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jedenfalls nördlich (vgl. sho pron., and p. prs., tane etc.). Im übrigen, wer bürgt uns bei dem nur in 1 hs. erhaltenen dkm., dass die reime rein erhalten sind, zumal die von Knobbe nicht untersuchte schreibung oft abweichenden dialekt zeigt. Der vergleich mit dem modernen Windhill-dialekt ist sehr gewagt, worüber sich auch der verfasser selbst nicht täuscht. Zustimmen möchte ich seiner vermutung, dass die entstehungszeit spät anzusetzen ist, etwa gegen die wende des 14. und 15. jahrhunderts. Zum schluss folgen bemerkungen über die metrik des in der bekannten schweifreimstrophe abgefassten gedichtes. Aurich. W. Heuser.

Th. Bierfreund, Shakespeare og hans kunst. Kjøbenhavn, Gyldendal 1898. 307 ss. Gr. 8°. Preis 4 kr. 50.

Was man sonst im vorwort eines buches zu sagen pflegt, hat Bierfreund am schlusse des seinigen in einer persönlichen nachschrift) (s. 294-307) ausgesprochen, und darum müssen wir auch unsere anzeige von hinten anfangen, da jenes schlusswort für die beurteilung der arbeit nicht unwichtig ist. Es beginnt mit dem satze: >> Dieses buch ist geschrieben, um festzustellen, welche dramen Shakespeare geschrieben hat, « ein ziel, das man aus dem titel nicht erkennen kann. Nach einigen allgemeinen bemerkungen über den wert einer dichterbiographie giebt der verfasser einen kurzen überblick über die geschichte des Shakespearestudiums, wobei ich nur dem vorwurfe entgegentreten möchte, dass Schiller aus mangel an verständnis in seiner bearbeitung des Macbeth den Monolog des pförtners gestrichen habe; nicht dies, sondern der klaffende gegensatz zwischen seiner und seiner zeit ästhetik einerseits und der des englischen renaissancedichters andrerseits hat ihn dazu veranlasst, und wir haben nebenbei gar keine ursache, diese streichung zu bedauern, wenn wir uns den ersatz dafür, das wundervolle morgenlied des pförtners, nur recht ansehen. Dann schildert er den entwickelungsgang seines eigenen Shakespearestudiums und seine verschiedenen selbständigen entdeckungen vieler, allerdings schon vorher bekannter thatsachen. Die erste frucht dieser arbeiten war das buch Palemon og Arcite, 1891

1) Die in anführungsstriche gesetzten worte sind genau und möglichst wörtlich aus dem dänischen texte übersetzt.

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(dessen besprechung durch Kölbing man in diesen studien XVI, s. 98 findet), in dem er sich schon hauptsächlich auf dasselbe kriterium stützt wie jetzt, auf den frauentypus bei Shakespeare. Weiterhin findet er als zweiten roten faden, den gewiss niemand vorher aufgenommen, dass Shakespeare eine ästhetik gehabt habe, eine >entdeckung, die doch wohl kaum ganz neu sein dürfte, wie die nicht gerade dürftige litteratur über Shakespeare's ästhetik und technik vor Bierfreund ausweist. Weiterhin deckt er noch auf, dass Shakespeare infolge seiner bestimmten, ästhetischen principien leicht jeder strömung nachgeben konnte, und dass sich bei seinen dramen, obwohl sie in ganz verschiedene formen gegossen sind, alle diese auf die drei grundformen komödie, historie, tragödie zurückführen lassen«, und endlich ist die letzte und wichtigste erkenntnis die, »dass sich Shakespeare nicht für äussere handlungen interessie; denn diese benutzte er nur als dynamische mittel; das seelenleben war vielmehr gegenstand seines studiums, und zwar das kranke, abnorme«. Shakespeare's kunst beruht im grunde darauf, »dass er in seinen tragödien wie der grosse arzt ist, der mit überlegener ruhe und zunehmender leidenschaftslosigkeit die phänomene beobachtet und die lebensumstände darstellt. Seine tragödien sind die erhabensten klinischen vorlesungen. Dieses nachwort ist eine recht interessante studie über den bildungsgang und die auffassungsentwicklung des verfassers; nur ist der durchaus subjektiven darstellung oft allzusehr der schein der objektivität gegeben, so dass bei unbefangenen lesern sehr wohl der eindruck entstehen kann, als ob thatsächlich alles, was er erzählt, etwas ganz neues sei.

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Wenden wir uns nun zu dem inhalt des buches selbst. Der erste abschnitt >>Shakespeare's lehrjahre, der übrigens vom November 1891 datiert ist, bringt auf 22 seiten eine zusammenfassung dessen, was man über diese frage als sicher annehmen kann, mit gelegentlicher abwehr gegen die bemühungen, allzuviel aus seinen werken herauslesen zu wollen, sowie eine übersicht über des dichters erste dramen und seine abhängigkeit von mode und vorgängern. - Im zweiten kapitel »wachstum « entwirft er 'ein allgemeines bild von der künstlerischen entwicklung Shakespeare's. Zuerst betrachtet er die komödien (s. 27—39), und zwar in folgender anordnung: Verlorne liebesmüh, Komödie der irrungen, Wie es euch gefällt, Mass für mass, Kaufmann, Viel lärm um nichts, Was ihr wollt, Cymbeline, Wintermärchen. Dann folgen s. 39-62

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die historien: Heinrich VI., Richard III., König Johann, Richard 11., Heinrich IV. und V. und endlich (s. 62-99) die tragödien: Titus, Romeo, Caesar, Hamlet, Macbeth, Othello, Lear, Coriolan, Antonius und Cleopatra; doch soll über die fünf letzten mit dieser anordnung kein urteil über ihre entstehungszeit, die überhaupt nicht genau bestimmbar ist, abgegeben sein. Der nächste abschnitt dient dann unter der überschrift » Shakespeare wanted art« der widerlegung dieses bekannten Ben Jonson'schen ausspruches, indem er geschickt und gründlich an mehrfachen beispielen den durchaus künstlerischen aufbau der Shakespeare'schen dramen nachweist, ein verfahren, das gleich darauf auch auf die untersuchung des baues einzelner scenen angewendet wird. Des weiteren (s. 132—144) führt Bierfreund aus, wie es der dichter trotz mancher anachronismen und unmöglichkeiten doch vortrefflich verstanden habe, zeit- und ortsverhältnisse zum ausdrucke zu bringen; besonders grosse wirkung auf dem theater erziele er durch die anwendung einer doppelten zeitrechnung, der kurzen und langen oder der dramatischen und historischen zeit (145—154). Der abschnitt »Charakterzeichnung« (s. 155-170) bringt einige hübsche analysen und einige gute bemerkungen über die innere unabhängigkeit, die sich Shakespeare trotz seiner entlehnungen seinen quellen gegenüber stets zu wahren weiss.

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Die beiden letzten kapitel des buches sind die wichtigsten; in dem einen, »König Heinrich VIII. Shakespeare's frauen«, untersucht er die frage nach der echtheit des genannten stückes und kommt nach einer eingehenden und anziehenden betrachtung der frauencharaktere bei Shakespeare wie bei Fletcher zu dem auch schon anderweitig festgestellten ergebnis, dass das ganze stück nicht von Shakespeare allein herrühren könne; die königin Katharine sei zwar eine Shakespeare'sche frau, Anne Bullen aber zeige deutlich die züge der frauen Fletcher's. S. 195 heisst es: > Shakespeare schrieb unzweifelhaft einen teil von König Heinrich VIII., und Fletcher schrieb einige scenen, die grell abstechen und ausgeschieden werden können. . . . Aber ich glaube nicht, dass dies mit Shakespeare's einwilligung geschehen ist, und ich glaube nicht, dass es andre beispiele für solche zusammenarbeit giebt.<<

Das letzte kapitel endlich, »Mismod« (s. 219-293), ist eine Lekämpfung der bekannten und ziemlich allgemein verbreiteten missmutstheorie, die in Brandes ihren angesehensten und geistreichsten vertreter gefunden hat. Da Bierfreund sein buch natür

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lich in erster linie für dänische leser geschrieben hat, so begnügt er sich auch, was man sonst kaum billigen könnte, sich nur mit Brandes, nicht auch mit deutschen und englischen kritikern auseinanderzusetzen. Den grund, auf dem die annahme von der immer mehr steigenden verbitterung des dichters ruht, geben vorwiegend die Sonette und Troilus und Cressida ab, und des verfassers zweck ist es, durch den nachweis der gänzlichen unbrauchbarkeit dieser werke zur stützung einer solchen hypothese diese zu entkräften. Sein urteil über die sonette fasst sich in dem satze zusammen: >> Die sonette sind unpersönlich wie die dramen<< (s. 229), eine auffassung, die übrigens der jüngste englische Shakespearebiograph, Sidney Lee (A Life of W. Sh. 1. u. 2. auf. London 1898) teilt. Von s. 230 an behandelt der verfasser die frage, ob Shakespeare wirklich Troilus und Cressida geschrieben habe, und seine ausführlichen darlegungen, die zwar keine zwingend sicheren beweise sind, machen es aus ästhetischen und kunsttechnischen gründen doch wohl wahrscheinlich, dass er mit seinem ergebnis, das drama stamme nicht von Shakespeare, recht hat. Ebensowenig, meint er s. 253, könne es Fletcher geschrieben haben; über den wahren verfasser äussert er sich (253/4): »Er gehört zu Fletcher's zahlreichen nachahmern. Alle unglücklichen seiten an Fletcher sind hier beisammen, aber vergröbert; seine guten seiten, seine poesie, seine lebhaftigkeit, seine abwechselung fehlen; aber sein gedankengang prägt das stück. Doch der verfasser war auch ein bewunderer Shakespeare's; daher alle die tiefsinnigen reden, mit denen er sein stück ausputzen und füllen wollte; nur schade, dass er nicht hat erkennen können, wie sein grosses vorbild seine weisheit benutzte, um seine geisteskinder zu charakterisieren. Wer der verfasser ist, ist gleichgültig und ausserdem jetzt ziemlich unmöglich herauszufinden. « 1) Eine weitere phantasie der schwermutstheorie sei es, wenn man in Coriolan Shakespeare selbst erkennen wolle; der dichter stehe vielmehr diesem helden genau so unparteiisch gegenüber wie allen andern, die er geschaffen. Auch Timon, der sogenannte höhepunkt in der zeit des missmuts, wird auf grund künstlerisch-ästhetischer untersuchungen für unecht erklärt. »Shakespeare konnte ein so elendes

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1) Vgl. dagegen die neuesten erörterungen über diese frage bei R. A. Small, The Stage-Quarrel between Ben Jonson and the so-called Poetasters, in Kölbing's Forschungen zur engl. sprache und litteratur, heft I, s. 139-171. (Breslau 1899.)

drama nicht schreiben, ausser wenn man annimmt, er sei hoffnungslos apoplektisch gewesen, als er es zusammenstoppelte. << (S. 272.) - Nach einigen bemerkungen über The two noble kinsmen (s. 273 ff.) geht er dann schliesslich zu Pericles über (s. 276); seine ansicht darüber lautet: »Das stück ist kindisch in jeder hinsicht. Ben Jonson hatte recht, als er in einem zornesanfall schrieb: No doubt some mouldy tale Like Pericles u. s. w.; es ist weder poesie noch dramatische technik, noch guter versbau oder charakterzeichnung, oder humor, pathos, leidenschaftlichkeit oder zartheit in diesem dürftigen, verschimmelten brei, der aus alten geschichten zusammengemischt und mit aus dem Wintermärchen gestohlenen einzelheiten angerührt ist.« (S. 290.)

Am schlusse fasse ich den gesamteindruck zusammen, den das buch auf mich gemacht hat. Es liest sich recht angenehm, da es durchweg frisch, lebhaft, anziehend geschrieben ist, so lebhaft, dass man an manchen stellen eine kleine einschränkung wünschen möchte; es ist eine durchaus subjektive leistung und schon deshalb nicht als streng wissenschaftlich zu betrachten, zumal auch die vorhandene litteratur bis auf Brandes nur in geringem masse berücksichtigt und nur in ganz wenig fällen angeführt ist.

Von störenden versehen sei bemerkt, dass Holinshed in der dritten silbe immer mit ea gedruckt ist, dass eine stelle (s. 98 A) in fast gleicher form später noch einmal (s. 209) wiederkehrt, und dass der sonettendichter Daniel im jahre 1592 nicht 39, sondern erst 30 jahre alt war.

Breslau, Mai 1899.

H. Jantzen.

Georges Duval, La vie véridique de William Shakespeare. Paris, Librairie Ollendorff, 1900. 270 SS. 8. Preis Fr. 3,50.

Unter dem auffallenden und anspruchsvollen titel birgt sich nicht, wie man leicht vermuten könnte, irgend eine neue, mit den mitteln der wissenschaft begründete, mehr oder minder wahrscheinliche hypothese über Shakespeare's leben, sondern das buch ist ein biographischer roman, in dem sich der verfasser natürlich ganz subjektiv mit seinem stoffe abfindet. Selbstverständlich ist er oft genötigt, ungewisse und zeitlich unbestimmte thatsachen und ereignisse als ganz sicher darzustellen, wie wir z. b. gleich in der ersten zeile erfahren, dass Shakespeare am 14. Januar 1586 J. Hoops, Englische Studien. 29. 1.

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