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zeigt den genauen zusammenhang zwischen priester und richteramt, der vorzüglich in einem andern der hochd. mundart eigenthümlichen ausdruck hervorbricht. êwa, éa bezeichnete nicht blofs das weltliche, sondern auch das göttliche gesetz, die früher genau verbunden und gleich heilig waren, éwart, éowart also den pfleger, hüter des gesetzes, den vouzós, goth. vitôdafasteis, den gesetzes und rechtskundigen. K. 55 56a, b. gl. Hrab. 974a N. ps. 50, 9. das schwachformige êwarto hat O. I. 4, 2. 18. 72. gotes êwarto I. 4, 23. so noch im 12 jh. êwarte Mar. 21 und ohne allen bezug auf das jüdische amt, ganz synonym mit priester: der heilige êwarte Reinh. 1705. der bâruc und die éwarten sîn Parz. 13, 25. Wh. 217, 23 von sarazenischen priestern. Daneben galt das nahliegende éosago, ésago für judex, legislator. RA. 781.

Der dichter des Heliand bedient sich des ausdrucks wihes ward (templi custos) 150, 24, und versucht, um dem heidnischen wie dem fremden worte auszuweichen, umschreibungen: the giêrôdo man 3, 19. the frôdo man 3, 21. 7, 7, frôdgumo 5, 23. 6, 2. godcund gumo 6, 12, was an jenes gudja anschlägt, vielleicht aber auch den eigenthümlichen sinn berührt, den bei Wolfram 'der guote man' hat *). die romanischen ausdrücke prudens homo, bonus homo (prudhomme, bonhomme) sind nicht ohne bezug auf die alte rechtspflege. Einmal Joh. 18, 13 verdeutscht Ulfilas doxoεvs durch aúhumists veiha, niemals iɛɛus durch veiha.

Mit dem christenthum drangen fremde benennungen ein. die Angelsachsen nahmen, in verkürzter form, lat. sacerdos auf: sacerd, pl. sacerdas; Alfred übersetzt Bedas pontifex und summus pontificum (beides von einem heidnischen) 2, 13 biscop und ealdorbiscop. T. und O. haben gleichbedeutig das aus episcopus entspringende bisgof, biscof O. 1. 4, 4. 27. 47; auch Hel. 150, 24 biscop. Später werden priester (nach presbyter, also jenem begrif des vornehmen und ältesten) und pfaffe (papa) die allgemeinsten namen. ags. preost, engl. priest, franz. prestre, prêtre, bei Veldek reim prêster: mêster. En. 9002.

Wenn Jul. Caesar von den Germanen sagt (de bello Gall. 6, 21): neque druides habent, qui rebus divinis praesint, neque sacrificiis student, so braucht diese nachricht

*) Parz. 457, 2. 458, 25. 460, 19. 476, 23. 487, 23. the gôdo gumo steht Hel. 4, 16 von Johannes, ther guato man O. II. 12, 21, 49 von Nicodemus.

nicht für unrichtig und dem, was Tacitus von den deutschen priestern und opfern meldet, widersprechend erklärt zu werden. Caesar behauptet alles im gegensatz zu den Galliern. diese hatte er 6, 16 als den opfern äusserst ergeben geschildert, und 'non studere sacrificiis' wird im zusammenhang nichts anders bedeuten als: sich der opfer sparsam bedienen. ebensowenig herschte unter den Deutschen das gallische fein ausgebildete druidensystem; sie ermangelten aber nicht ihrer eigenthümlichen opfer und priester.

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Die deutschen priester, wie wir es schon aus dem übergreifen der namen erkannten, waren zugleich bei gottesdienst und volksgericht thätig. In den heerzügen gebührt ihnen allein, nicht den feldherrn die zucht, da der ganze krieg gleichsam in gegenwart der gottheit geführt wird: ceterum neque animadvertere. neque vincire, nec verberare quidem nisi sacerdotibus permissum: non quasi in poenam, nec ducis jussu, sed velut deo imperante, quem adesse bellantibus credunt. Germ. 7. auch die gleich folgenden worte beziehen sich auf die priester, sie nehmen aus dem heiligen hain die bilder und zeichen mit ins feld. Cap. 10 lehrt, dafs der sacerdos civitatis dem lofsen mit zweigen vorsteht, sobald es für das volk geschah. die angelegenheit keine öffentliche, so kann der hausvater selbst das geschäft verrichten und der priester brauchte nicht zugezogen zu werden. eine merkwürdige beschränkung der priestergewalt und ein zeichen, wie weit in dem eigentlichen privatleben das recht des freien mannes gieng; aus gleichem grunde, scheint es mir, durften in frühster zeit symbolische handlungen unter den parteien vorgenommen werden ohne zwischenkunft des richters (RA. 201). Auch wenn aus dem gewieher der öffentlich unterhaltenen weifsen rosse geweissagt werden sollte, begleiteten priester den heiligen wagen und beglaubigten das geschäft. gottheit wagen berührt allein der priester, ihre nahende gegenwart wird von ihm erkannt, er geleitet sie ehrfurchtsvoll, und führt sie zuletzt in ihr heiligthum zurück. cap. 40. Segimund, des Segestes sohn, den Tac. ann. 1, 57 sacerdos nennt, war nicht deutscher, sondern römischer priester (apud aram Ubiorum) gewesen und nach zerreifsung der fremden binde (vittas ruperat) in die heimat entflohen.

Der

Diese wenigen der priester nur gelegentlich erwähnenden stellen lassen ihr amt lange nicht überschauen. ohne zweifel lag ihnen, aufser jenen geschäften, die verrichtung feierlicher gebete, die tödtung der opferthiere, die weihung der könige und leichen, vielleicht auch der ehen, die abnahme

der eide und manches andere ob. Von ihrer tracht, ihren insignien und abstufungen wird gar nichts gemeldet, einmal gedenkt Tacitus cap. 43 eines sacerdos muliebri ornatu, gibt aber nichts näher an; ohne zweifel bildeten die priester einen gesonderten, vielleicht erblichen stand, wenn auch minder mächtigen und einflufsreichen als in Gallien. wahrscheinlich gab es aufser jenem sacerdos civitatis höhere und geringere. Namentlich aufgeführt wird ein einziger, der cattische Libys (Λιβυς των Χάντων ἱερεύς) bei Strabo, den mit anderen gefangnen Deutschen die pompa des Germanicus nach Rom schleppte. Tacitus (so viel wir ihn übrig haben) geschweigt seiner *). Bemerkenswerth ist noch des Jornandes aussage, dafs die gothischen priester pileati hiefsen, im gegensatz zu den capillati, dem übrigen theil des volks, und dafs sie während dem opfer ihr haupt mit hüten bedeckten, vgl. RA. 271. Odinn heifst Sidhöttr, der breithulige.

Aus der folgenden zeit, und bis zur einführung des christenthums haben wir fast gar keine kunde weiter, wie es sich im innern Deutschland mit den priestern verhielt; ihr dasein folgt aus dem der tempel und opfer. Eine nicht unwichtige nachricht hat Beda hist. eccl. 2, 13 bewahrt, dem heidnischen priester der Angelsachsen war es waffen zu tragen und auf hengsten zu reiten untersagt: non enim licuerat, pontificem sacrorum vel arma ferre, vel praeterquam in equa equitare. sollte das noch mit der bestimmung zusammenhängen, die freilich auch biblisch erklärt werden kann, dafs christliche geistliche, wenn sie land umreiten, auf eseln und füllen (nicht auf pferden) sitzend erscheinen (RA. 86-88)? die übertragung solcher in die gewohnheit und sitte des lebens eingreifenden gebräuche mochte ganz zulässig sein. Ich werde anderswo auszuführen trachten, dafs in gebärden oder stellungen, die für gewisse rechtshandlungen erfordert werden, manches noch an priesterliche gebräuche bei opfern und gebeten erinnert. Es ist nicht unwahrscheinlich, wie heidnische stätten in christliche umgewandelt wurden, dafs man auch für vortheilhaft hielt, unter den bekehrten völkern die alten priester zu dem neuen gottesdienst heran zu ziehen. sie waren der gebildetste theil des volks, am ersten fähig die christliche lebre zu fassen, und ihren landsleuten zu empfehlen. aus der mitte des heidnischen priesterthums mö

*) Libys könnte sein Leip, Lêb, altu. Leifr, goth. Láibs? eine variante giebt Aißys.

Grimms mythol. 3. ausgabe.

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an

gen daher zwar die heftigsten feinde, aber auch die eifrigsten anhänger der neuerung hervorgegangen sein *). einer stelle der bonifazischen briefsamlung wird über vermischung christlichen und heidnischen brauchs geklagt, die sich unverständige oder leichtsinnige und strafbare priester zu schulden kommen lassen **). das konnte in schuldloser unerfahrenheit, oder mit wolbewuster absicht geschehen, aber fast nur von solchen, die zugleich des heidenthums kundig waren.

Selbst den nordischen priesterstand beschreiben die edden und sagen äusserst unvollständig. eine merkwürdige stelle der Ynglingasaga cap. 2, welche die Asen überhaupt als einwanderer aus Asien, und Asgard ihren sitz als eine grofse opferstätte ansieht, macht die zwölf vornehmsten Asen zu opferpriestern (hofgođar): skyldu þeir râđa fyrir blôtum ok domum manna í milli, und fügt hinzu, dass sie diar (divi) und drôttnar (domini) genannt worden seien. diese vorstellung, wenn auch nichts als vermutung Snorris, zeigt uns die hohe würde, worin das nord. priesterthum stand, und wie man götter selbst an die spitze der opfer und gerichte setzte. aber dîar und drôttnar dürfen wir darum nicht mit den priestern vermengen.

Ich mufs hervorheben, dafs einzelne den göttern durch dienst und verehrung näher stehende menschen, voraus die priester, freunde der götter genannt werden. dahin gehört der name Freysvinr, ags. Fredvine, Bregovine für helden und könige. nach Eyrbygg. p. 6. 8. 16. 26 war Rôlfr ein Thôrs vinr, er hatte auf einer aue einen hof dieses gottes und wurde darum Thôrôlfr genannt, seinen sohn Steinn widmete er ihm und nannte ihn Thorsteinn, wiederum widmete Thorsteinn seinen sohn Grîmr dem gott und nannte ihn Thôr

*) wie aus der catholischen geistlichkeit sowol die stützen als gegner der reformation. Das merkwürdige beispiel eines heidnischen priesters, der seinen alten glauben herabsetzt und selbst hand anlegt an die zerstörung des früher von ihm heilig gehaltenen tempels, ist s. 72 aus Beda angeführt. dieser priester war ein angelsächsischer, kein britischer, obgleich ihn Beda Coifi, mit einem galischen worte (choibi, choibhidh, cuimhi, nach Jamieson im supplement s. v. coivie, archidruid) offenbar nur zu näherer bezeichnung seines standes, neunt. eigenname ist Coifi auch im galischen nicht, und es wäre unglaublich, dafs Edvine, könig von Northumbrien britischen glauben angenommen und einen britischen priester gehalten hätte.

"*) ed. Würdtw. 82. Serr. 140: pro sacrilegis itaque presbyteris, ut scripsisti, qui tauros et hircos diis paganorum immolabant, manducantes sacrificia mortuorum ... modo vero incognitum esse, utrum baptizantes trinitatem dixissent an non etc. Dahin auch der presbyter Jovi mactans, ep. 25.

grîmr, durch dies hingeben (gefa) wurde die bestimmung zum godi oder priester ausgesprochen. Hallstein (nach Landn. 2, 23) gab seinen sohn dem Thôrr zum gođi. Man sieht dafs der priesterstand durch gewisse geschlechter fortgeführt wurde. Aber auch Odysseus hiefs 4 pilos (Il. 10, 527).

Wie genau das nord. priesteramt in die rechtspflege eingrif, bedarf hier keiner ausführung, in solcher eigenschaft scheinen die priester eine bedeutende wirksamkeit unter dem volk gehabt zu haben, während von ihrem politischen einfluss an den königshöfen wenig die rede ist. man lese nur die Nialssaga. noch nach einführung des christenthums behielten die isländischen richter den namen, und manche befugnisse der heidnischen godar bei (Grâgâs 1, 109-113. 130. 165).

Der gođi konnte zwar blôtmaðr (sacrificulus), bliotr (Egilssaga s. 209) heifsen, doch nicht alle blôtmenn waren priester, vielmehr bezeichnete dieses wort jeden an den opfern theilnehmenden, später unter den Christen überhaupt die Heiden. zu jener stelle des Tacitus von dem paterfam. stimmt, dafs jedweder iarl oder hersir, wenn er schon kein priester war, ein opfer verrichten durfte. Saxo gramm.

p. 176 erzählt von dem getauften Harald: delubra diruit, victimarios proscripsit, flaminium abrogavit. unter jenen versteht er wol blotmenn, unter flamines die priester. p. 104 meldet er, bei den upsalischen opfern seien effoeminati corporum motus, scenicique mimorum plausus, ac mollia nolarum crepitacula vorgekommen, von chören und tänzen der priester weifs auch das griech. alterthum.

Auf nachrichten über die kleidung der nordischen priester bin ich nicht gestofsen; fand zusammenhang der dichter mit ihnen statt? Bragi, gott des gesanges, hat nichts mit opfern zu thun. gleichwol schien die dichtkunst ein heiliges, geweihtes geschäft: Odin bediente sich gebundner rede, er und seine hofgođar heifsen liođasmiðir (dichter). Yngl. saga cap. 6. sollte skáld (poeta, aber neutr.) sich berühren mit dem ahd. seltnen worte sgalto (sacer)? Diut. 1, 183, gl. ker. 69 scaldo. Selbst von christlichen sängern bald nach der bekehrung wird noch eins und das andere erzählt, was uns von heidnischen skalden überliefert ist.

Wie nah grenzt poesie an weissagung, der vates ist sänger zugleich und weissager, weissagung war aber das amt der priester. Ammianus Marcellinus 14, 9 erwähnt alamannische auspices und Agathias 2, μάντεις oder χρησμολόγοι αλαμαννικοί.

Ulfilas scheut sich ein goth. wort für das häufig vor

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