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Strasburger Archiv befindet, unter den Arbeitern, an dem dortigen Münstergebäude im Jahr 1525 ein Hans Wynbrenner von Eßlingen vorkommt, der als Steinmeß dabei angestellt gewesen) war daselbst Hofzimmermeister, und lebte mit meiner Mutter in einer 13jährigen glücklichen Ehe, bis ihn der Tod von ihr und meinen 3 übrigen Geschwistern abrief. Acht Jahre nach dem Tode meines Vaters, als ich kaum das 15. Jahr erlangt hatte, starb mir auch meine Mutter, und obgleich ich dazumal schon den größten Theil des Zimmerhandwerkes verstand und dasselbe sogar in Gemeinschaft mit einem Meistergesellen, zu Gunsten meines åltern Bruders, bis solcher von Reisen wieder zurückkam, übernehmen konnte, so war ich mir doch von dieser zarten Jugend an, für meine weitere Ausbildung selbst überlassen. Außer dem handwerksmäßigen technischen Wissen des Baufachs, ist daher der Umriß meiner künstlerischen Bildung, ein sonderbares Gewebe von praktischer Erfahrung und theoretischem Studium, indem ich ohne klare Begriffe und ohne Leitung zu einem höhern Bestreben der Kunst, bei meines Vaters Metier, dem Zimmerhandwerke, auferzogen und so von dem praktischen zu dem theoretischen Theil der Kunst nach und nach, durch eigenen Antrieb übergegangen bin, was sonst gewöhnlich bei andern Architekten umgekehrt der Fall ist.

Um die Hauptzüge meiner Künstlerbildung in der Kürze anzugeben, will ich zuförderst bemerken, daß ich im Anfang das Metier meines Vaters schon von früher Jugend an, wo ich mit allerlei Modellirungen mich abgegeben hatte, erlernte und dann schon frühzeitig in meinem 16. Jahre, wegen des frühen Ablebens meiner Mutter, nicht nur allein die Aufsicht sondern auch die Sorgen über mehre Arbeiter gehabt, und bis zu meinem 21. Jahre wo ich auf Reisen ging, selbst in hiesiger Stadt schon mehrere bürgerliche Gebäude theils nach andern, theils aber nach meinen eigenen entworfenen Plänen ausgeführt und geleitet hatte.

Ob ich gleichwol bis dahin schon mehrern jungen Leuten Unterricht in der Baukunst gegeben hatte, so beschränkten sich meine architektonischen Kenntnisse, außer dem handwerksmäßigen Wissen der Holz- und Steinconstruction ic. nur auf die Entwerfung eines gewöhnlichen bürgerlichen Gebäudes in dem dazumal üblichen grotesken französischen Style, und in der Kenntniß der 5 Säulenordnungen nach Vignola, Leclair und einigen andern Meistern. Nebendem war ich aber in der Physik, der reinen und angewandten Mathematik, welche Wissenschaften ich in dem hiesigen Gymnasium unausgefeßt

Studirte, so wie auch in der perspectivischen Zeichnungslehre ziemlich bewandert, und ich habe mich mit diesen Wissenschaf ten, bis ich auf Reisen ging, sehr leidenschaftlich beschäftiget, indem ich in Karlsruhe, aus Mangel an Künstlern, keine Ge legenheit fand, mich in der Baukunft weiter auszubilden. Die Musik, welche dann ebenfalls ein Gegenstand meiner Leidenschaft geworden war, erlernte ich zugleich mit den obgedach ten Wissenschaften. So habe ich meinem Hang für die bildenden Künfte nachzustreben gesucht, so gut ich es in meiner damaligen beschränkten Lage zu thun vermochte

Im Jahre 1787, als ich ohnehin auf Reisen gehen wollte, bekam ich einen Ruf nach Zürich, wo ich Gelegenheit fand, während 2 Jahren im Namen eines dasigen Werkmeisters, mehre Wohn- und Dekonomiegebäude, größtentheils nach mei nen eigenen Entwürfen auszuführen, und hierdurch meine Beschäftigung, so wie ich sie zuvor zu Hause getrieben, 'fortzusehen. Wenn ich gleich in Zürich nichts Besonderes in meimem Fache erlernte, so war mir der dortige Aufenthalt so wie die weitern Jahre, welche ich in Lausanne, Genf und den übrigen Städtchen am Genfersee zubrachte, für meine Bildung sehr wichtig, indem ich in der Schweiz viele gez schickte Künstler und Kunstfreunde kennen lernte, welche meis nen Hang für die Kunst belebt und erhöhet haben.

Durch die etwas mehr als verdiente Ehre, welche man mir in der Schweiz als einem jungen Architekten angedeihen ließ und worüber vielleicht Mancher meines Alters stolz auf feine Kenntnisse und Verdienste geworden wäre, glaubte ich mich zuerst selbst als Künstler kennen gelernt zu haben, und ich bekam deshalb den innigsten Trieb mich weiter als Baumeister zu vervollkommnen, und den Namen eines Künstlers zu verdienen.

Im Anfang hatte ich die Absicht, desfalls nach Paris zu reisen, und ich war deswegen auch in die französische Schweiz gegangen, um mich zuförderst in der französischen Sprache mehr zu üben, weil ich zu Hause es in der Erlers nung dieser Sprache nach der Grammatik nicht weit gebrachtz allein ein guter Genius und mehre Zufälle machten es, daß ich von Lausanne, wo ich mich besonders anhaltend aufhielt und mir größtentheils meinen Unterhalt durch Musikunterricht auf der Flöte verschaffte, auf einige Monate nach Hause reisen mußte, wo meine älteste Schwester gestorben war. Dadurch wurde meine Reise nach Paris vereitelt.

Im Frühjahr 1790, als ich nun mein älterliches Vermögen, bas zuvor unter Vormündern stand, selbst antreten

konnte, entschloß ich mich dagegen, von Haus nach Wien zu reisen, und mein architektonisches Studium auf der dortigen kaiserlichen Akademie fortzusehen.b,

Der Aufenthalt in Wien, wo ich auf der kaiserlichen Akademie besonders die optische Zeichnungslehre von Licht und Schatten erlernte, (von welcher Lehre ich 1810 selbst eine Abhandlung herausgab) und mich auch sehr in dem Freihandzeichnen übte, und daneben sehr fleißig die dasigen öffentlichen und andern Privatgalerien mit den übrigen Kunstsammlungen besuchte, war als Basis für die Verfolgung meines Studiums sehr wichtig; allein für die höhere architekto nische Bildung fand ich keine besondere Gelegenheit; ich blieb daher nur Jahr in Wien, während welcher Zeit ich auch eine Reife nach Ungarn auf einige Wochen gemacht hatte, und reiste sodann nach Dresden, in der Hoffnung, daß ich in der dortigen Akademie den pon mir gesuchten höhern Unterricht in der Baukunft erhalten könnte. Zwar fühlte ich mich in Dresden von allen den herrlichen Kunstsammlungen und akademischen Anstalten äußerst angezogen, allein den architektonischen Unterricht der dort gegeben wurde, glaubte ich schon selbst zu besitzen und nach einem Aufenthalt von 4 Wochen reiste ich von da nach Berlin, weil ich hoffte, daß ich daselbst in meinem Fache mehr als in Dresden erlernen könnte.

Die vortreffliche Bekanntschaft welche ich gleich Anfangs in Berlin mit den meisten dortigen Künstlern und Kunstfreunden machte, eröffnete mir bald eine ganz andere Ausficht für meine weitere Bildung; indem ich durch meine Freunde gestimmt wurde, Deutschland zu verlassen, und nach Italien zu reisen, um besonders in Rom das Studium der höhern Baukunft, weiter fortzusehen, indem ich (wie man mir fagte) das technische Wissen in höherm Grade als sonst gewöhnlich ein junger Mann in meinem Alter, inne håtte und mir zum Architekten nur noch die ästhetische Bildung fehlte. Den Winter hindurch suchte ich nun die Zeit in Berlin so viel wie möglich zu benutzen; zu diesem Endzwecke besuchte ich auch die Vorlesungen des dortigen Herrn Oberbauraths Bächerer über die Baumaterialien und die Vorlesungen des Herrn Hofraths Morih über Aesthetik. Daneben studirte und übte ich mich zu Hause im Beichnen architektonischer Entwürfe und mein dortiger Freund, Herr Architekt Genelli, welcher dazumal gerade von Rom zurückkam, hatte die Güte, mich besonders auf meine Reise nach Italien vorzubereiten, so daß ich also in aller Hinsicht für die Kunstschäße

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eines classischen Bodens, wie Italien, empfänglich war, auf dem ich meine übrige Richtung als Künstler zu finden hoffte.

Im Mai des folgenden Frühjahrs trat ich mit meinen Freunden, dem nachher nach 7 Jahren in Rom verstorbenen Professor Karstens von Berlin *) und Herrn Hofmaler Cas bot aus Kopenhagen, welcher schon zuvor in Romeine ges räume Zeit studirt hatte, und daher Italien schon kannte, die Reise nach Rom an. Unsern Weg nahmen wir über Nürnberg, Augsburg, die Schweiz, Mailand, Genua, Lie vorno und Florenz, und wo unterwegs etwas Interessantes von Kunst zu sehen war, hielten wir uns in den Städten 1,2,8 und auch wol 14 Tage auf, um alles für uns Merk würdige kennen zu lernen. Diese Reise wurde für mich durch meine beiden interessanten Reisegefährten, indem wir uns einander unsre gegenseitige Meinungen über die Kunstgegenstånde mittheilten, in jeder Hinsicht äußerst lehrreich.,

Kaum hatte ich den italienischen Boden betreten und unter jenem heiterm Himmel zu leben angefangen, als ich eine besondere producirende Kraft in mir wahrnahm, denn ich componirte unterwegs bis Rom schon eine Menge Gebäude, wozu ich meistentheils die Ideen von den gemeinen ländlichen Wohnungen abnahm, die mir oft weit ingenieuser und für ihr Bedürfniß zweckmäßiger, als selbst manche große Palais zu sein schienen. Durch die mannichfaltigen Gebäude aus den verschiedenen Zeitaltern, des Styls und der Kunst, welche ich auf der Reise von Mailand über Pavia, Genua, Livorno, Pisa und Florenz im Gesellschaft mit meinen beiden Reisegefährten, und den Volkmann in der Hand, gesehen hatte, war meine Sehnsucht nach Rom so groß, daß ich mich den letzten Tag auf dem Wege vor Rom, wie ein Fie berhafter, bald heiß bald kalt befand, indem mir meine jugendliche Einbildungskraft Alles übertrieben vormatte, was ich bisher von der großen weltbeherrschenden Stadt vernommen hatte. Diese Ueberspannung veranlaßte nachher auch, daß ich im Anfang, bis ich ganz bekannt und vertraut mit Rom und seinen Kunstschätzen wurde, beinahe 1 Jahr lang glaubte, daß mir mein Studium daselbst nicht so viel, als

*); Professor Karstens, dessen Leben Fernow, Leipzig, 1806 in Druck herausgab verdient wohl mit Recht, als derjenige, Künstler genannt zu werden, welcher durch seine historischen Compositionen die römischen Maler wieder auf die rechte Bahn, sinn und geistreicher bildlicher Vorstellungen brachte, von der sie durch die frühere französische Schute abge: kommen waren.

aur der Name, einige Jahre in Rom gewesen zu sein, nuben würde.

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Im ersten Jahre habe ich größtentheils die Stadt und ihre Umgebungen mit allem dem, was sich auf Kunst bezieht, kennen zu lernen gesucht und mich daneben mit Ausarbeitung einiger architektonischen Aufgaben, wozu ich die Ueberreste der altrömischen Baukunft so viel wie möglich benugte und wo es anging, auch die Arbeiten neuerer Baumeister mit den meinigen verglich, beschäftiget. Auf diese Weise lernte ich Rom und nach und nach auch mich selbst, in einem ganz andern Lichte kennen, wobei mir dann bald mein geringes Wissen klar wurde, und ich einsehen lernte, daß mir zu einem ausgezeichneten Künstler noch Vieles fehle. Mehr als eine Nacht habe ich deshalb in einer Art Kleinmuths, daß mir so vieles in Kenntnissen abgehe, mit Weinen und Gebet zugebracht, daß mir Gott die Kräfte und den Geist schenken möchte, das mir Fehlende einzuholen, und mir Geschicklichkeit zu geben, etwas eben so Großes, und durch alle Theile wol überdachtes Vollständiges einst errichten zu kön nen, wie die Alten ihre Gebäude in jeder Hinsicht auf Kunst und Wissenschaft zu vollenden vermochten. Dieser Kleinmüthigkeit ungeachtet suchte ich indessen alles, was ich bisher für die Bildung meines Faches versäumt hatte, durch Fleiß so viel als möglich nachzuholen, und ich arbeitete darum Tag und Nacht soviel es mir meine Kräfte erlaubten. Das erste was ich mir als Tagesarbeit für mein Studium zu entwer fen vornahm und dann während mehrerer Jahre arbeitete, war die Entwerfung der Pläne zu einer Stadt mit allen dazu gehörigen öffentlichen Gebäuden. Neben diesen Aufga= ben und den Studien, welche ich von den antiken Gebäuden und ihren einzelnen Theilen zu abstrahiren suchte, waren die åsthetischen Gefeße, die Formen, Verzierungen zc. welche aus allen diesen Werken hervorblicken, mein Augenmerk. Außer dem nahm ich mir auch vor, alle die in den alten classischen Schriften beschriebenen Gebäude, als: das Bad des Hippias (nach Lucian), die Landhäuser des Plinius, das Theater des Curius, das Vogelhaus des Varus, die Grabmåler der Könige Mausolus und Porsenna, so wie auch die Tempel Salomons und der Diana zu Ephesus, in Plänen zu entwerfen. Bei diesem meinem Lagsstudium, wozu ich die dasigen Kunstwerke, Künstler und Gelehrten soviel wie möglich benutte, und mir mit diesen Arbeiten auch oft manchen Credit und Beifall, wie z. B. durch die Auflösung des Vogelhauses des Varus und das bewegliche Theater von Turius,

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