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ben, so daß derjenige, welcher die Schriften der Skeptiker studirt hat und die verschiedene philosos phische Denkarten genau von einander zu unterschei den gewohnt ist, oft nicht anders als darüber erftaunen kann...

Die angeführten Umstände haben mich veranlaßt, die Geschichte des Skepticismus izt herauszugeben. Um aber meinen Zwek vollständiger zu erreichen habe ich philofophische Abhandlungen über den Skepticismus der Geschichte vorangeschikt.

Die Idee, diese Geschichte zu schreiben, ist bei mir nicht neu. Ich bin schon während meiner Universitätsjahre durch verschiedene Umstände und Zufälle auf dieselbe geleitet worden. Die erste philosophische Schriften, die ich las, waren im Geißte der leib nizisch - wolfischen Philosophie geschrieben. Sie vers gnügten meine junge Einbildungskraft, aber sie über. zeugten mich niemals gänzlich. Die Schriften des Sextus und Hume fielen mir bald darauf durch einen Zufall in die Hände und versezten mich auf eine Zeit lang in einen höchst peinlichen Zustand, indem sie mir Lehren bekannt machten, die mit meiner Ruhe

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und Sittlichkeit aufs engste verwoben waren. In dieser Lage war mein unerschütterlicher Glaube an die Tugend, den ich großentheils meiner Erziehung zu danken hatte, mein Anker, und der Glaube an Gott und Unsterblichkeit schien mir immer damit durch Bande zusammenzuhängen, die ich zwar nicht deuts lich sah, die aber auch die stärksten und gehäuftesten Zweifel nicht ganz bei mir zerreiffen konnten. Mein Interesse an skeptischen Schriften blieb und wurde durch den ungewöhnlichen Grad von Scharffinn und durch die ungeheure Masse von Kenntnissen, welche in vielen dieser Schriften vereinigt sind, nicht wenig gewährt. Dieß Intereffe und mein Wunsch, mir meinen moralischen Glauben deutlicher zu entwifeln und ihn fester zu gründen, hat mich für die damals erschienene Kantische Schriften vorzüglich eingenom men, indem ich in denselben viele meiner Zweifel gelöst und Vieles, was ich mir vorher bloß dunkel gedacht hatte, aufgeklärt fand. In dieser Gemüths, lage faßte ich den Entschluß, eine Geschichte des Skepticismus und psychologische Untersuchungen über ben skeptischen Gemüthszustand zu schreiben. Ich habe

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Habe mehrere Jahre hindurch zu diesem Zweke gelesen und gesammelt, beobachtet und nachgedacht. Reisen und mehrmals veränderte Lagen haben mich bisher verhindert, meinen Plan auszuführen, aber dagegen über Manches belehrt, was zur beffern Ausführung deffelben dienen konnie. Ich hatte übrigens in meis ner gegenwärtigen Lage, die mich meist zu Beschäftigungen anderer Art hinzieht, die Ausführung meines Plans schon ganz aufgegeben. Die neueste Geschichte der Philosophie erinnerte mich wieder an denselben und eine hinlängliche Anzahl von Nebens stunden, die mir mein Amt übrig ließ, samt den Schäzen der hiesigen Bibliothek sezten mich in den Stand, das Werk ist dem Publicum vorzulegen.

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Ich erfülle damit zugleich ein Versprechen, das ich in Rüksicht auf David Hume in meinen Ideen zur Kritik des Systems der chriftlichen Religion gethan habe.

Nach welchen Gesichtspuncten die Geschichte gearbeitet ist, bedarf hier nicht gesagt zu werden, da ich mich in der Schrift selbst darüber erklärt habe. Nur Folgendes muß ich hier noch bemerken. Der Haupt

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Hauptgesichtspunct ist die Geschichte des Skepticismus selbst, als einer Denkart, die mehr oder minderphilosophisch: seyn kann. Damit ist aber die Lite. rårgeschichte desselben, die Geschichte der. Skeptiker, jedoch mit Auswahl, die Geschichte der Widerlegungen des Skepticismus und auch hie und da der Urtheile und Meinungen über denselben verbunden worden. Nur auf diese Art konnte einer Geschichte, die so viele Grübeleien und Spizfündigkeiten umfassen mußte, daßErmü» dende und selbst Erschöpfende für den Leser genom. men werden, und nur auf diese Art konnte sie eine verhältnißmåsige Vollständigkeit erhalten. An vielen Stellen habe ich auch philosophische Reflexionen eingestreut und die Geschichte des Skepticismus in ih rer Verbindung mit der Geschichte der Philosophie zu zeigen gesucht. Wo ich nicht irre, so kann diese Geschichte zugleich als eine Geschichte der Lehre von den Gründen der menschlichen · Erkenntniß gelten.

Hie und da fürchte ich dunkel geworden zu seyn. Ich bitte die Lefer, die Schuld wenigstens nicht

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allein auf mich, sondern auch auf einen ungemein abstracten und subtilen Gegenstand zu schieben. Zus weilen habe ich angesehenen und von mir wahrhaft geschäzten, lebenden Schriftstellern widersprochen, aber durchaus nie aus einer andern Triebfeder, als aus Wahrheitsliebe, und sie können schon deswegen die fen Widerspruch nicht übel aufnehmen. Am Ende des Werks habe ich Manches kürzer abhandeln müsfen, als ich mir vorgesezt hatte. Die Zeit, die mein Amt von mir fordert und die nahe Messe haben mir aber eine weitläuftigere Ausführung nicht erlaubt.

Ich darf es gestehen, daß mich diese Schrift keine geringe Anstrengung gekostet hat. Ich habe beinahe überall aus den Quellen und ersten Hülfsa mitteln selbst geschöpft und bin eben deswegen zuweis len auf andere Resultate gekommen, als sich bei den jenigen Schriftstellern finden, welche einzelne Gegenstånde dieses Buchs schon bearbeitet hatten. Das Lesen der Skeptiker gewährt zwar manches geistige Vergnügen, es macht mit vielen Schriftstellern be kannt, die zu den überschauendsten, geistvollsten und kenntniß

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