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Wer sonst könnte der Erste seyn in der Reihe der Zeite genossen, welche in diesem Werke abgebildet werden follen, als der Erste unter den vaterländischen Fürsten? Zwar werden unsre Darstellungen nicht nach irgend einer Rangordnung auftreten; doch ziemte sich's wohl, mit eis nem besonders hervorleuchtenden Leben zu beginnen, in dem die Zeit sich besonders klar und erfreulich spiegelt, das zugleich der allgemeinsten und innigsten Theilnahme verfichert ist. So konnte nicht lange die Wahl zweifelhaft bleiben; sie mußte für den erhabenen Kaiser, dessen Perfönlichkeit die durch ganz Deutschland herrschende Verehrung seines erlauchten Hauses, und dessen, was dasselbe Jahrhunderte hindurch dem Vaterlande gewesen, überall erhöht hat, mit höchster Geneigtheit sich entscheiden.

Nach einer drei und zwanzigjährigen Regierungszeit Franz 1. darf der Versuch gewagt werden, ein einfaches Bild feines glorreichen Lebens aufzustellen; jest zumal, da mit der Herstellung des Friedens in Europa, ein Theil seines großen Lagewerks vollbracht, mit der Beendigung des vieljährigen Kampfes, an dem er vom Anfang den bedeutendsten Antheil nahm, das Ziel, für das er keine noch so mühselige Anstrengung, kein noch so schweres und kostbares Opfer gescheut hat, großentheils erreicht ist. Ein Hauptabschnitt seiner Geschichte ist mit dem Jahre eintay

send achthundert und funfzehn geendet; der bewunderns würdige Erfolg feines unablässigen Strebens und Mühens hat über dieses selbst ein helles Licht verbreitet und es auf die glanzendste Weise verherrlicht; ein reiches Daseyn, eine gehaltvolle Wirksamkeit liegt aufgeschlossen vor uns. Es können noch viele ruhmwürdige Thaten zu seinem Leben hinzukommen; der Kaiser selbst kann jezt schon als Mensch und als Herrscher, in seinem Geist und Wiuen, in der Bes ziehung zu seiner Zeit und ihrer Geschichte, erkannt und verstanden werden.

Das, was unter allen Verhältnissen im Menschenles ben das Höchste ist, die Gesinnung, sie erscheint in dem, was die Gegenwart von dem Leben dieses Fürsten zu erkennen vermag, schon klar und unverhüllt; sie ist bes wahrt durch die Beständigkeit, die sie über den vielfachen Wechsel und Wandel der Zeit erhob, so wie durch die Früchte, die sie getragen hat; die Probe vieler und schwe rer Jahre, in denen wohl auch manche edle Kraft unter: lag, eine wahre Feuerprobe, hat sie untadelhaft bestanden!

Deutsch von Art und Sinn, in seiner Frömmigkeit, Gewissenhaftigkeit, Redlichkeit, Treue, in seiner Aus dauer und Beständigkeit, in seiner einfachen, würdigen Weise, wie seine gesammte öffentliche Wirksamkeit ihn darstelt, gewährt sein Leben recht ein erfreuliches und erhebendes Bild, dessen Züge, lauter vaterländische Tugenden, ein deutsches Gemüth_mit besonderm Wohlgefallen in schöner Klarheit auffaßt. Der Geschichtschreiber aber, der hier leicht nur als Lobredner erscheinen kann, hat in der Wahrheit des Besten, was er abzubilden versucht, und in dem einmüthigen Urtheil der Mittebenden selbst, ein Zeugniß, das seine Treue über allen Zweifel erhebt.

Unfre Leser werden diese Treue in der nachfolgenden ·Darstellung, die wir einer gewandten und sichern Hand, einem geistreichen Staatsmanne verdanken, gewiß nicht verkennen. Sie mögen, wie der Herausgeber, nicht alleAnsichten des Verfassers theilen, mit seinem Urtheil über wejentliche Verhältnisse der Zeit nicht durchaus einverstan den seyn; aber, was die Hauptsache ist, die Rechtheit des Geschichtlichen, die Wahrhaftigkeit alles dessen, was den Geist und die Gesinnung des Kaisers anschaulich macht,

wird, wie abweichend auch sonst Ansicht und Meinung sey, nicht verkannt werden.

Wenn vielleicht manchem hier mehr die Staatsweisheit des Desterreichischen Hofes, die sichern Grundfäße, welche jene feit zwanzig Jahren unausgeseht bes hauptete, durch die sie das Kaiserreich aus dem Sturm eis ner drohenden Zeit nicht nur errettete, sondern unter Leitung der Vorsehung es auch zu neuer Kraft erhob, mehr das Leben Desterreichs, als seines Herrschers, entwis celt scheint; so wird auch dadurch die Darstellung nur ges rechtfertigt, der Leser aber, der ihr dieß zum Vorwurf machte, irrte besonders darinnen, daß er Sesterreich und den Kaiser auf eine Weise von einander trennte, wie sie im Leben nicht getrennt sind. Denn, wenn irgendwo, so ist hier die Gesinnung, die Eigenthümlichkeit des Fürsten, auch der Geist, die Eigenthümlichkeit der politischen Grundsäge des Staats; die Staatsweisheit und Staatskunst Desterreichs ward, seit zwanzig Jahren, wesents lich durch die Grundsäge des Kaisers bestimmt, und ging recht eigentlich aus denselben, aus der Art, wie er mensch liche Verhältnisse würdigt, sich selbst in der Beziehung zu feinem Lande, zu den Nachbarländern, und zu einer hdhern Ordnung der Dinge empfindet, hervor. Sein Geist, fein Gemüth, seine unbegränzte Ehrfurcht gegen das Ges ses, gegen den höchsten Gesetgeber, gegen den unsichtba= ren und doch offenbaren Lenker der Schicksale der Staaten, wie des Einzelnen, seine Verehrung dessen, was als ein überliefertes, durch die Vergangenheit bewährtes Geset in der Verfassung und im ganzen öffentlichen Leben sich ihm empfohlen hat; sein Streben, das Geseg, vor dem er sich selber beugt, auch allgemein zur Anerkennung zu brins gen; das ist die Kraft, die den österreichischen Staat bes wegt, die Staatskunst leitet. Wir dürfen es sogar als ein Zeugniß der Rechtheit einer Lebensgeschichte des Kais sers aufstellen, wenn mehr Desterreich als der kaiserliche Herr hervorzutreten scheint, weil nicht nur dieser recht eis gentlich in seinem Desterreich lebt, sondern auch, selbst das höhere Geses über sich anerkennend, vor diesem demuthig zurücktritt, und, weit entfernt sich selbst durch Eigenmacht bemerkbar machen zu wollen, vielmehr nur als der erste Diener des Gesezes, dieses in Ausübung bringt, ohne dabei die Einwirkung seiner Persönlichkeit hervorzuheben.

Drum muß auch befonders, wer ihn darzustellen versucht, in seinen nähern Umgebungen ihn beobachtet haben.

Des Kaisers Jugend*) fiel in eine Zeit, die sichtbar auf eine große Zukunft hindeutete. Sein kaiserlicher Dheim, Joseph II., in dem mit einem reichen und unternehmenden Geist sich ein oft verkannter, wohlwollender Sinn vereinte, hatte erhabene, menschenfreundliche Ideen, und darauf gegründete große Verbesserungspläne aufges nommen, die mit vielen damals bestehenden Verhältnissen in Zwiespalt kommen mußten. Muthig, aber nicht mit Glück, bestand er einen schweren Kampf mit Vorurtheilen und hergebrachten Formen, an welche sein freierer Geist fich nicht binden mochte, in denen er Hindernisse des Glücks Jah, das er, als Vater, seinen Völkern bereiten wollte. Er unterlag in diesem Kampf! ́ ̧

Jofephs Bruder, Leopold II., Vater Franz I.; wirkte auf ähnliche Weise, doch mit reicherem Segen und beglückender, in seinem kleineren Staate. Aber nach Jo seph's Tode**) auf den größeren Thron berufen, sah er sich in einen Zwiespalt hineingezogen, der manchen Rücke schritt unvermeidlich machte, und auch sein Ende beschleu nigte ***), nach kaum zweijähriger Regierung als Kaiser.

Franz I. bestieg den Kaiserthron****) und den ererbten Thron seiner Vater. Damals hatte in Frankreich sich schon die Flamme entzündet, die allen bestehenden Verfassungen den Untergang drohte; die folgereiche Zusammenkunft der Herrscher Desterreichs, Preußens und Sachsens in Pillnig) hatte schon Maaßregeln vorbereitet, den Sturm zu beschwören, und die zu fürch tende Verwirrung aller Verhältnisse der Völker abzulehmen. Der Kaiser erbte den, für ihn unvermeidlichen Krieg, der schon vor seiner Wahl erklärt war ††). Ine

*) Er ward gebohren am 12. Februar 1768.
**) Um 29. Februar 1790.
***) Am 1. März 1792.
****). Am 5. Julius 1792.
†) Um 25. August 1791.
††) Am 20. April 1792.

deß rafete der neue Freiheitstaumel in Frankreich fort; der König felbft blutete unter dem Beil seiner Unterthas nen *). Des Kaisers Bemühungen, die alte Ordnung der Dinge, Ruhe und Sicherheit wieder herzustellen, waren vergebens; in wiederholten Kämpfen unterlag die Tapfer, keit und Standhaftigkeit der österreichischen Heeresmacht Der Begeisterung der Republikaner und ihrer neuen KriegsFunst. Mit tiefem Schmerz sah der Kaiser seine schönsten Hoffnungen scheitern.

Wenn das Schicksal seines Dheims und Vaters ihm rasche Neuerungen in den bestehenden Verhältnissen schon bedenklich gemacht hatte, so erfüllte die furchtbare Ausartung der Staatsreformen feine, nur Treue und Gesetzmäßigkeit liebende Seele, mit Entseßen. Er sah den uns geheuren Kampf des Alten und des Neuen, in den Alles Hingerissen zu werden schien, und fühlte sich berufen, der Anmaaßung, Verwegenheit, und göttliches wie menschli ches Recht verläugnenden Neuerungswuth, sich entgegen zu stellen, und um so beharrlicher das gute Alte, das en in einer höhern Ordnung der Dinge begründet erkannte, nicht nur seiner Neigung nach, sondern auch seiner hohen Würde als deutscher Kaiser gemäß, unerschütterlich aufrecht zu erhalten.

Für diesen Zweck erschienen seine Heere immer von neuem auf dem Kampfplay; standhaft auch dann, wenn alle andere Mächte ihn verließen, verfolgte er feinen gros Ben Plan, den sein frommer und gläubiger Sinn ihm felbst als einen höhern Willen darstellte, für den er eben darum auf höhere Hülfe, auch dann, wenn Alles zu mißlingen schien, mit Zuversicht hoffte. Erst dann trat er, einer künftigen Entwickelung des dunkeln Verhängnisses harrend, vom Kampfplat ab, als im Kampf für die alte Ordnung selbst die heimischen Verhältnisse so gefährdet waren, daß die Weisheit rieth, abzulassen von einem Bemühen, für das schon das Aeußerste gewagt war. Aber in seiner Seele blieb auch dann noch entschieden und fest die Ueberzeugung, daß dem Drange der Zeit nicht mehr nachzugeben sei, als was mit gesehlicher Ordnung bestehe und was die Fügungen der Vorsehung selbst zu billigen

*) Xm 21, Januar 1793.

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