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ylda infolge eines wechsels der konstruktion nach dem sinn begreifen lassen und And. 57 f. passt mindestens ebenso gut in den zusammenhang als Juliane 233 b f., ja vielleicht noch besser. Dass der stil der Juliane durch den zusatz der variation einen anderen charakter erhält, ist freilich richtig, aber darauf kommt es zunächst für die verf. nicht an. Mit der betonung dieses gegensatzes springt sie unvermittelt auf ein anderes kriterium über, ohne auch nur den versuch einer konsequenten anwendung des ersten gemacht zu haben; während man nach allen vorhergehenden ausführungen eine genaue abwägung aller der mit andern gedichten übereinstimmenden stellen des Andreas unter dem gesichtspunkt der besseren einfügung in den zusammenhang erwartet, bricht verf. mit der kurzen anführung jener wenigen beispiele das zweite kapitel ab und wendet sich im dritten, s. 66—86, einer besprechung des stilistischen mittels der variation zu, das von verschiedenen dichtern in verschiedener weise verwendet wird.

Der gedankengang in diesem dritten kapitel ist ungefähr folgender. In den mustergültigen erzeugnissen der ae. litteratur (was ist mustergültig? eine einigung scheint auch für die ästhetische würdigung der ae. dichtungen noch in weiter ferne zu liegen; gerade über den poetischen wert des Andreas lauten ja die urteile so verschieden) wird die variation sinngemäss angewandt, d. h. die wichtigsten begriffe und gedanken werden in anderen worten wiederholt. Es zeigt sich dabei das bestreben, diese variationen so abwechslungsvoll als möglich zu gestalten; hat z. b. eine variation des ersten halbverses die form verb + nomen, so wird die des folgenden die umgekehrte anordnung zeigen u. s. w. Die variationen und schweren formeln finden ihren platz meistens im ersten halbvers; dies hängt zusammen mit dem deutlich warnehmbaren prinzip, neue gedanken oder sätze mit dem zweiten halbvers anfangen, satz- und versende nicht zusammenfallen zu lassen. Es ergiebt sich daraus für den vortrag die regel, dass der bau der sätze dem typus crescendo decrescendo entspricht.

Die auf niedrigerer künstlerischer stufe stehenden dichtungen weichen von diesen grundsätzen sehr oft ab. Zu den häufigsten fehlern sind zu rechnen der mangel einer variation, wodurch die auffassung eines schweren begriffs nicht genügend erleichtert wird; die zu grosse häufung von nominalen variationen direkt hintereinander; der häufige zusammenfall von satz- und versschluss;

die unterbringung neuer gedanken am ende des satzes; endlich die stolpernde, unebene ineinanderfügung der satzteile.

Auf eine diese punkte berücksichtigende, daneben aber auch das im zweiten kapitel behandelte kriterium verwertende prüfung der ersten 160 verse des Andreas begründet B. das urteil, dass der stil des Andreas schwerfällig, geschmacklos, eintönig, unbeholfen, uneben sei, d. h. alle jene fehler enthalte, von denen die guten erzeugnisse der ae, dichtkunst, unter ihnen die werke Cynewulf's, sich frei erweisen. Die verf. schliesst den ersten teil ihrer untersuchung eine kritik der übrigen teile des gedichtes, zu welcher sie das material vollständig gesammelt hat, soll später folgen mit dem satze: »Schon aus dem beendeten teil scheint mir mit sicherheit hervorzugehen, dass der And. nicht ein werk des dichters Cynewulf ist, denn es spricht nichts positives dafür, und es spricht vieles und wichtiges dagegen. Die parallelstellen, welche öfters als beweis für Cynewulf's autorschaft herangezogen wurden, sind, wie diese untersuchung zeigt, ein starker beweis für die gegenannahme; der stil, verglichen mit dem stil der echt Cynewulf'schen werke, zeigt mannigfaltige unterschiede, zugleich subtil und auffällig, und spricht für eine ganz andere dichterische individualität.<

Dass unterschiede im stil des Andreas und der Cynewulf'schen dichtungen bestehen, hat verf. unzweifelhaft nachgewiesen. Ihre argumentation wäre vielleicht noch überzeugender gewesen, wenn nicht hin und wieder die unparteilichkeit des verfahrens unter dem offenbaren bestreben gelitten hätte, am stil des Andreas nichts als unvollkommenheiten zu entdecken, die gleichen bei Cynewulf vorkommenden fehler aber abzuschwächen und nachsichtig zu entschuldigen, und wenn ferner die verf. den ganz bedeutenden und auffallenden übereinstimmungen mit Cynewulf'schen werken, namentlich Juliana (vielleicht auch Guthlac ?), eine gleich gründliche erörterung gewidmet hätte wie den abweichungen. Nach dem weiter oben gesagten halte ich aber diese keineswegs neue, nur im einzelnen besser gestützte feststellung der unterschiede im stil allein nicht für ausreichend, um damit einen negativen entscheid über die frage, ob der Andreas zu den Cynewulf'schen werken gezählt werden dürfe oder nicht, zu begründen. Dazu sind merkmale sprachlicher natur, wie die von Sievers, Beitr. 10, 483, gegebene konstatierung dialektischer unterschiede zwischen And, und Cynewulf, besser, vielleicht ausschliesslich geeignet. Für die geplante fortJ. Hoops, Englische Studien. 29. 1.

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setzung der untersuchung würde sich jedenfalls eine schärfere trennung der beiden von der verf. zur anwendung gebrachten kri terien und stärkere betonung des ersten empfehlen.

Basel, 16. April 1900.

Gustav Binz.

Andreas: The Legend of St. Andrew translated from the Old English by Robert Kilburn Root (Yale Studies in English, Albert S. Cook, editor. VII). New York, Henry Holt & Co., 1899. XIII, 58 ss. 8°. Preis $ 0,50.

Da der Andreas, der bisher nur in der wörtlichen und nicht immer zutreffenden, heute vergriffenen übersetzung von Kemble dem englischen publikum zugänglich war, nach Root's ansicht als eines der besten erzeugnisse der ae. dichtkunst besonders geeignet ist, zur ausbreitung des interesses für diese beizutragen, hat verf. eine neue übersetzung desselben unternommen. Wie verschiedene andere vor ihm so erachtet auch er den blankvers mit gelegentlicher anwendung des stabreimes als die passendste form für eine solche übertragung; die genaue nachahmung des allitterierenden versmasses verwirft er als ein für modernes empfinden ungeniessbares zwitterding, bei dem über der ängstlichen nachbildung der äusseren form des originals die künstlerische wirkung desselben völlig verloren zu gehen pflegt. Mit vollem recht vermeidet er deshalb auch die verwendung von ganz veralteten, dem nicht philologisch geschulten leser unverständlichen ausdrücken und wort zusammensetzungen. Das schliesst natürlich eine massvolle, schon zum charakter der poetischen sprache gegenüber der prosaischen gehörige aufnahme von archaismen nicht aus; fast selbstverständlich dient ihm als vorbild in dieser hinsicht das markige, edle englisch der bibel. Ueberall bestrebt, den sinn des originals möglichst getreu wiederzugeben, hat der verf. sich doch freiheiten erlaubt, wo ihm die lesbarkeit und verständlichkeit dies zu verlangen schien; er hat sich also nicht gescheut, eine passive konstruktion in eine active, ein zusammengesetztes adjektiv in einen ganzen satz zu verwandeln. Die meisten abweichungen im stil zeigt er bei der wiedergabe der variationen; eine genaue reproduktion des originals hätte auf den heutigen leser einen unruhigeren, zerrisseneren eindruck gemacht, als ihn der kenner des ae. bei der lecture der dichtung empfängt; durch auslassungen, umstellungen,

manchmal auch durch kleine zusätze von attributen oder adverbien hat er darum die darstellung etwas fliessender gestaltet, ohne jene eigentümlichkeit des ae. poetischen stiles ganz zu verwischen. Die übersetzung liest sich leicht und flüssig und zeichnet sich im ganzen auch durch zuverlässigkeit und korrektheit aus; stellen, an denen eigentliche übersetzungsfehler begangen sind, habe ich nur ganz wenige angetroffen; sie aufzuzählen, darf ich mir ersparen, da der wesentliche sinn auch dort meist nicht verfehlt ist und jeder kundige solche mängel leicht selbst verbessern kann.

Als grundlage der erneuerung hat die textgestalt in GreinWülkers Bibl. d. ags. poesie III gedient; doch wahrt sich ihren nicht ganz wenigen gebrechen gegenüber Root seine selbständigkeit, besonders in der interpunktion. Auch in der aufnahme von verbesserungen hat er sich mit nutzen der arbeiten von Sievers, Cosijn und anderen bedient, mit eigenen konjekturen dagegen ist er sehr zurückhaltend; die nennenswertesten sind v. 1035, wo er aus der Blickling Homilie die zahl 248 aufnimmt, und v. 1376f., wo er lesen will:

Hwæt me ĕade [mæg] ælmihtig God

nida [generian], se de in niedum iu.

Alle diese abweichungen von Wülker's text rechtfertigt R. in den dem text beigegebenen anmerkungen.

In einer der übersetzung vorausgeschickten kurzen einleitung orientiert der verf. über überlieferung, abfassung, quellen und poetischen wert des gedichtes, ohne neues zu der entscheidung der vielen an diese dinge sich anknüpfenden streitfragen beibringen zu wollen. Seine behauptung, dass der Andreas das beste der in der Verceller handschrift überlieferten gedichte sei, wird nicht überall ohne widerspruch hingenommen werden. Die bemerkungen über die frage nach der autorschaft des gedichtes sind dürftig und lassen die neuesten publikationen darüber von Trautmann, Brandl, Buttenwieser unberücksichtigt. Ebenso ist bei dem nachweis der quellen die notiz von Förster im Archiv f. d. st. n. spr. 91, 202 übersehen, deren kenntnis den verf. zu einer verbesserung des auf s. X über die lateinische übersetzung der Πράξεις Ανδρέου καὶ Ματθαίου gesagten veranlassen wird.

Basel, 16. April 1900.

Gustav Binz.

1. Johannes Halfmann, Das auf der Bibliothèque Nationale zu Paris befindliche manuskript der Canterbury Tales'. Kieler dissertation, 1898. 56 ss. 8°.

2. Chaucer's Prologue, The Knight's Tale, and the Nun's Priest's Tale, from Chaucer's Canterbury Tales. Edited, with an Introduction, Notes, and Glossary by Frank Jewett Mather, jr., Ph.D., Assistant Professor of English and the Romance Languages in Williams College. The Riverside Press, Cambridge (America). LXXIX + 143, 27 ss. 8°.

Wenn auch etwas verspätet, halte ich es doch für nützlich, ein paar bemerkungen über die erst bezeichnete schrift zu machen. Die Pariser handschrift der C. T. gehört freilich zu den schlechteren; da sie aber, wie Zupitza in den Specimens II gezeigt hat, in des Pardoner's Prologue und Tale wenigstens, zu derselben gruppe gehört wie die bekannte Harleian - hs. 7334, zu der ausserdem nur noch ein paar andere (Harl. 7335 und eines der demnächst im druck erscheinenden Ashburnham - mss.) in weiterer beziehung stehen, so könnten eingehendere mitteilungen über die obige hs. gelegentlich von interesse sein.

Nun zeigt sich aber die merkwürdige thatsache, soweit die ausführungen des verfassers hierüber zuverlässigen aufschluss geben, dass die Pariser hs. nur zum teil zur Har.-gruppe gehört, indem sowohl die anordnung der erzählungen, die freilich nicht vollständig überliefert sind, wie auch eine anzahl von lesarten in einigen partien (s. s. 27) sie bald der gruppe der Cambridger hs. hs., bald der des Ellesmere-ms., bald der durch das Corpus- und das Petworth-ms. repräsentierten näherzubringen scheinen.

Dieses unbestimmten ausdrucks bediene ich mich absichtlich, da ich bei der prüfung einzelner abschnitte in dieser dissertation eine solche anzahl von ungenauigkeiten in den dortigen angaben entdeckt habe, dass der wert der vorliegenden arbeit dadurch er heblich herabgesetzt wird. Ich beginne mit der Pardoner's Tale (s. 22 f. und s. 50 f.), da hier der vollständige abdruck der Pariser hs. in den von Zupitza edierten Specimens eine sichere kontrolle möglich macht.

Die in vv. 291 und 292 angeführten lesarten finden sich nicht, wie Halfmann angiebt, im Petw.-ms., dagegen im Lansd.; vv. 297 und 298 fehlen auch im Petw.-ms.

Von den für die beurteilung der handschriftenverhältnisse wichtigen stellen (s. Zup., 1. c. §§ 9 ff.) sind in der dissertation

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