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gleich andern Völkern, keinen Gott; so wähnte nur der Römer. Es ist allgemeine Gewohnheit der Völker, wenn ihre Religions-Ideen noch nicht ausgebildet sind, kein Dichter noch diesen Stoff bearbeitet hat, und keine fremden heterogenen Lehren die Originalität verdrängt haben, in ihrer zweyten oder dritten Periode, unter dem Stammvater sich ein recht dummes Geschöpf vorzustellen, das zum Stichblatt ihres Wißes dient! So der Ahnherr der Juden, von welchem ich diese Behauptung ja wohl nicht zu analysiren brauche ; auch Noach ist lächerlich dargestellt. Die griechischen Mythen sind zu ausgebildet auf uns gekommen, die italianischen kennen wir nicht, um etwas davon zu fagen; jene Idee blickt aber doch beständig durch, und als man den Stammvater vergaß, hat man sie in reicher Maaße auf die Våter der Götter überge tragen. Man denke an den dummen Saturn, der einen Kiesel für ein zartes Kind hält. Es würde wohl zu weitläuftig seyn diese Behauptung vollkom men durchzuführen; ich verweise nur noch auf das, was Steller von den Kamtschädalen, Römer, von den Negern erzählen. Die Völker sehen also in ihrem ersten Stammvater nichts weniger als einen Gott ; und warum sollte es bey den Deutschen anders gewesen seyn? Der höher gestiegene Römer aber, der jede wichtige Person des Alterthums in eine Art Gott umschaft, der hat andere Begriffe.

Die Genealogie, welche beyin Tacitus folgt, mag mit den alten Gesängen ganz übereinstimmend seyn; denn die rohen Völker bleiben nicht beym Stammvater stehen, sie führen sein Geschlecht noch um einen Grad weiter, dessen nächste Generation kennen sie noch (z. B. Noach nnd Sem, Ham und Japhet); aber damit hört alle Bekanntschaft auf, `bis, unter größerer Cultur, es einem müßigen Genealogisten einfällt, die Lücke bis auf seine Zeit auszufüllen. So wenig die Völker im Stammvater einen Gott sehen, so geschieht es noch weniger bey den Söhnen. Es wird also nicht einmal nöthig seyn aus der Natur des deutschen Gottesdienstes die Unrichtigkeit der Behauptungen Tacitus zu zeigen. Lächerlich ist es, dem Thuist seinen Plaß unter den vermeinten Gottheiten nach der Benennung der Tage anzuweisen, unerwie sen, daß wir unsere Namen von ihm hätten; denn das ist ungermanisch d). Kein Volk dieses großen Stammes benannte sich von einem Gott und fie

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d) Ja wohl noch mehr. Wenn man es für „, Tbør heit hält, nur zu glauben, daß Rom vom Ros mulus benennt worden sey, wenn es wahr ist, daß man felten Völker findet, die sich von einer Person benennen;" warum wollen wir denn nun gerade Thoren seyn und es bey den Deutschen annehmen. (Vergl. Schlözer in der allg. Weltgesch. 31. (13) p. 108. f. 8. 1. II.)` Leben wir noch in den Zeiten, wo Frankus, Celtus, Torgus herrschen?

konnten es bey ihrem Fetisch-Gottesdienst auch nicht: von Bünden sehr viele; und daher auch unser VolksName. Wir sind Deutsche, Verbündete e), keine Teutschen. Wann diese Benennung aufgekommen, ist unbekannt, wahrscheinlich früh durch) die Wohner unter dem nördlichen Himmel; vielleicht kam er schon beym allerersten Verein hervor; schon Pytheas fand Teutonen an der Oftfee (vor Chriftus etwa 350,) die mit dem Bernstein einen Zwischen handel trieben; vielleicht in der größern Allgemeinheit erst, als die Schweifen zn mächtig wurden. Sind wir doch alle Allemands und buhlt L'Allemagna mit la Germania um den Vorzug.”

Und diese Entstehung in Nörden ist ein Beweis mehr, daß wir Deutsche find, denn der Oberdeutsche hat den weichen Laut des Niedersachsen fast immer gehärtet. Es wird also bey dem` ganzen Streit darauf ankommen, ob wir uns so schreiben wollen, wie wir ursprünglich uns nannten, und alle wie Norddeutsche

e) Von Deuten verbinden, jungere, fociare, theodan angelsächsisch; daher noch unser Dugen; das her deot Volk, wie wir es doch wohl lieber mit Kero schreiben werden, als theod mit den Angelsachsen, oder Thiud mit Ulphilas; dahin ist auch Thy thie zu rechnen, der Versammlungsplaß; Gedüdde turba plebis aut hominum; niedersächs sisch, Dutten, ein ganzer Knaul Sachen; und dahin gehören auch die Teutonen, d. h. jeder Völkers bund.

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es bis auf diese Zeit beybehalten haben, oder ob wir lieber dem hårtern Laut folgen wollen, den die freylich siegende Oberdeutsche Sprache angenommen hat.

Merkur.

Mars.

„Unter allen Göttern verehren die Deutschen vorzüglich den Merkur, dem sie an bestimmten Tagen felbst Menschen - Opfer zu bringen für Recht halten; den Herkules ́und Mars versöhnen sie mit erlaubten Thieren f)." An einer andern Stelle g) nennt Taeitus Mars den höchsten Gott der Deutschen; welches ist nun das Richtigere? Daß jene Behauptung in eis nem einzig mit Deutschland beschäftigten Werke sich findet, entscheidet die Sache nicht, sondern welches Werk zuletzt geschrieben, denn Tacitus kann ja bessere Nachrichten erhalten haben, und das ist wohl die Germania nicht. Die Nachricht von Merkur ist aus Cåfar genommen b), der dieses von den Galen ers zählt, und Tacitus hat die Menschen - Opfer gleich hinzugefeßt, welche vom Cåsar schon früher i), und ohne Bezug auf eine bestimmte Gottheit, erwähnt

f) Germ. 9.

g) Hift. IV. 64. Daher auch in Annal. 13, 57. Mars,

dem Merkur vorhergeht.

b) B. G. VI, 17, deûm maxime Mercurium colunt, ¿) c. XVI,

werden; nur dem höchsten Gott gebühren die größten Opfer. Ganze deutsche Völkerschaften hatten in Gallien sich niedergelassen, und nun auch wohl die galischen und römischen Glaubenslehren und Götter angenommen. Hier konnte Merkur verehrt werden, hier hatte in der berühmten Colonia Agrippina Mars seinen glorreichen Tempel, den selbst die Kaiser von Rom aus ehrten k). Diese Völkerschaften nahm Tacitus, (wenn er nicht Galen und Germanen 1) geradezu verwechselte, und was von dem einen Volke gefagt wurde, auf das andere übertrug,) noch als Deutsche an, und was er bey ihnen fand, sollte auch noch im Vaterlande derselben gelten. Wenn auch das nicht wäre, wer kann es Tacitus verdenken, wenn er galische Gebräuche und galischen Gottesdienst in Deutschland fand, Saßen nicht galische Stämme am rechten Rhein- Ufer, und glaubte nicht Tacitus noch mehrere anzutreffen, und kann man ihm den Schluß verargen: was zu einem Volke gehört,

k) Suetonius. Vitellius X.:,, pugionem, quo Otho se occiderat in Agrippinenfem coloniam mifit, Marti dedicandum.

#) Wie das damals so leicht geschehen konnte, und wohl in allen Werken, welche er excerpirte, geschehen war die beyde Völker unter dem vielsagenden Namen der Kelten begriffen. Die Römer haben dieß gern verwech, felt. Livius nennt XXI, XXXVIII. gewiffé Alpens bewohner Semigermani,

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