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der verfasser s. 19, "all the more important variations in (B) have been noted"; ich nehme an, dass m. d. anderen nur die auf s. 5 erwähnten "few corrections in punctuation introduced in B" gemeint sind; sonst wäre darin ein methodischer fehler zu erblicken. die textbehandlung selbst dürfen wir den massstab strenger kritik nicht anlegen Carpenter will ja auch nur einen "reprint" geben. Das material haben wir also wenigstens in händen; zu bedauern bleibt allerdings, dass nicht der versuch einer kritischen ausgabe gemacht ist, wobei natürlich möglichst konservativ hätte verfahren werden müssen. Aber auch so will es mir scheinen, als ob der verfasser besser daran gethan hätte, die zweite ausgabe der rhetorik (das jahr des erscheinens 1532 ist hier durch angabe auf dem titelblatt gesichert) zu grunde zu legen; ich lasse mich dabei von folgender erwägung leiten: Voranzuschicken ist, dass beide ausgaben zu lebzeiten des dichters erschienen sind, wir aber nicht wissen, ob und wie weit der verfasser irgendwelchen einfluss dabei gehabt hat. Nach der orthographie zu urteilen, hat sich der drucker eng an das manuskript angeschlossen und wenig normalisiert. Nun beruht die zweite ausgabe vielleicht auf der ersten oder diese ist wenigstens mit benutzt worden. Denn "of the changes noted in B, some one hundred and ten are corrections and improvements upon A." Daran, dass diese änderungen zum teil modernisierungen sind, hat der herausgeber anscheinend anstoss genommen und darum den ersten druck zu grunde gelegt und besserungen aus B eklektisch herübergenommen. Würde er streng kritisch verfahren sein, so hätte er noch mancherlei mehr ändern müssen, so s. 67 z. ΙΟ V. u. audacitie (B) für audicitie (A) nach audacite (A und B) s. 76 z. 15; s. 69 z. 11 Carthaginoys (B) für Caragi noys (A) nach Carthaginois (A und B) s. 68 z. 6 v. u.; ebenso s. 69 z. 15 Carthagene (B) für Cartagene (A) nach Carthagene (A und B) s. 69 z. 3 etc. etc. Oder, um auf die principielle frage zu kommen, er hätte genau untersuchen müssen, in welchem verhältnis die beiden drucke zu einander stehen, ob B direkt aus A geflossen ist oder aus dem manuskript von A, eventuell mit benutzung von A, und was dergleichen möglichkeiten mehr sind. Voraussichtlich wäre er dabei zu dem schluss gekommer, dass dem texte von B doch der vorzug gegenüber dem von A zu geben sei. Für die textbehandlung ist die vorherige lösung dieser fragen unerlässlich und ausschlaggebend. Dass eine solche Untersuchung keine gerade leichte aufgabe ist, liegt auf der hand, aber die

schwierigkeit einer frage kann den forscher nicht ihrer erörterung überheben, zumal sie unter allen umständen auch methodisch förderlich sein wird. Eine solche arbeit hätte aber im vorliegenden falle allerdings eine genaue sprachliche untersuchung der rhetorik von Cox vorausgesetzt, und darauf hat der herausgeber verzichtet, denn die wenigen sprachlichen bemerkungen in den anmerkungen erwecken nur den eindruck, als ob sie für ein >> weiteres publikum< berechnet seien; für wissenschaftliche Zwecke genügen sie nicht; die sprachliche verwertung der rhetorik von Leonard Cox steht noch aus. Aber abgesehen davon werden wir den neudruck dankbar entgegennehmen. Leider vermissen wir eine zeilenzählung, was beim citieren sehr störend wirkt.

Berlin, ende Oktober 1900.

Heinrich Spies.

Richard Koppel, Verbesserungsvorschläge zu den erläuterungen und der textlesung des Lear«. Zweite reihe der >>Shakespearestudien von Berlin, E. S. Mittler & Sohn, 1899. 156 pp. 8°.

>Ein ernstliches bemühen, zu vermehrter Erkenntnis beizutragen, hat, wo es sich um das verstehen und die rechte lesung eines grossen geisteswerkes handelt, sein recht auch in kleinen dingen. Und »kleine dinge behandelt Koppel allerdings sehr oft, doch dann gleich so, dass man im allgemeinen sagen muss, dass durch seine behandlung jene von ihm geforderte berechtigung am schlagendsten bewiesen wird! Zwar wird es schwerlich einen kopf geben, in dem sich das verständnis des Lear ganz ebenso gestaltet, als bei Koppel, aber, und das ist schon sehr viel, in einer ganz bedeutenden anzahl von fällen wird sich die Shakespearekritik fortan auf seinen standpunkt zu stellen haben.

Aus dem reichen inhalt des kleinen buches greife ich empfehlend und nachtragend einiges heraus:

Eine sehr ansprechende vermutung ist die, welche K. auf p. 6 anm. I vorbringt, dass nämlich die karte schon von I 1, I an auf der bühne sich befindet und Gloster und Kent mit ihr und den auf ihr vorher abgegrenzten teilen beschäftigt sind. Die worte in neither in I 1, 6 setzt K. = in neither of the dukes; er fasst es also »de la part de«, eine bedeutung, die in sehr häufig und noch z. b. bei Sheridan hat. Der alten interpunktion in F 1 und J. Hoops, Englische Studien. 29. 2.

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QI (neither, can) kann ich dabei allerdings kein grosses gewicht einräumen, da dieselbe sehr oft konfus ist.

In I 1, 128 möchte K. die worte who stirs? als gegen eine Cordelien vor dem zorn des königs schützende bewegung der umstehenden gerichtet auffassen. Ich halte sie lediglich für einen ausdruck der ungeduld Lears, dem nichts rasch genug gehen kann; in 35 war Gloster abgetreten; hier muss einer der attendants ihm und dem könig von Frankreich etc. entgegeneilen 1).

Ich denke doch, dass in I 1, 201 seeming substance, welches nach K. » winzige, trügerische habe, kleiner, trügerischer bettel< sein soll, mehr die bedeutung von »ding, wesen« besitzt (cf. she in 200, 204 gegen it in 202). So heisst es in Ben Jonson's Case is altered, IV 5 von Camillo, den man für Chamont ausgegeben hatte: false substance, shadow to Chamont. Und seeming sind alle die dinge, die nicht das sind, wofür wir sie halten: falsch; cf. Massinger, The Bashful Lover, IV, 2: Like seeming flames raised by enchantment. Das little seeming substance Lear's wäre also: das kleine, falsche ding, in dem ich mich so sehr getäuscht habe; it wie bei child.

In I 1, 249 kann ich mich K. nicht anschliessen; das komma vor you gehört zu then, das oft und meist in komma eingeschlossen wird aus der setzung dieses kommas ist also nichts zu erschliessen; so lost a father fasse ich = so vollständig einen vater verloren.

Dagegen gehört K.'s erklärung von I 4, 114 zu den schönsten: Wider seinen willen hat dieser mensch zwei seiner töchter verbannt und einer seinen segen gegeben.

Die Bemerkungen K.'s über I 4, 316 etc. (pp. 36 ff.) sind mir zu radikal. Sie sind offenbar hauptsächlich veranlasst durch die annahme, dass »in diesen momenten« der fassungslos erregte (Lear) hinter der scene nicht erfahren haben kann, dass Goneril den befehl gegeben, 50 von seinen rittern zu entlassen. Einem heutigen publikum mag es vielleicht sonderbar vorkommen, in Shakespeare's zeiten jedoch waren derartige kurze exit nichts ungewöhnliches. Man erfuhr auf die eine oder die andere weise, warum der betreffende abging, und sah, dass er wieder kam; das genügte vollständig, und der dichter hielt es für überflüssig, die auf der bühne verbleibenden personen so lange zeit zu beschäftigen,

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1) Also >>wer geht?« cf. Rebellion IV, Dods.-Haz. 14, p. 72: Why stir you not? fetch me some skilful man.

als die hinter der scene zu vollführende handlung in der that beansprucht haben würde: Ein beliebiger könig sagt: »Schreibt meinem freunde einen brief< gleich geht der schreiber hinaus, um eine halbe minute später mit dem fertigen brief wieder einzutreten (cf. Dyce's anm. zu Marl. Edw. II in Old Dram. p. 192). In Jonson's Case is altered geht Jaques ein paar mal ab, um nachzusehen, ob man ihn nicht bestohlen hat; die auf der scene bleibende person hat gerade zeit genug, drei bis vier blankverse zu sprechen, und Jaques ist wieder da und weiss, dass alles noch in ordnung ist. Und Shakespeare unterscheidet sich in dieser hinsicht in nichts von seinen zeitgenossen; in Measure f. Meas. IV 1, 59 geht Isabella mit Mariana ab, um mit ihr etwas abzumachen der Duke recitiert sechs blankverse, und diese zeit hat Isabella genügt *)!

Sonst gebe ich ja gewiss gern zu, dass I 4, 247 ff. ungemein schwierig sind. Was würde K. zur folgenden auffassung der QII 4, 250 sagen: »Ich bin doch ganz gewiss nicht Lear! Aber wer kann mir sagen, wer ich bin? [F 1: Foole. Lears shadow!] Lear's schatten? Ah, gut, das wollte ich gerade hören, denn die zeichen der majestät (seine königl. gewänder etc.), wissen und verstand könnten mich fälschlich (gegen die offenbaren thatsachen; ironisch) überzeugen davon, dass ich töchter hätte (als Lear! aber der bin ich ja, gott sei dank, nicht, wie mir eben versichert wurde). Es scheint mir, dass sich das folgende which they will make an obedient father nur dann gut an das vorhergehende anschliesst, wenn ich kräftig betont ist. Der von Lear beabsichtigte sinn wäre demnach: »Da ich nur Lear's schatten bin, so kann ich auch keine töchter haben und darüber bin ich herzlich froh!«

«

Als besonders gelungen glaube ich noch die erklärungen zu II 4, 214; III 4, 183; IV 2, 53; IV 3, 19 hervorheben zu sollen. Für die folgenden hefte hätte ich eine bitte: die zugabe eines stellen- und wörterverzeichnisses wäre erwünscht; vielleicht entschliesst sich Koppel dazu, dem 3. heft die verzeichnisse für heft 1 und 2 beizugeben, etwa verarbeitet mit dem für das 3. heft.

Louvain, 3. März 1900.

W. Bang.

1) Vgl. noch Fletcher's Knight of the Burn. Pestle VI 5, wo der Boy abgeht mit dem auftrag, Ralph, als May-lord geschmückt, auf die scene zu bringen; die bleibenden sprechen inzwischen drei zeilen!

The Stage-Quarrel between Ben Jonson and the so-called Poetasters, by R. A. Small. (Forschungen zur englischen sprache und litteratur, herausgegeben von Eugen Kölbing, heft 1.)

We, i. e. all interested in English literature, must greet the appearance of this periodical with a warm welcome. The everincreasing interest in English literature has found one vent more, and if we may judge from the work before us it is destined to do worthy service in the common field.

Small's investigation is ushered in by a preface and a biographical sketch from the pen of Professor Kittredge. From this we learn that the author died at the early age of twenty seven. His death is a severe loss to the cause to which he devoted himself, as his Stage-Quarrel testifies. It is to be hoped that his friends will see that the other work left by him: Authorship and Date of The Insatiate Countess, published in "Studies and Notes in Philology and literature" (Boston 1897) may soon appear as an independent work. The sharp but sound critical judgment displayed in the work before us justifies the hope that this latter question also has been treated with the same thoroughness as the Stage-Quarrel. The period treated of in the latter embraces the years 1599, 1600 and 1601. By extracts from John Davies of Hereford, Chapman and the Comedy of Lingua, the author shows the interest taken in this literary quarrel in those days. He then gives the sources from which he draws his conclusions (p. 3) and gives (on p. 4) what seems a happy emendation. By changing a comma into a period, the expression about Jonson in the Drummond Conversations: "In his youth given to venery," which has hitherto been an insurmountable difficulty, has no doubt been made clear. Had Jonson been addicted to venery in his youth, his enemies would have taken care to inform us of the fact. According to Small's punctuation, the sentence applies to Marston. In dealing with his predecessors, Small is almost too painfully conscientious. What possible importance the views of Baudissin, Cartwright, Hermann, Zeis and Henry Wood (whoever that unknown gentleman may be) can have for us, it is difficult to imagine. An other name, Penniman, author of a dissertation on the same subject, bas also more attention bestowed upon him than he seems to deserve. From the quotations Small gives, Penniman seems to be a mere hanger-on of Fleay's. But in dealing with Fleay, Small shows himself equal to his work. The readers of the Engl. stud.

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