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Woher, nach der Edda, die guten und schlechten Skalden oder Barden kommen?

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,,Die Götter in Asgard (in der Götterburg) hatten einstmals lange Weile. Da fiel ihnen ein, sie wollten mit einander einen Menschen machen. Der neue Mensch erhielt den Namen Kwaser, und hatte so viel Verstand, daß man ihm keine Frage vorlegen konnte, auf die er nicht sogleich eine befriedigende Antwort gehabt hätte. Er zog auf der ganzen Erde umher, die Menschen Weisheit zu lehren, und fein Nuhm wurde fast sehr groß. Das verdroß gewisse neidische Leute; flugs bestellten sie zween Zwerge, die ihn verrätherischer Weise ermordeten. Die Zwerge faßten sein Blut in ein Gefäß auf, vermischten's mit Honig und machten ein Getränk daraus, das alle und jede, die davon trinken, zu Dichtern macht. Wie nun die Götter ihren Sohn Kwaser nicht mehr sahen, fragten sie bei den Zwergen nach, wo er geblieben wäre. Die Zwerge, um sich, so gut sie konnten, aus dem Handel zu ziehen, antworteten: Kwaser wäre an seiner eigenen Weisheit erstickt, weil niemand im Stande gewesen, ihm oft genug durch gescheidte Fragen Luft zu verschaffen. Damit mußten sich die Götter einstweilen beruhigen. Einige Zeit darauf zogen sich die Zwerge den Unwillen des Riesen Suttung zu, und kamen dadurch in so große Noth, daß sie endlich ihrem Leibe keinen andern Rath wußten, als dem

Niesen das herrliche Getränk, das sie aus Kwasers Blute bereitet hatten, für ihre Befreiung anzubieten. Der Riese ließ sich's gefallen, empfing das Gefäß mit besagtem Getränke, und gab's seiner Tochter Gunlöde in Verwahrung.

Die Götter, welche Wind non der Sache bekommen hatten, wünschten fehr diesen Schaß in ihre Gewalt zu bekommen; es war aber keine so leichte Sache, denn die Niesin Gunlöde wohnte mitten in einem Felsen, der ringsum ohne Oeffnung war. Die Frage war, wie man da hineinkommen sollte. Vater Odin nahm es auf sich, das Abenteuer zu bestehen. Er zog aus und kam auf eine große Wiese, wo er neun Tagelöhner sah, die im Måhen begriffen waren. Odin fand ein Mittel die Bursche auf eine listige Art dahin zu bringen, daß sie einander mit ihren eignen Sicheln in Stücke zerschnitten. Nun veränderte Vater Odin seine Gestalt, nahm den Namen Bolwerk an, und kam zu dem Niesen Bauge, Suttungs Bruder, den er sehr betrübt über den Tod seiner neun Måher antraf. Volwerk sagte ihm, er wolle ihre Stelle vertreten, und mit aller ihrer Arbeit in kurzer Zeit fertig werden, wenn Bauge seinen Bruder Suttung dahin vermögen wollte, ihn nur einen einzigen Schluck von seiner PoetenLatwerge thun zu lassen. Sie wurden des Handels eins; Bolwerk mähte den ganzen Sommer durch, aber wie der Winter kam, wollte er seinen Lohn haben. Bauge versprach sein Bestes zu thun; sie gingen mit einander hin zu Suttung; aber dieser erklärte ihnen rund heraus, daß sie keinen Tropfen von seinem Nektar zu kosten kriegen sollten. Sie mußten also unverrichteter Dinge abziehen, und nun war guter Rath theuer. Wenn du mir helfen willst, sagte der verkappte Volwerk zu Baugen, so will ich wohl durch List erhalten, was wir nicht erbitten konnten. Sogleich bracht

er einen Bohrer hervor, mit welchem Bauge ein Loch in den Felsen bohrte, wo der Schaß verwahrt ward. Bolwerk kroch in Gestalt eines Wurms hinein; aber kaum war er in der Höhle, so nahm er seine eigne Gestalt wieder an, und in dieser wußt er sich bei Gunlöden so wohl einzuschmeicheln, daß sie ihm endlich verstattete, drei Züge von dem Wundertranke zu thun, der ihrer Hut anvertraut war. Aber wie Odin einmal angeseßt hatte, zog er so tüchtig, daß mit dem dritten Zug das ganze Gefäß rein ausgeleert war. Alsbald nahm er die Gestalt eines Adlers an, und flog was er konnte in den Asgard zurück, um den Schaß, den er in seinem Magen trug, ie eher je lieber in Sicherheit zu bringen. Aber Suttung, der ein Zauberer war, hatte den Possen gemerkt, eilte ihm ebenfalls in Adlergestalt nach, und erreichte ihn schier, da er nicht mehr weit von der Pforte des Asgards war. Die Götter, welche merkten, daß Odin, wegen der Schwere des bei sich tragenden Getränks nicht schnell genug fliegen konnte, um dem nachjagenden Suttung zu entrinnen, seßten ihm flugs so viel Gefäße unter als sie in der Eile finden konnten. Odin fand diese Vorsicht so wenig überflüssig, daß er augenblicklich den ganzen Vorrath, den er im Leibe hatte, von sich gab, und damit alle Gefäße anfüllte. Große Freude unter den Göttern! Aber wie man die Sache näher besah, wurde man gewahr, daß er nur einen Theil der Mirtur, rein und unverdorben, durch den Schnabel von sich gege-ben hatte. Die wenigen damit angefüllten Gefäße wurden sogleich aufgehoben; und aus diesen erlaubt Odin, aber selten, den Barden zu trinken, die er mit dem wahren Dichtergeist erfüllen will. Eine weit größere Portion hatte der göttliche Adler mit einem guten Theile ungleichartiger Materie verseßt, durch eine andre Oeffnung von sich gegeben. Die damit

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́angefüllten Gefäße gab er den Dichterlingen und Leyermånnern preis. Die Presse war stark um die Gefäße her, und ist es noch; daher (sagt die Edda) die abscheuliche Menge von_elenden Versemachern und elenden Versend In Erwägung der Quelle, aus der sie geflossen sind, können sie nicht besser feyn!

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Die Lösung des Problems ist höchst glücklich, wie man sieht. Sie ist der Sache so angemessen, daß man sich, däucht mich, völlig dabei beruhigen kann, ohne jemals eine bessere zu suchen.

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Logo gryph.

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Der Logogryph ist eine Art von Wißspiel, wo es darum zu thun ist, ein Wort zu errathen, aus welchem, durch dessen Zergliederung und Versehung der Buchstaben, eine Anzahl andrer Wörter herauskommt, die von allgemein bekannter Bedeutung sind, oder doch unter die Anzahl derer gehören, die man als bekannt vorausseßen darf; dergleichen z. B. die Namen mythologischer und historischer Personen, und die der Länder, Gebirge, Flüsse, Städte u. s. w. sind.

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Ordentlicher Weise nimmt man zu einem Logogryphen ein Wort aus der Sprache, worin er geschrieben ist. Es ist aber auch erlaubt, den Namen einer Person oder Sache dazu zu nehmen, aus welcher Sprache er seyn mag, insofern man nur diese Person oder Sache als unter diesem Namen bekannt voraussehen kann,

Der Logogryph ist also eine Art von Räthseln, deren hauptsächlichstes Verdienst darin besteht, daß einiger Grad von Menschenverstand und Kenntnissen dazu gehört, um sie errathen zu können; und daß man es dem Liebhaber, der sich daran versuchen will, weder zu leicht, noch zu schwer mache. Das lehte geschieht, wenn die Umschreibungen, in welche man die Namen der Worte, die man errathen soll,

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