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heit mehr, als eine Dichtung erweckt haben würde, hätte sie nur als Dichtung bestanden.

Chamber wird es mir wohl nicht verargen, wenn ich seinem Genie hier die Lobrede halte, obschon auf Kosten der Wahrheit seiner Erzählung.

Doch es ist Zeit, nachdem wir der Gärten - Schicks fale bis auf unsere Tage erdrtert, ihr dermaliges Geschick zu betrachten.

Hier sehen wir Landschafts- Gårten über ganz Europa verbreitet; in Typen belehrend mit Abbildungen viele Prachtwerke, als so viele Musterkarten von Gårten und der Meinungen, Vorschrift; finden die Menge bald staunen über das jeßige Machwerk, bald wählen erneuerten Vorschlag, bald ihn wieder verwerfen, und in Wahrheit, es deucht uns, daß abgerechnet einzelne Rúz gen die Mehrzahl, mit sich und den Gårten zufrieden, Besseres kaum noch erwarte.

Wir wollen nicht rechten mit der vielen Lehrmei: fter Regeln, System und Manieren; engherzig nicht angeben, wo der eine von dem andern abweiche, noch was jeder an den vorigen Faden gesponnen, ein neues Stückwerk. Laßt uns vielmehr von einem höhern Standpunkte der Gärten Bedeutung umschauen.

Was verlangt unser Zeitalter von Gårten dem Vergnügen bestimmt ?

Es verlangt bey dem Hange der Menschen zu den Schönheiten der Natur ihren Genuß. Dieses Verlangen haben, wie schon oben bemerkt wurde, Dichter und Weltweise ausgesprochen, und alle, die sich auf das Land begaben, und entfernte Natur Gegenden aufsuchten, mehr oder weniger durch ihr Beispiel und ihre Neigung zu erkennen gegeben.

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Die eigentliche Bedeutung der Gärten ist demnach, diesem Verlangen entsprechend, die Gelegenheit zum Genusse darzubieten.

Oder was sollen sie denn sonst vorstellen, diese Anlagen, so groß, so kostbar und von so allgemeiner Verbreitung ? Soll ihre Bedeutung Pracht, Ehrgeiz, Reichthum seyn? So weit, wie ich hoffe, über die Bedeutung einverstanden, fragt es sich weiter: ob der dermalige Standpunkt der Gärten dieser Bedeutung zusage, und welche Mittel, die wahre Absicht zu erreichen, angewandt wurden? Ich werde bei dieser Erörterung in lauten Tadel ausbrechen, und etwas weit ausholen müssen.

Die Garten Künstler werden wenig geneigt seyn, ihr Ohr einem solchen Zuspruche zu leihen; es gibt vie le, denen die Kunst nicht als ein hülfreicher Genius, sondern als ein böser Geist folgt, und die, wenn sie es auch einsehen, seiner doch nicht los werden können, ihn wohl gar als ihren Brodvater verehren; diese mdgen das alte Lied singen:

Lieber Herr und Meister,

Ach die Noth ist groß,
Die ich rief, die Geister,

Werd ich nimmer los.

Doch ich habe weder zu einer Lade geschworen, noch Geister citirt, und kann daher als einfältiger Laie von der Brust weg sprechen, wie es hier folgt.·

Die Natur selbst hat Natur - Gärten geschaffen, da gefällt es dem Menschen Geschlecht, da sind die Tagesund Jahreszeiten in Wonne getheilt.

In solche Gärten verseht, erkennt der Mensch dankbar der Schöpfung Geschenk, vollendet ist seine Umges

dung, and wie er in eingerichteter Wohnung nur einiges nach seinem Verlangen zurecht stellt, ist auch hier kleines Nachhelfen alles, was er anordnet; so lichtet er viels leicht Fußpfade durch's Dickicht, odër bahnt sich Wege zur Anfahrt, er eröffnet sich verborgene Aussicht, oder versteckt, will er verborgen nur leben, in der Einsamteit Schatten sich und seine Wohnung. Vielleicht sams melt er um sich herum auch Pflanzen anderer Gegend, wenn ihm der Pflanzenwelt ewiger Wechsel an Blüthen und Früchten gefällt.

Wehe dem Ganzen, wo er mehr unternimmt, oder es besser zu machen vermeint!

Aber wo die Natur ihre Anreizungen sparsam nur ausstreute, da ist menschlichen Hånden mehrere Nachhülfe erlaubt, eine solche Umgebung kann man als ein noch nicht vollendetes Gebäude betrachten, dem die Verkleidung und der Anwurf noch abgeht. Langweilige Leere zu füllen, wird hier dem entblößten Raume die gefällige Ausfüllung.

Wenn die Künste etwas, was zuvor nicht bestan den hat, hervor gehen lassen: aus Backsteinen die Baukunst Pallåste; die Bildhauerkunft aus Felsen geformte Gestalten; aus Farben die Malerey hingezaubertes Bildwerk, so sind das rein - menschliche 'Machwerke; — Ar3 tefakten, sie mögen nun die Natur nachahmen oder nicht.

Nicht so verhält sich's mit der Gegenden Nachhülfe; hier geht die Gegend nicht erst aus der Hand des Bildners hervor, sie wird nur verschönert und mannig faltiger, Ihr Charakter föll bleiben, so wie sie die Basis alles dessen ist, was auf ihr hervorgeht, und so wie Grund und Boden an sich keine Artefakten sind^,

so sind es auch die Zuthaten nicht, sondern wahre Brachftücke aus der Natur, z. B. Bäume und Wasser, Nas turgegenstånde, die nicht Bausteinen gleich, nach Regeln der Kunst in eine Ordnung sich stellen, sondern sich einschalten sollen, in die schon vorhandene Natur - Gegend. Daher darf auch, so sagen die Garten - Künstler ja selbst, die nachbildende Hand nirgends wo durchschauen, die Täuschung nicht fehlen, als wäre das Hingestellte ein natürliches Daseyn, und so besteht mithin dieses Vollbringen (sehr unrichtig nennt man das Kunst) gerade darin, nicht künstlich, sondern natürlich zu seyn.

Natürlich zu seyn? der Mensch? Ja; menschliches Wesen von geistiger Bildung faßt gleich einem Lichtmagnete der Schöpfung Schönheit in sein Inneres auf, und aus ihm leuchtet dann wieder ihr Abglanz in die vergessene Gegend.

Nehmen wir an, daß nicht solches Empfinden, daß uns die Kunst leite, eine Kunst, nicht denkbar ohne Regel und Vorschrift, was kann, was wird sie uns bieten? allem nach Vorschrift und Regel. *)

Wo sie besteht, da wird uns statt der Natur das jenige werden, was die Kunst dafür ausgibt. Bald wird sich ein After-Geschmack bilden, gemessen, eintő

") Ich verweise, um ein einziges Beispiel zu geben, was auch die Kuns mit unter für Regeln aufzustellen im Stande ist, auf ein Werk, was zu seiner Zeit Uüfsehen gemacht hat und großen Beyfall fand nemlich auf:

Les agremens de la campagne, ou remarques sur la construction des Maisons de Campagne, avec fig. 4. Leide 1750, Unter andern Regeln wird auch die nachfolgende gegeben :

Alle Landhäuser und Luftgärten müssen um angenehm zu zu seyn, mit Gräben, Mauern, Pallisäden und dergleichen um geben feyn!!!

nig und gleichförmig, indeß im Widerspruche mit ihm regellos ist die Natur, und unendlicher Mannigfaltig= keit fähig.

Nimmermehr wird sie, die Kunst, in ihr Wesen zergliedert, Natur seyn, so wenig als die Natur in ihre Elemente zerlegt eine Kunst ist.

Und wie wollt ihr wohl diese Kunst nennen? Natur- Kunst oder Kunst der Natur?

Also willst du ́(so hdre ich vorschnell mir einwens den) antasten den ausgebreiten Bund, den Kunst und Natur brüderlich am Altare des Schönen gestiftet ? Nein nur den einen Auswuchs will ich ausmerzen, denn anders verhält sich's mit dem Vollbringen anderer Kunstwerke, wo zwar die Natur nachahmend sich etwas aus den Künsten bildet, was aber nicht, selbst verkörpert, natürlich seyn kann, sondern nur idealisch, zum Beispiel, um dem obigen Gleichniß zu folgen, der Maler, er malt wohl auf Leinwand und Holz Landschaften, aber er bemalt nicht die Erde, und seine Bäume sind nicht wirkliche Bäume, sondern Farben, fie vorstellend.

Darin liegt des Unterschieds gewaltiger Abstand ; dieses Zaubern auf Leinwand, jenes Formen unförm lichen Steins, ist Kunst, mechanische Fertigkeit, die sich durch Regeln und Uebung erlernt und die der Geist felbst zu hoher Dichtung hinauf steigert: aber aus den Steinen werden nicht Menschen, aus den Leinwanden nicht Landschaften, es sind dies nur Schattenwerke nach der Natur; wenn ihr aber Gegenden verschönert und ausbildet, so gehen Natur - Gegenstände wirklich hervor, als Zuthat einer schon bestehenden Schöpfung.

Oder wollt ihr nach dieser gewichtigen Ausschei

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