander erwartet sein Schicksal. Daß er an der Verschwörung Theil genommen, scheint nicht glaubhaft *).

Chr. M.

*) Nach den neuesten Nachrichten wurde der General Santander von dem Kriegsgerichte, unter dem Vorsige des Generals Urdaneta, als Theilnehmer an der Verschwörung zum Tode verurtheilt, nach dem Ausspruche des Ministerrathes aber, welchen Bolivar bestätigte, bloß degradirt und lebenslänglich verbannt; auf seine Güter ward Beschlag gelegt. Santander schiffte sich darauf im November 1828 zu Carthagena ein, um sich in die Vereinigten Staaten von Nordamerika zu begeben.

Weber

Robert Banks Jenkinson

Graf von Liverpool.

Lord Liverpool starb den 4. Dez. 1828 auf seinem Land

size zu Combewood.

Ein ungenannter Anhänger der Torypartei, war mit einer Lobschrift für Liverpool, als diesen die Folgen eines Schlagflusses vom Steuerruder des britischen Staatsschiffes entfernt hatten, hervorgetreten, betitelt:,,Memoirs of the public life and administration of the R. H. the Earl of Liverpool. London, 1827". Diese Schrift hat eine anders lautende Charakteristik jenes berühmten Grafen veranlaßt, wo dem Lichte nun auch der Schatten hinzugefügt ist. Liverpool", sagt ein Beurtheiler jener nur lobpreisenden Schrift,,hat nie versucht, oder vielmehr, er ist nie fähig gewesen, den gebietenden und entscheidenden Einfluß auf seine untergeordneten Collegen zu üben, welcher den großen Meistergenius und Lenker der herrschenden Partei im Staate bezeichnet haben würde. Es war aber auch in seinem Charakter nicht ein Stäubchen jener Erhabenheit und jenes Gewichts, welches die Chatham, For, Pitt, Canning auszeichnete, die in ihrem Kampfe mit untergeordneten Geistern keine Schiedsrichter duldeten und ihre großen Namen zu einem Losungswort und einer Bezeich nung der Grundsäge und Parteien machten. Die Geister, mit denen Liverpool in Gemeinschaft zu handeln hatte, wa ren mehre Jahre hindurch von dem gemeinsten und gewöhnlichsten Gepräge; und doch ließen sie den Graf in der That nie etwas mehr sein, als ihren Collegen, nicht aber das Haupt und den Lenker. Deshalb hatte denn nun aber auch seine Verwaltung keinen Charakter von Einheit und Selbständigkeit. Die Beweise liegen am Tage. Als das System der Handelsbeschränkungen hartnäckig gegen die Gründe der neuen Sekonomisten behauptet wurde, war es Liverpool's Cabinet, das die Dogmatik veralteter Vorurtheile gelten ließ. Als die Grundsätze eines freien Handels plöslich und gewaltsam jene lähmenden Beschränkungen verdrängten, war auch diese Veränderung durch den Namen desselben Premiermini sters bestätigt. Als die finanziellen Maßregeln der Regierung

von der City verlacht und verhöhnt wurden, war Liverpool erster Lord der Schazkammer. Als ein neuer Kanzler den Plunder seines Vorgängers kräftig zur Seite warf, war Lis verpool noch immer dem Namen nach das Haupt der vollziehenden Finanzbehörde. Endlich als Lord Londonderry (Castlereagh) diejenigen, welche die Sache der absoluten Ges walt emporzubringen strebten, begünstigte und förderte, war Liverpool noch immer der Berather des Reichs. Und als die kühne und edle Staatskunst Canning's jene Fesseln zerbrach und den lehten Schritt zur Befreiung Amerikas that, die Sache vernünftiger Freiheit in Europa aufrecht hielt und die große und freie britische Nation zu ihrem, ihr gebüh renden Range, den einer Vertheidigerin und Beschirmerin liberaler Grundsätze, wiedererhob, siehe! Lord Liverpool - idem et alter war immer der höchst gefällige Lenker und Vorsitzer des Cabinets."

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„Die hohe Stelle, die er so manche Jahre inne gehabt, verdankt er also, wie es in die Augen fällt, einer, auch der mindesten, Ueberlegenheit des Geistes nicht. Aber die Achtungswürdigkeit, deren er in der Meinung seines Landes genoß, war vielleicht in einer gewissen Hinsicht, doch immer noch ehrender für ihn, als wenn sie aus dem bloßen Vertrauen in seine Fähigkeiten hergeflossen wäre. Die hohe Achtung, deren er sich zu erfreuen hatte, war auf eine allgemeine Ueberzeugung von seiner Rechtschaffenheit und persönlichen Würde gegründet. Zweifelsohne leitete er aber doch auch einen Theil der Unterstüßung, die ihm zu Theil ward, von den selbstsüchtigen Wünschen der ToryAristokratie ab, die alle politische Macht in diesem Lande, von der Epoche an, wo die Greuel der französischen Revolution und das Schrecken der jakobinischen Grundsätze die große Masse der Mittelstände der Gesellschaft auf die Seite der Regierung zogen, an sich gebracht hatte. Diese hocharistokratische Partei (Tories), die so lange den Vorrang bes hauptete, daß sie nun gar anfing sich einzubilden, die Leitung der öffentlichen Angelegenheiten sei ihr gemeinsames Geburtsrecht und Eigenthum, war höchst zufrieden damit, Liverpool zum Haupt und Leiter zu haben, weil er in den allgemeinen Grundsähen mit ihr übereinstimmte und nächstdem einen ehrwürdigen Verwalter ihres Monopols darstellte. Aber die Masse der Nation wurde mit Liverpool's Fortdauer in dem hohen Amte aus bessern Beweggründen zufriedengestellt, weil sie nämlich in ihm einen guten Mann und einen wohl gesinnten Minister erblickte. Sein tadelloser Privatcharak

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ter, seine religiöse Aufrichtigkeit und die Gewissenhaftigkeit, womit er, soweit sein Einfluß reichte, für die Landeskirche strebte und die Wohlthätigkeit förderte, alles dieses trug bei, seinen Privatcharakter immer achtungswürdiger zu machen und ihm auch als öffentlichen Beamten Gunst zu erwerben. Daß seine Blicke oft kurz waren und daß sein Urtheil durch früheingefogene Vorurtheile getrübt wurde, kann indessen wol nicht mehr geleugnet werden. Die einzigen beiden großen Fragen innerer Staatskunst, in welchen er feststand, waren einem umfassenden Wohlwollen und der echten Humanitát entgegengesezt. Aber dies war nicht ein Fehler seines Herzens, sondern seines Kopfes. Der Staatsmann wird hier verklagt, nicht der Mensch. Seine Talente zu Geschäften waren achtungswerth. Ganz glich er seinem Vater in fleißi ger Anwendung erworbener Kenntnisse und praktischer Erfahrung bei öffentlichen Geschäften. Seine parlamentarische Beredsamkeit war mit seiner Geistesbeschaffenheit aus einem Guß; fie war gemäßigt, umständlich und ohne hohen Aufschwung. Erziehung und Uebung hatten ihn zu einem auf seiner Linie ganz bedeutenden Kampfredner gemacht. Besonders durch Anordnung und Klarheit des Einzelnen zeichnen sich seine Reden aus. Uber weder in der Exposition, noch in Anwendung von Grundgedanken scheint er sich je zu einer philosophischen Größe und Höhe in seinen Ansichten erhoben zu haben. Ein erfahrner und geschickter Geschäftsmann war er allerdings; aber auf bleibendes Andenken durch irgend eine Eigenschaft eines großen und erleuchteten Staatsmannes hat er nicht Anspruch zu machen“.

"

Lord Holland

wird von einem ungenannten Franzosen (im,,Essai sur la constitution pratique et le parlement d'Angleterre") so geschildert: Dieser edle Pair zog meine Aufmerksamkeit, als ich einigen Sizungen des Oberhauses beiwohnte, auf sich. Sein Gesicht ist offen und voll Würde. Was aber die Aufrichtigkeit und Üneigennütigkeit seiner Grundsäße betrifft, darüber zu richten will ich mir nicht herausnehmen. Ich beschränke mich hier blos auf seine Erscheinung im Parlament. Ungeachtet seines würdevollen Aeußern ist dem Lord ein höchst kluges, ich möchte sagen, muthwilliges Lächeln eigen. Wenn er redet, so geschieht es mit vielem Ernst und mit einer Art von ansteckendem Eifer und Feuer.

Er wird aber zu lebhaft aufgeregt, und ist dieses einmal geschehn, so scheint er durch seine Gefühle niedergehalten, überwaltigt und fast erstickt zu werden; dann wird seine sonst starke, feierliche, sehr angenehme Stimme gebrochen, ich möchte sagenzerhackt, seine Worte finden kaum eine Aeuße rung und er wiederholt sie mit einer Art von unterbrochenem Stammeln. Mit allen seinen Fehlern hörte ich ihn dennoch gern. Aber Eins kann ich nicht verschweigen. Mitten in den ernstesten Gegenständen der Verhandlung und der heftigsten Apostrophe, läßt er öfters die seltsamsten Einfälle und unzeitigsten Wite hervorschießen, und die Zuhörer werden auf das Aeußerste überrascht, wenn sie plötzlich eine blos spaßhafte Anekdote in die Ueberlegungen einer sehr ernsten oder sehr zarten Sache eingeschoben sehen. Diese Ungehörigkeit mag wol in der That von einer ihm eigenthümlichen Raschheit und einem Uebersprudeln seines Genies herrühren; aber ein Frem= der kann doch dadurch zu der Vermuthung verleitet werden, der edle Lord habe bei irgend einem Acteur des Melodrama, Unterricht genommen.

N.

Der Scheik Réhafa.

Der er Scheik Réhafa ist einer der jungen Aegyptier, welche der staatskluge Pascha von Aegypten nach der Weltstadt Paris geschickt hat, damit sie sich in die Geheimnissen der Künste und Wissenschaften einweihen lassen. Kaum ist ein Jahr verflossen und die trefflichen Anlagen einiger derselben haben sich schon so hoffnungsvoll entwickelt, daß man nicht weiß, ob man die große Gelehrigkeit der Zöglinge oder die scharfsinnige Geschicklichkeit ihrer Lehrer höher schätzen soll. Herr Agoub, welcher unter den französischen Orientalisten einen ehrenvollen Plag einnimmt, besorgt die Leitung dieser temporáren Colonie, welche bestimmt ist, den Samen der Civilisation an den Ufern des Nils auszustreuen, mit Herrn Gomard, einem der thätigsten Mitglieder der Commission, welche das Monumentenwerk der Beschreibung Aegyptens herausgibt. Nachdem Herr Agoub zum Gedeihen der ägyptischen Anstalt das Sei

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