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entwürfe und gestrichenen stellen als anhang zu jedem einzelwerk mit abgedruckt sind. Den schluss des bändchens bildet eine reihe von anmerkungen, die meist sachliche erklärungen und litterarische belegstellen bieten.

An leichteren versehen habe ich bemerkt: p. XIX, z. 3 steht ungenau Marlowe für Marlow und dies fälschlich für Bracknell, ib. z. 13 dürfte die behauptung, dass Todhunter in der fraglichen stelle nur eine allegorie für 'Content' findes, ein wenig gewagt erscheinen, wenn man Todh. p. 248 vergleicht, wo er ausdrücklich Mary zu der stelle in beziehung setzt; p. XXVIII anm. fehlt die angabe des bandes von Forman's ausgabe. Ein satz von zweifelhafter stilistischer qualität läuft p. VII unter, wo zu lesen ist: Emilia, die seit zwei jahren im kloster . . weilte, weil ihr vater seinen kindern eine jugendliche stiefmutter gegeben hatte und dieselbe bald zu heiraten wünschte. « Wer ist dieselbe? und ist es subjekt oder objekt? Es wird übrigens berichtet, dass graf Viviani seine ältere tochter möglichst bald und ohne mitgift zu verheiraten wünschte. Sollte unser satz vielleicht etwas derartiges ausdrücken?

Im übrigen ist

An druckfehlern ist uns aufgefallen: p. XV, Z. I; p. XXII z. 12 (conekturen); p. XXVI, z. 3; p. XXVII, z. II V. u. (14. statt 11. Nov.); p. 68, z. 3 v. u.; p. 71, z. 10. der druck sehr sauber, gross und leserlich und stattung einfach und gut.

Ansbach, Juli 1900.

die ganze aus

Armin Kroder.

Robert Louis Stevenson. By Margaret Moyes Black. (Famous Scots Series.) Oliphant Anderson & Ferrier, Edinburgh and London. [1898.] 159 ss. Preis geb. 1 s. 6 d.

Robert Louis Stevenson. By L. Cope Cornford.

(Modern

English Writers.) William Blackwood & Sons, Edinburgh and London, 1899. 200 SS. Preis geb. 2 s. 6 d. The Stevenson Reader. Selected Passages from the Works of Robert Louis Stevenson. Edited by Lloyd Osbourne. Illustrated. London, Chatto & Windus, 1898. 261 ss. Preis geb. 2 s. 6 d.

Das an erster stelle genannte werk ist ein liebenswürdiges, anspruchsloses büchlein aus der feder einer landsmännin des grossen Edinburghers (1850-1894), die mehr schätzung und ver

ständnis für Stevenson den menschen als für Stevenson den schriftsteller zu haben scheint. In der familie eines oheims ihres helden aufgewachsen, stand ihr ein reicher schatz mündlicher und schriftlicher erinnerungen zur verfügung, von dem sie vielleicht etwas zu verschwenderisch gebrauch gemacht hat. So erklärt sich die fülle von anekdoten, die uns zwar das grosse, weiche kinderherz des dichters des kinderlebens und freundes der Samoaner näher bringen, sonst aber wenig neues lehren; so auch die bevorzugung der lehrjahre), für die der verfasserin ein lebendig und warm ge zeichnetes bild gelungen ist, gegen welches die späteren merklich abfallen. Das eigentlich litterarische kommt dabei entschieden zu kurz, wenn es auch nicht an willkommenen hinweisen fehlt, in welcher weise die reichen eindrücke der lehr- und wanderjahre dichterisch verwendet worden sind, was übrigens bei einem so autobiographischen schriftsteller wie Stevenson kaum zu umgehen war. Dass bei den detailangaben mannigfache irrtümer mit untergelaufen sind, hat schon der rezensent in der Literature (Oct. 8, 1898) hervorgehoben. Man wird in dieser beziehung den trefflichen artikel im Dictionary of National Biography (bd. LIV, S. 244-254) von der meisterhand Sidney Colvin's, des langjährigen, intimen freundes, zur korrektur heranziehen müssen. Den menschen und den künstler wird man besser aus den werken selbst und vor allem aus dem reichen briefwechsel kennen lernen, von dem uns Sidney Colvin eine auswahl in zwei sammlungen (The Vailima Letters 1895 und The letters of R. L. Stevenson to his Family and Friends, 2 vols., 1899) zugänglich gemacht hat. Derselbe gelehrte hatte ursprünglich auch die veröffentlichung einer grossen, von der familie geplanten biographie übernommen, ist jedoch leider wegen zeitmangels zurückgetreten, um einem mitgliede der familie, Mr. Graham Balfour, platz zu machen.

Der litterarische standpunkt kommt besser zur geltung in Cornford's skizze, welche freilich für mein gefühl leider durch eine gesucht geistreiche, schönrednerische schreibweise, die allzu oft zur leeren phrase herabsinkt, entstellt wird. Dies macht sich schon in den einleitenden abschnitten über des dichters schottische heimat und seine familie fühlbar, mehr aber noch in den sechs kapiteln, die Stevenson als moralisten (echt englisch natürlich

1) Darüber ein eigenes, viel angefochtenes werk von Miss E. Blantyre Simpson, R. L. Stevenson's Edinburgh Days, London 1898. 5 s.

zuerst), künstler,

romantiker«, erzähler, landschaftler und

stilisten zu behandeln vorgeben, wo es dem verf. stellenweise mehr um schöne worte als um gedanken zu thun gewesen scheint. Anerkannt muss aber werden, dass der verf. bei aller sympathie für seinen helden nie die augen für seine schwächen und die grenzen seines talentes verschliesst. Auch fehlt es nicht an treffenden beobachtungen, wie die über den einfluss Lawrence Sterne's auf Stevenson's erstlings-reiseskizzen.

Ein zeichen der wertschätzung, die Stevenson bei den Engländern geniesst, ist die prächtige Edinburgh Edition', die von Sidney Colvin in 28 bänden 1894-98 herausgegeben ist. Eine kleine auswahl aus seinen prosaischen und poetischen schriften hat des dichters stiefsohn und mitarbeiter Lloyd Osbourne unter dem titel The Stevenson Reader zusammengestellt. Die treffliche stoffwahl, sowie die schöne ausstattung mit grossem, scharfem druck (Corpus) und 10 anregenden illustrationen bei niedrigem preise dürften den versuch, auch bei uns dies werk jüngeren schülern als lesebuch in die hand zu geben, wohl reichlich lohnen.

Wie man auch über Stevenson's dichterische fähigkeit urteilen mag, der neuphilologische lehrer hat allen grund, an Stevenson. dem essayisten und erzähler nicht vorüberzugehen, in dem England wohl mit recht einen seiner grössten stilisten verehrt.

Würzburg, April 1900.

Max Förster.

NEUE ROMANE.

Mrs. Alexander, Through Fire to Fortune. Tauchnitz Edition, vol. 3414. Leipzig 1900. Preis M. 1,60.

Frances Mary Peard, Donna Teresa. Desgl. vol. 3418. Preis M. 1,60.

Robert Hichens, The Slave. Desgl. vols. 3419 20. Pr. M. 3,20. Percy White, Mr. Bailey-Martin. Desgl. vol. 3421. Pr. M. 1,60. H. G. Wells, The Plattner Story and others. Desgl. vol. 3436.

Preis M. 1,60.

In einer spitzigen notiz zu Shakespeare's sonetten schlägt Franz Grillparzer (Werke XVI 158) vor, man sollte überhaupt diese sonette auf sich beruhen lassen. . . Man überlasse sie den litteratoren, deren straussenmagen alles verdaut.<< Die litteratoren werden es sich gerne gefallen lassen, dass ihnen ein dichter solche

dichtergaben zuweist. Trotz straussenmagen scheint ihnen aber anderes, wie viele der neuen erscheinungen des englischen romans bei Tauchnitz, unverdaulich. Schlechte romane könnten aber dem referenten willkommenen anlass bieten, um an ihnen die mängel der gattung darzulegen. Selbst das erschiene mir in diesem falle zu viel der ehre. Solchem balderdash gegenüber ist nur ein verfahren berechtigt ihn totzuschweigen. Percy White darf mit den übrigen nicht in einen topf geworfen werden, weil er höheres angestrebt hat, und H. G. Wells mit seinen phantastischen short stories, den kürzlich ein überschwenglicher lobredner als nachfolger Jules Verne's ausgab, hat in seinen noch phantastischeren romanen wenigstens proben eines gediegneren könnens abgelegt.

Wer von Mrs. Alexander, der rastlosen greisin, einen roman gelesen hat, kennt auch ihre andern. Nirgends ein individueller charakter, nirgends ein eigener gedanke. Was sie schildert, ist nicht aus dem vollen menschenleben aufgegriffen, sondern aus der belletristik herausdestilliert. Es sind nur second hand-abdrücke der wirklichkeit. Sie bedarf einer aussergewöhn lichen begebenheit, um die sie das gefüge ihrer handlung schichtet. Nicht die personen als solche reizen sie, nicht die freude an dem menschlichen charakter als solchem giebt ihr die feder in die hand, sondern sie geht von einem ausgefallenen fall aus. Diesmal ist es eine feuersbrunst. Kann sich jemand ungestraft für tot ausgeben und dann unter anderm namen das leben weiterführen? Nein, die vergangenheit ist nicht tot; plötzlich taucht Jack Staunton auf, der schon Cara Leigh die totgeglaubte leidenschaftlich geliebt hat und Miss Fitzalan, die von ganz London umschwärmte schauspielerin, nicht minder liebt. Der arme Jack macht in seiner wilden eifersucht einen mordanschlag auf einen bevorzugten nebenbuhler und wird als wahnsinniger eingesperrt; Cara aber heiratet Herbert Trevelyan, den Rastaquouère. So rächt sich das leben. Die gouvernanten scheinen für Mrs. Alexander die dankbarsten geschöpfe zu sein; der Rastaquouère ist eine lieblingsfigur der zeitgenössischen novellistik. Wer schenkt uns seine biographie?

Frances Mary Peard, von der die Tauchnitz-sammlung bereits 14 romane aufgenommen hat, wusste kein anderes thema zu finden als das von dem einen mann und den beiden schwestern, eine komplizierte variante des typus: ein mann und zwei frauen. Der Strassburger student Wolfgang Goethe schwankte so zwischen Emilie und Lucinde, den beiden töchtern seines tanzmeisters;

von Schiller und Grillparzer zu schweigen; Hermann Sudermann hat auf diesem konflikt seine novelle Ein Wunsch aufgebaut; George Paston hat in A fair Deceiver den geschichtsprofessor Anthony Travers in dieses doppelfeuer gerückt; und viele andere haben sich gewiss den ergiebigen stoff nicht entschlüpfen lassen. Walter Wilbraham liebt die kluge Donna Teresa, die junge witwe des Marchese di Sant' Eustachio, und verlobt sich mit Sylvia Brodrick, ihrer nichtssagenden, viel sprechenden schwester. So ist das leben. Sylvia aber merkt, dass ihr nicht sein herz gehört, und entlobt sich. So gefällig ist das leben nicht immer. Kurz darauf wird sie von einem rachsüchtigen Italiener erschossen. Aber Donna Teresa verzeiht Mr. Wilbraham nur, und er verlässt sie zur selbigen stunde. Nach der eigenen note hab ich vergeblich in dieser geschichte ausgeschaut.

Offenbar war es Robert Hichens darum in seinem über alle maassen weitschweifigen roman The Slave zu thun. Zwei bände, zusammen 619 seiten, braucht dieser verfasser; ein anderer hätte auf 19 seiten dasselbe erledigen können. Wer ist die sklavin, die den titel skrupellos mit Ludwig Fulda's ibsenschwangerem schauspiel teilt? Eine brillantensklavin, Lady Caryll Knox, deren wohl und wehe an einem smaragden hängt, die wegen dieses steins »von unschätzbarem wert< den ausgetrockneten früheren juwelenhändler Sir Reuben Allabruth heiratet und nach seinem tode einen verwegenen abenteurer Vernon Demetrius Esq., der ihr den smaragd vorher zu nachtschlafender zeit gestohlen hat. Aubrey Herrick ist der unentwegte liebhaber, der zweimal leer ausgeht, weil er nur seine liebe und keine diamanten zu bieten vermag. Was soll uns diese dem kolportage-roman ebenbürtige fabel? Der smaragd wird zu einem lebewesen erhoben, mit symbolischer bedeutung ausgestattet. I, 245 f. heisst es: >Juwelen können, wie wir wissen, tausenderlei geben - licht, farbe, glanz, vergnügen, qual, verzweiflung, neid, gier, eifersucht.. Angenommen, ein weib liebt einen juwel, kann der juwel in seiner härte, in seiner glitzernden starrheit diese liebe gänzlich zurückstossen?... Giesst das weib nicht einen teil seiner selbst in die tiefen des juwels, zieht sie nicht einen teil des juwels in sich selbst ein? Denn das gesetz der reciprocität beherrscht die welt und webt die taue, die das universum zusammenhalten. Hier haben wir den kern des buchs blossgelegt; musste er in eine schale von 619 seiten gehüllt werden? Sonst ist viel die rede

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