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man sie denn nicht im Norden? Doch ich befinne mich, Freia und Ostera ist ja eins. Jene Vergleichungen seßen voraus: der Kalender und die Benennungen der Monate und Wochentage nach Gottheiten muß in der alleråltesten Periode geformt seyn, als die Ahnherren der Römer, Griechen, Skythen, Kelten, Skandinaven und Deutschen, noch friedlich eine Horde auf dem tartarischen Gebirg ausmachten, und dieser in der Kindheit des Menschen - Geschlechts von einem Jäger- und Hirten - Stamm ġemachte Kalender blieb unter allen Graden der Cultur derfelbe, ja diè Gottheit (allegorisiren aber die originalen Völker, oder ist dieß erst eine Erfindung der griechischen Stoiker?) der ersten Nomaden blieb in gleichem Ansehen, nur veränderte sich bey allen Völkern der Name. Die Deutschen und Römer hatten ferner denselben Kalender, beyde rechneten nach Wochen, benannten die Tage derselben nach den vorzüglichsten Göttern. Beyde wußten aber leider! hiervon nichts. Wenn denn nun freylich so viel Sand, Kohlen und Unrath in die Retorte kommt, so verlieren sich wohl die wenigen historischen Körner, und am Ende erhalten wir einen verglasten Klumpen.

Bey den Benennungen so mancher Berge und Hügel, die mit Oster anfangen, darf man oft gar nicht an die Ostra gedenken d). Kann der Berg,

d) *. B. gerade Osterode ám Harz, (f. Hönem a un

worauf das Osterfeuer brannte, von diesem nicht den Namen erhalten haben? Liegt bey vielen nicht etwa ein deutsches Wort zum Grunde, das uns bis jezt noch verlohren ist? e) Das Fest der Auferstehung Jesus hat zwar in Deutschland den Namen Ostern, aber deswegen ist dieses kein deutsches Wort. Ulphilas kannte es nicht, noch eine der andern Sprachen, die mit den Horden über den Rhein und die Donau gedrungen sind. Die Missionarien haben ihm das Bürgerrecht verschafft, die, von den brittischen Inseln aus, die ersten und gewissermaßen die einzigen Bekehrer der Deutschen waren, und ihre ReligionsVerfassung bestimmten ƒ). Oster ist eine keltische Gottheit, welche Hengists Gefolge schon in England

1. 14.) wo jener Schriftsteller den Hauptthron der Oftera errichtet, weil hier die Sage Bonifacius den Tempel derselben zerstören läßt.

e) z. B. ein Urwort mit Dift e.

f) Die deutsche Abstammung ist auch schon lange beftrite ten, z. B. Adelung. Aehnlichkeit in den skandinas vischen Sprachen entscheidet nichts; denn woher be kam der Nord die Kenntniß des christlichen Ofterfeßtes ? Der gemeine Mann nennt die Eyer, mit denen am ersten Ostertage gespielt wird, nicht Ofters sondern Wasch: Eyer; Pass - Eyer. Vielleicht waren sie eine jährliche Abgabe der Leibeigenen, die sich darauf bezic hen könnte, daß um Ostern einst das Jahr begann. Haben wir nicht Pfingft- Käse, Martins « Gånse, Faßnacht - Hennen ?

antraf g); wenn nicht diese Göttinn einzig aus Etymologifir- Lust Bedaß entstanden ist, dafür spricht aller Anschein. „Da man fie für die Vorstellung des Mondes hielt, so hat man viel zusammen getragen von heiligen Hörnern, die zu seinem Dienst gebraucht seyen; eine herrliche Entdeckung, da bey Ostergegens den Hörner - Benennungen sich in der Nähe fanden. Aber diese Benennung ist von der Gestalt der Gegend, nicht von der heiligen Bundeslade genommen, worin etwa die Hörner aufgehoben seyn sollen. Horn heißt eine in die Spitze auslaufende schmale Strecke eines Waldes, es mag hoch oder niedrig seyn, welche zu beyden Seiten mit Acker oder Wiesen umgeben ist.« Dieß wird dadurch noch mehr bestätigt, daß wir auch kleine Hörner (Hornings) haben. Der Grund dieser

g) Man hat Ostera von dem galischen Aft hergeleitet. Hierauf erwiedert jener Schriftsteller, dieß habe nicht, Aehnlichkeit genug mit Oftera, Håtte er, der so trefs fende Vergleichungen machte, doch an das englische Easter gedacht, an das Land, worin wir allein diesen Namen finden. Die Göttinn Rheda zeigt, daß man eine solche Meinung mit allem Fug haben kann. Denn diese wird doch Niemand nach Deutschland verpflanzen, und etwa mit Lezners Phantasien - Bild Reto in Verbindung fehen. Flügge führt Büllet mémoi"res sur la langue celtique an, welcher Oftera aus dem Galischen herleitet von n'eu (nouveau.) Ich weiß recht gut, wie wenig Glauben Büllet verdient, und gern überlasse ich es größern Sprachforschern, ob er hier richtig vermuthet habe.

Meinung fällt auch sogleich dahin, wenn die Ostera

nicht der Mond ist.

Noch weniger steht mit der Ostera das Osterfeuer in Verbindung. Dieß ist gleich dem Johannisfeuer b) ein Ueberbleibsel, daß hier einst die erste Nacht des Jahres begann. Ursprünglich feyerten die Deutschen wie (fast) alle Völker den Jähres - Anfang im Frühling, wahrscheinlich am ersten Mai; vielleicht war auch des Jahres Anfang verschieden. Als dem Süddeutschen die Heu- oder Kornårnte wichtiger wurde, ward er dahin verlegt; wenn er nicht etwa den Galen nachahmte. Die Franken bekamen in Gallien einen frühern Frühling, und daher bestimmten sie den Jahres-Anfang, zusammt der Volks-Versammlung, auf den ersten März; was Pipin, der die Friesen sich unterworfen hatte, und aus den ungewiß tributairen ́ Sachsen wohl bald eine Provinz zu

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́machen hoffte, wieder auf den ersten May fest sezte. Aber nun kam durch den Abt Dionys von Monte Cassino und Beda die Rechnung nach der Geburt Christi in die Welt, die uns wieder zwey neue Jahrs. Anfänge gab: den 25. December nämlich, als den wirklichen Geburtstag, und den 25. März, als den Tag, wo Christus eigentlich zuerst ins Fleisch_kam. Welche von beyden Rechnungen gestegt habe, läßt

h) Anton Geschichte der teutschen Nation 1. p. 85.

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sich nicht bestimmen, sie laufen beyde, gleich stark gebraucht, neben einander fort; (zum Theil bis ans Ende des 17. Jahrhunderts und långer) bis beyde der römische Kalender verdrängte.

Pipins Anstalten vermochten nicht das Andenken des Jahres- Anfangs am ersten May zu erhalten; in der Kavalkade der Walpurgis - Nacht ist noch eine Spur dieser Rechnung. Der Jahres-Anfang schwankte nun in Deutschland zwischen dem 25. März und Ostern. Auf dieses zweyte große Fest der allgemeinen Kirche hatten ein Theil der Franken, die Belgen und die Helvetier ihren Jahres-Anfang übergetragen. Wie oft kam er auch dem neuen Anfange (25. März) so nahe, daß man wohl beyde Feste vereinigen konnte. Hiezu kommt die Politik der ersten christlichen Miffionarien und Priester, heidnische Feste und Gewohn heiten mit christlichen zu verknüpfen, heidnische Tempel in christliche Kirchen umzuschaffen. Hieraus ist es erklärlich, wie das Neujahrsfest auf Oßtern verlegt werden konnte. Ward es doch auch in Süddeutschland mit dem Johannisfest verbunden, und wie, gleich war damit der Gang der flavischen NeujahrsFeyerlichkeiten! ) Natürlich, daß auf das neue Fest die Feyerlichkeiten des alten übertragen wurden. Und darum lodern denn am Abend des ersten Ostertages

i) Anton Grundlinien der slav. Geschichte. 1, 70.

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