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es ist

gebrauch von den mythischen. andere geistliche berichten nur auf besondern anlafs hin und wieder einzelnes, das für uns von hohem werth ist, Jonas (s. 49. 98), Beda (s. 266), Alcuin (s. 210), Widukind (s. 327), Adam von Bremen (s. 211). Wie ich schon s. 8 sage, zu sanct Gallen, Fulda, Merseburg, Corvei hätte ein mönch auf den fruchtbaren gedanken verfallen können, vaterländische alterthümer zu verzeichnen, was damals noch in der zäheren fufsspur haftete aufzunehmen und für den vordergrund unsrer geschichte, da wo sich diese eben aus der sage zu lösen beginnt, ein bleibendes werk, wie es Saxo grammaticus vollbrachte, zu schaffen. war auch vom siebenten bis zum eilften jahrhundert die deutsche überlieferung blässer und stumpfer als die dänische im zwölften, hatte im fernen Norden die entfremdung von der einheimischen sage langsamer zugenommen; so thun uns doch Waltharius und Rudlieb oder der reim vom eber bei Notker dar, dafs selbst in den klöstern noch manches von den alten liedern unverklungen war. wahrscheinlich, dafs eine zeitlang noch abschreiber ihre hand an die von Carl dem grofsen veranstaltete sammlung setzten, deren untergang für uns unberechenbarer verlust geworden ist, aus der sich eine fülle von stof und darstellung des entlegensten alterthums hätte gewinnen lassen. Den mittelhochdeutschen dichtern war dieses schon beträchtlich entrückt und alles was sie unbewust noch aus ihm hernehmen konnten muste zufällig in überlieferten formen der dichtkunst oder der lebendigen ausdrucksweise des volks hängen geblieben sein. das werk, dem sich am unverfänglichsten heidnische namen und gestalten hätten anfügen können, Albrechts von Halberstadt übertragung der metamorphosen ist uns in seiner echten fassung gerade verloren; wenn Rudolf im Barlaam von christlichem gesichtspunct aus die griechischen götter in Chrothildes weise (s. 96) widerlegt, so hält er sich zu dicht an seinen text, als dass ihm einheimische züge beigefallen wären: neigung ins eigne alterthum wie in das fremde zurück zu blicken, ist dieser ganz in ihre gegenwart versunknen zeit überhaupt nicht eigen. Erst um das vierzehnte, fünfzehnte jahrhundert werden einzelne schriftsteller aufgelegter dazu. Gobelinus Persona gewährt schon einiges (s. 232); gäbe uns doch Böhmer bald eine ausgabe der Magdeburger schöppenchronik und des chronicon picturatum, deren beider wir benöthigt sind. Bothos angaben, so uncritisch sie seien, fordern rücksicht, weil damals immer noch nachrichten in gang sein konnten, die nachher verschollen.

eine seltsame enthält des Joh. Craemer chronica sancti Petri in monte crucis ad a. 1468: Matthaeus Huntler in cella sancti Martini ad Werram vidit librum Johannis Vanderi ord. s. Benedicti monachi in Reynertsborn de omnibus gentilium deastris in provincia nostra, quem magna cura conscripsit, et quemlibet deastrum in habitu suo eleganter depinxit cum multis antiquitatibus, in quibus bene versatus esse dicitur. aus ihm vorliegenden götzenbildern schöpfte Botho seine schilderungen, und zu Reinhartsbrunn in Thüringen könnte vorräthig gewesen sein ähnliches oder dasselbe was nach Braunschweig gelangte; wäre nur nicht Paullini, dessen syntagma s. 315 die stelle in jener chronik liefert, selbst verdächtig. gleiche unsicherheit schwebt über Joh. Berger (s. 85), über einem von Letzner beigebrachten Conradus Fontanus (s. 172) oder dem Friesen Cappidus, dessen arbeit Hamconius benutzt haben will (s. 1221). Wer Bertholds von Regensburg noch dem schlufs des dreizehnten jh. zufallende werke vollständig durchlesen wollte, würde vielleicht da, wo der prediger auf zauberei und unholden zu reden kommt, beiläufige nachrichten von dem aberglauben seiner zeit antreffen, wie auch die späteren predigten des Johannes Herolt (s. 885), Johannes Nider († um 1440) und des Geiler von Kaisersberg einzelnes darbieten. selbst den geschichtschreibern im 16. 17 jh., die viel alte archive durchstöberten, wie Aventin, Spangenberg, Letzner müssen brauchbare angaben mancher art vor augen gewesen sein, aus deren spreu die körner hervorzulangen uns freilich leichter als ihnen werden würde.

Genug also ist unserer mythologie unwiderbringlich entzogen; ich wende mich zu den quellen, die ihr verbleiben, und die theils geschriebene denkmäler sind, theils der nie stillstehende flufs lebendiger sitte und sage. jene können hoch hinauf reichen, zeigen sich aber bröckelhaft und abgerissen, während noch die heutige volkslieferung an faden hängt, wodurch sie zuletzt unmittelbar mit dem alterthum verknüpft wird.

Von den unschätzbaren nachrichten der Römer, die auf den besiegten, unüberwundnen feind der geschichte ersten strahl fallen liefsen, ist im vierten und sechsten cap. geredet. noch lange nicht wird die auslegung dieser stellen erschöpft sein. Wenn unter göttern und helden nur Tuisco, Mannus und Alx deutsch genannt, die übrigen in römischer interpretation mitgetheilt werden, haben dagegen die frauennamen Nerthus, Veleda, Tanfana, Huldana (f. Hludana), Aliruna sich ursprünglich erhalten, ebenso

von völker und ortsbenennungen, die auf götter zurückleiten, Ingaevones, Iscaevones, Herminones, Asciburgium. Auch lateinschreibenden christlichen verfassern sind die römischen namen gerecht, obwol bei bestimmtem anlass Wodan, Donar, Frea, Sahsnot nicht gemieden werden können. Die feinheit der sprache der Gothen, das gerüst ihrer heldensage lassen breiteste entfaltung ihres eben erst dem christenthum gewichnen glaubens ahnen, in so gänzliches dunkel er uns versunken ist: ausdrücken wie fráuja, halja, sibja, unhulþô, skôhsl, anz, fairguni, sáuil (neben sunna), vaíhts, alhs, gudja, hunsl, midjungards, aúhns, apn, blotan, inveitan müssen heidnische vorstellungen zum grunde liegen und diese würden noch weit reicher an den tag kommen, wären uns stücke aus der gothischen verdeutschung des AT. zugelangt. Nach verlauf einiger jahrhunderte sehen wir die übrigen mundarten, mit der gothischen zusammen gehalten, mehr oder minder verwildert, und da seit bekehrung der meisten stämme nun schon geraume zeit verstrichen war, mufs auch in sprache und dichtung das heidenthum weiter zurückgetreten sein. gleichwol lassen das bruchstück von Muspilli, die abrenuntiation, die Merseburger und einige andere lieder den blick noch unerwartet rückwärts schweifen; in den glossen sind einzelne ausdrücke, und eigennamen der menschen, örter, kräuter weisen auf andere spuren; aus dem nebel treten nicht allein götter und helden wie Wuotan, Donar, Zio, Phol, Paltar, Frôho, Sintarfizilo, Orentil, göttinnen und weise frauen, wie Frouwa, Folla, Sindgund, Wurt, sondern auch eine menge andrer wörter itis, wiht, urlac, sigil, zunkał u. s. w. sind unausgerottet. Es versteht sich von selbst, dafs unter den länger heidnischen Sachsen, vorzüglich den Angelsachsen, deren sprache durch die poesie besser in wärme gehalten blieb, solche überreste sich verdreifachen, denn aufser Vôden, Thunor, Freá, Bealdor, Helle, Eástre, Hrede und dem reichen namengehalt der genealogien treten auch Forneot, Vôma, Geofon, Gersuma, Vuscfréa, Bregovine, Earendel, ides, vyrd, välcyrge, þyrs, eoten, neorxenavong, häledhelm, Brosingamene und andere mehr hinzu. Was die mittelhochdeutsche dichtung gegen die ältere verlieren mufs, wird ihr durch gröfseren reichthum ersetzt, sie hat uns neben heldennamen wie Nibelunc, Schiltune, Schilbunc, Albertch, Wielant, Horant, die unmittelbar der mythologie anheim fallen, die wörter tarnkappe, albleich, heilwâc, turse, windesbrût und dergleichen mehr aufgehoben und läfst in ihren gangbaren ausdrucksweisen

Man

von der sunnen haz, von des arn winde, von des tiuvels
muoter noch alte fabeln anklingen. auf das lebendigste,
in unermüdlichem farbenwechsel, schildern uns die minne-
lieder den einzug des mais und sommers; das sehnsüch-
tige herz bedurfte des alten gottes in solcher wandlung.
Aus tiefer wurzel entspringen die personificationen der
Sælde und Aventiure, wie bedeutsam werden allein die
namen Wunsch und vâlant, die nicht einmal bei allen dich-
tern, geschweige schon im ahd. angetroffen werden.
kann doch nichts anders annehmen, als dafs diese wörter,
obschon ihr bezug auf Wuotan und Phol lange zeiten hin-
durch verdunkelt war, ununterbrochen und unmittelbar aus
dem heidenthum hergetragen wurden. sie sind ein beweis
der möglichkeit von überlieferungen, die nur an gewissen
plätzen haften und so noch zu einzelnen dichtern gelangen ;
für orte und zeiten ganz verstummt, schlagen sie anders-
wo plötzlich wieder an, jeder landstrich, jede mundart
wird an ihnen arm oder ärmer sein; nur einiger erzmy-
thischen ausdrücke wie frau, hölle, wicht hat sich unsere
sprache bis auf den heutigen tag nicht entschlagen und be-
darf ihrer unablässig.

Haben diese zahlreichen schriftlichen denkmale gleichsam einzelne knochen und gelenke der alten mythologie übrig gelassen, so rührt uns noch ihr eigner athemzug an aus einer menge von sagen und gebräuchen, die lange zeiten hindurch vom vater dem sohn erzählt wurden. mit welcher treue sie sich fortpflanzen, wie genau sie wesentliche züge der fabel erfassen und auf die nachwelt tragen, ist erst eingesehn worden seit man ihres grofsen werths eingedenk geworden, sie in einfache und reichliche sammlungen nieder zu legen begonnen hat. Zu der schriftlichen aufzeichnung verhält sich die mündliche sage wie zur dichtkunst das volkslied oder zu den geschriebenen rechten von den schöffen erzähltes weisthum.

in

Die volkssage will aber mit keuscher hand gelesen und gebrochen sein. wer sie hart angreift, dem wird sie die blätter krümmen und ihren eigensten duft vorenthalten. ihr steckt ein solcher fund reicher entfaltung und blüte, dafs er auch unvollständig mitgetheilt in seinem natürlichen schmuck genugthut, aber durch fremden zusatz gestört und beeinträchtigt wäre. wer diesen wagen wollte, müste, um keine blöfse zu geben, in die unschuld der ganzen volkspoesie eingeweiht sein, wie der ein wort zu ersinnen ausgienge, in alle sprachgeheimnisse. aus elben elfen machen heifst unserer sprache gewalt thun; an farbe und gehalt

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der mythen selbst ist sich noch schonungsloser vergriffen worden. man meinte die volkssage zu überbieten, und ist immer hinter ihr geblieben; nicht einmal soll da, wo sie lückenhaft vortritt, eine ergänzung vorgenommen werden, die ihr wie alten trümmern neue tünche ansteht, und mit ein paar strichen schon ihren reiz verwischt. Ihre manigfaltigkeit in der einstimmung überrascht, an unerwarteter stelle spriefsen verschönernde nebenzüge, doch nicht auf jedem boden geht sie üppig hervor und erzeigt sich streckenweise mager oder spröde; zumal belebt ist sie da, wo reime und formeln in ihr auftauchen. Ergibigste ausbeute scheinen die samlungen zu gewähren, die mitten in einer sagenreichen landschaft sich erhebend aus ihr nach allen seiten sorgfältig schöpfen, ohne weit die grenze zu überschreiten; so hatten Otmars Harzsagen ein günstiges feld vor sich, das wol in gleich eingehaltner schranke nochmals durchzogen zu werden verdiente. unter den neuerdings bekannt gemachten samlungen nenne ich Börners sagen aus dem Orlagau, die auf fettem sagengrund erwachsen trefliches darreichen, in den zugefügten gesprächen aber die natur der volkssage meist ungenügend erörtern. Bernhard Baaders oberdeutsche sagen gewähren einen reichen schatz, in einfacher angemessener aufzeichnung; sie sind aber in Mones anzeiger so zerstreut und unbequem mitgetheilt, dafs sie in erneutem abdruck handgerecht gemacht werden sollten: an der doppelt nach verschiedner aufnahme erzählten sage von Dold (die stellen habe ich s. 935 angeführt) wird es anschaulich was vorhin unter magerer und üppiger auffassung gemeint was.. Bechsteins thüringische volkssagen scheinen mir erst in den beiden letzten bänden ihren rechten standpunkt zu gewinnen und dankenswerthes zu leisten. allen forderungen entsprechen die von Reusch und Kuhn gesammelten samländischen und märkischen sagen, in welchen der reichhaltigste stof herangeschaft und der wahn zu schanden gemacht ist, dafs irgend eine gegend Deutschlands arm sei an volksüberlieferungen, die nur dem entweichen, der es nicht versteht ihnen zu nahen. Vielleicht bald werden uns gleich bedächtig angelegte samlungen aus Holstein, Westfalen, Baiern und Tirol zu statten kommen.

Auch für Dänemark hat Thiele musterhaft gesammelt, dessen neue ausgabe mir eben erst zugeht und noch ungenutzt bleibt. viele der schönsten schwedischen sagen sind an verschiednen orten mitgetheilt, aber eine gröfsere menge wird unaufgenommen liegen, und Afzelius sagohäfder,

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