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ersetzt. Die ausgabe kann zur benutzung bei seminarübungen für solche ist sie in erster linie bestimmt bestens empfohlen werden.

Tübingen, 22. Februar 1901.

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W. Franz.

Ferris Greenslet, Joseph Glanvill. A Study in English Thought and Letters of the Seventeenth Century. (Columbia University Studies in English. Vol. I.) New York, Columbia University Press. The Macmillan Co., Agents. 1900. Preis 1,50 $.

Joseph Glanvill gehört zu denen, welche, trotzdem sie für die geschichte des geistigen fortschritts eine sehr geringe bedeutung besitzen, in einer behandlung des geistigen lebens durchaus nicht fehlen dürfen. Ihm hat die nachwelt kein neues prinzip, keine fördernde vermittelung alter prinzipien zu verdanken; zu dem imposanten bau der modernen wissenschaft hat er überhaupt keinen stein und auch keinen balken beigetragen. Zwar findet man bei ihm eine zusammenstellung heterogener ideen, deren bizarre wirkung eine gewisse originalität beanspruchen darf; aber es war die originalität eines vielseitigen eklektikers, der die gabe in ungewöhnlichem grade besass, gedanken, welche die natur und die logik gesondert hatte, zusammenzubringen und die verbotenen ehen salbungsvoll zu feiern. Desto besser vertritt er den von grundverschiedenen anschauungen wirr durchsetzten geist der intellektuellen kreise des damaligen Englands, in denen Bacon und Plato, Gassendi und Descartes, materialismus und kabbalistik, dogmatismus und skeptik, naturwissenschaft und hexenglaube gleichzeitig wirkten. In Oxford waren die unternehmungslustigen forscher der Royal Society' und Aristoteles, der die grenzen des omne scibile schon gezogen hatte, zugleich zu hause. Das bestreben, sich in diesen mannigfachen geistigen strömungen zurechtzufinden, spiegelt sich kaum in einem andern so lebhaft wieder wie in Glanvill. Bisher hat man in Glanvill fast ausschliesslich den skeptiker - den verfasser der Scepsis Scientifica und The Vanity of Dogmatizing - hervorgehoben. Greenslet versucht es, auch den sonstigen regungen seines eifrigen geistes gerecht zu werden. Besonders seine nahen beziehungen zu den Cambridge Platonists hat er betont und sachgemäss dargestellt; die Platonic side of his work will er überhaupt zum erstenmal behandelt haben. Als

specifisch platonisch vermag er jedoch nur sehr geringe und für Glanvill's wesen wenig bedeutende züge zu bezeichnen. Dem Plato hat Glanvill beständig gehuldigt; aber die gedanken, die er ihm verdankte, waren vorübergehende hypothesen, die zu seiner geistesart nicht vollkommen passten; raffinierte werkzeuge, die er eine zeitlang freudig benutzte, auf die länge aber mit der gewöhnlichen abneigung des britischen arbeiters gegen subtile maschinen verwarf, um sie dann durch die bewährten waffen seines orthodoxen glaubens oder orthodox gewordenen aberglaubens zu ersetzen. Die unsterblichkeit der seele z. b. wollte Glanvill in seiner Lux Orientalis mit den bekannten platonischen argumenten verteidigen, fand aber später einen kürzeren weg, indem er auf die im damaligen England überall spukenden geister hinwies. Überhaupt mischen sich praktische rücksichten gern bei ihm mit spekulativen gründen; er war nicht umsonst ein eifriger, kühner polemiker, nicht umsonst ein hofprediger, der viel anklang fand. Treffend genug bezeichnet ihn Greenslet als einen im grunde liberalen und aufgeklärten geistlichen, der die am nächsten liegenden übelstände mit den ersten besten waffen angriff. Wenn seine darstellung von Glanvill's philosophischer thätigkeit dennoch einen etwas konfusen und verwirrenden eindruck macht, so liegt das zum teil in der natur der sache und ist ihm nicht allzusehr anzurechnen. Es hätte die deutungs- und darstellungsgabe eines Renan gefordert, einen mann wie Glanvill im rahmen seines zeitalters klar und scharf hervortreten zu lassen. Er trug wie Carlyle einmal von dem jungen Tennyson gesagt hat ein stück chaos mit sich herum, und es ist ihm nicht, wie diesem, gelungen, dasselbe nach und nach in einen kosmos zu verwandeln. Einen bescheideneren zweck als die philosophischen teile des buchs hat die behandlung (im letzten kapitel) der sprach- und stileigentümlichkeiten Glanvill's. Wie die meisten, welche die Restauration noch nel mezzo del cammin ihres lebens traf, lässt er als schriftsteller den übergang deutlich erkennen, den die englische prosa nach 1660 erlebt hat. Interessant ist die vergleichung des Vanity of Dogmatizing (1661) und der bearbeitung desselben (Scepsis Scientifica) 1665 in bezug auf ihren wortschatz. Überall werden im letzteren gelehrte und studentische durch einfachere, gemeinverständliche redensarten ersetzt: ingenious, perspicill wird zu telescope, phrentick zu crasie, hegemonicall zu leading, terraqueous magnet zu earth und dergl. mehr. Hatte doch die Royal Society, der Glanvill seine begeisterte

huldigung im begriff war darzubringen, indem er ihr die Scepsis selbst widmete, den gebrauch eines einfachen, klaren stils auf das ausdrücklichste empfohlen und eingeschärft! Als vollständig gelungen kann Gr.'s buch nicht bezeichnet werden, es enthält jedoch viel nützliches und ist durchaus brauchbar.

The Owens College, Manchester.

C. H. Herford.

Sir Samuel Garth und seine stellung zum komischen epos. Von Theodor Schenk. (Anglistische forschungen. Herausgegeben von Johannes Hoops. Heft 3.) Heidelberg, Carl Winter's universitätsbuchhandlung, 1900. 114 SS. 8. Preis M. 3,00.

Die vorliegende untersuchung hat referent mit um so grösserem interesse gelesen, als sie eine sehr dankenswerte ergänzung zu einer erörterung bietet, die er vor langen jahren veröffentlicht, und auch punkte berührt, für die er sich neuerdings interessiert hat. Selbstverständlich erschöpft sich darin nicht der inhalt und der wert der schrift. Sie zerfällt in zwei hauptteile, von denen der erste über Garth's leben und dichtungen handelt. Der zweite betrifft » das komische epos und Garth's stellung zu demselben«. Er gliedert sich in die abschnitte: 1. begriff und vorgeschichte des komischen epos; 2. Dryden's Mac Flecknoe (1682); 3. Garth's Dispensary (1699) und Boileau's Lutrin (1674); a. inhalt des Dispensary, b. das Dispensary als komisches epos, c. das Dispensary als direkte nachahmung des Lutrin; 4. Pope's Rape of the Lock (1712) in seinem verhältnis zum Lutrin, Dispensary und Mac Flecknoe ; 5. Pope's Dunciad (1728 ff.) und Garth's Dispensary; 6. Wolcot's Lousiad (1785); 7. schluss. Hierauf folgen litteraturangaben.

Im ersten teile lernen wir Garth als hochangesehenen arzt, dichter und freund bedeutender männer, zu denen in erster linie A. Pope gehört, kennen. Er war, obgleich katholik, mitglied der Wighpartei und stand seiner weltauffassung nach durchaus auf dem boden der aufklärung. Die darstellung des verfassers ist klar, anschaulich und zeigt seine grosse belesenheit und sorgfalt. Das wichtigste ergebnis der folgenden abschnitte dürfte sein, was der verf. am schlusse des ganzen mit den worten ausdrückt: >> Eine wichtige vermittlerrolle aber zwischen Boileau und Pope spielte das Dispensary des Sir Samuel Garth.« S. 85-96 wird dies eingehend nachgewiesen, und wenn man vielleicht über diese oder jene einzel

heit streiten könnte, so ist doch der nachweis im ganzen als durchaus gelungen zu bezeichnen. Verdienstlich ist auch der hinweis auf die genaue bekanntschaft der hier in betracht kommenden gruppe von dichtern und schriftstellern mit den alten, in diesem besondern falle mit Ovid. Dergleichen kann nur dem unkundigen als kleinigkeitskrämerei erscheinen, weil er nicht sieht, welches licht dadurch auf die ursachen der geschmacksrichtungen verschiedener litteraturperioden fällt. Wie viele gebildete männer sind heut zu finden, die, ohne gerade klassische« philologen zu sein, griechische oder lateinische dichter zu ihrer unterhaltungslektüre wählen?

Von interesse sind auch die nachweise, welche der verfasser über die benutzung des Dispensary durch Pope in seiner Dunciad giebt. Es scheint, als ob die neigung, seinen litterarischen freunden durch fast wörtliche entlehnung einzelner stellen ein kompliment zu machen denn so wurde dies sicher aufgefasst, in besonderem masse Pope eigentümlich wäre, denn man begegnet solchen entlehnungen, wie z. b. von Schenk s. 101 eine aufgeführt wird, in allen seinen schriften.

Breslau.

F. Bobertag.

Unpublished Letters of Dean Swift, edited by George Birkbeck Hill. Illustrated. London, J. Fisher Unwin, 1899. XXVII + 269 ss. Gr. 8°.

Die quellen über Swift's leben fliessen sehr reich und voll, aber trotzdem werden wir mit freuden alles neue begrüssen, was über diesen merkwürdigen mann an die öffentlichkeit dringt. Einen. neuen beitrag zu seiner umfangreichen korrespondenz bilden die vorliegenden briefe, die bisher durchaus unbekannt waren. So werden zwar erwähnt von W. R. Wilde in seinem buche The Closing Years of Dean Swift's Life (Dublin 1849), aber dieser giebt nur zwei kurze auszüge davon, und John Forster, der den ganzen briefwechsel einsah und von dem besitzer eine abschrift erhielt, starb, ehe er sein leben Swift's bis zu dem zeitpunkte fördern konnte, wo die briefe beginnen, und nach seinem tode wurde die abschrift an den besitzer der originale zurückgegeben. Dr. Birkbeck Hill, der bekannte litterarhistoriker, hat nun die briefe zuerst in einer amerikanischen zeitschrift, der Atlantic Monthly (August bis Dezember 1897), und dann als buch mit

zahlreichen wertvollen anmerkungen und illustrationen in glänzender ausstattung veröffentlicht.

Es sind 58 briefe, 54 von Swift und vier an ihn, gewechselt mit Knightley Chetwode, einem landedelmanne, der 50 meilen südwestlich von Dublin in der nähe von Portarlington in Queen's County auf seinem gute Woodbrook wohnte. Die briefe umfassen die zeit von 1714-1731, d. h. die ersten 17 jahre nach der ernennung Swift's zum dechanten der St. Patrickskirche in Dublin. Der briefwechsel ist im anfange sehr lebhaft. Swift steht dem etwas hitzigen jüngeren freunde, der in eine jakobitische verschwörung verwickelt war, mit seiner frau in streit lebte und sich schliesslich von ihr trennte, mit der erziehung seines sohnes nicht fertig werden konnte und sich durch bauten in schulden stürzte, durch rat und jede hilfe ausser pekuniärer bei. Am ende aber kommt es bei dem argwöhnischen charakter Chetwode's und dem stolze und der empfindlichkeit Swift's zu einem zerwürfnis und völligen bruche, so dass die freundschaft mit anklagen, vorwürfen und sticheleien endigt. Uns interessiert hauptsächlich, was die briefe über Swift's stellung, persönlichkeit und charakter enthalten.

>> Die person,<< so beginnt der erste brief vom 27. September 1714, welche mir ihren brief brachte, gab ihn so ab, dass ich dachte, ich wäre wieder bei hofe, und dass der überbringer eine stelle wünsche . . . Aber ich war beruhigt, als ich ihre unterschrift sah, und ich erinnerte mich dann, dass ich in Irland war, dass die königin tot, das ministerium gestürzt, und ich der arme dechant von St. Patrick war.<< In diesen worten liegt gewissermassen das leitmotiv der briefe. Swift war unzufrieden. Er hatte auf ein bistum als lohn für seine politischen dienste gehofft, und er fühlte sich in Dublin nach dem verkehr in dem glänzenden kreise der Londoner dichter, schriftsteller und staatsmänner verbannt und vereinsamt. Dublin schien ihm der unangenehmste ort in Europa«, die gesellschaft der ungebildeten irischen landjunker und der geistlichen konnte ihm nichts bieten, und er zog sich immer mehr auf sich selbst zurück, führte »ein mönchisches leben und wurde melancholisch und verbittert. Ausrufe, wie > welch ein lächerliches geschöpf ist der mensch!« und »ich verabscheue die welt finden sich oft in den briefen. Manchmal wird der ausdruck seines menschenhasses abstossend in seiner leidenschaftlichkeit. »Ich liebe die menschen so wenig und denke

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