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der

vornehmsten Dichter

aller Nationen;

neb st

kritischen und historischen Abhandlungen

über Gegenstände der schönen Künste und Wissenschaften

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Ueber die

Poesie der Alten und Neuern ).

D

ie Untersuchung über die Verschiedenheiten, die zwischen den åltern und neuern Dichtern obwalten, ist, wie die mit ihr zusammenhängende Frage über die Vorzüge und den Werth beyder, feit der Wiederherstellung der Wissenschaften mehrmahls erneuert und obgleich gewöhnlich zum Vortheil der ersten, doch nicht immer nach denselben Ansichten entschie ben worden. Daß für die Erforschung und Fest fegung der eigenthümlichen Merkmahle beyder weder die besondere Stimmung der Urtheilenden, noch die Richtung des Volkes, unter welchem geurtheilt wur. de, gleichgültig seyn konnte, leuchtet von selbst ein; den größten Einfluß in die immer von neuem aufge. nommene und immer anders gelöste Aufgabe haben jedoch unstreitig die verbesserten Einsichten in das

a) Ein Versuch, den Artikel die Alten in Sulzers Theorie, nach den belehrenden Untersuchungen unserer Philofophen, zu berichtigen und zu ergänzen.

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Wesen der Poefte und das tiefere Eindringen in den Geist des Alterthums selbst gehabt. Indem die Kritik jenes gründlicher erörterte und dieses schärfer auffaßte, steg fie zu immer allgemeinern Begriffen und Urtheilen empor und vertauschte jedesmahl den niedrigern Standpunkt mit einem höhern. Die Bestäti gung hiervon liefert besonders die Geschichte unserer Litteratur. Ohne daß wir in jene berüchtigten Streis tigkeiten, wem im Gebiethe der Dichtkunft der Vor rang gebühre, eingegangen sind, haben wir doch nicht unterlassen, die Alten und Neuen, bald einzeln bald im Ganzen, sorgfältig zu vergleichen und uns all. måhlig von beschränkten Aussichten zu weitern und befriedigendern zu erheben. Drey Gesichtspunkte find es hauptsächlich, von denen, wenn wir einzig bey dem Wesentlichen der Untersuchung stehen bleis ben, die Würdigung des poetischen Alterthums unter uns ausgegangen ist. Sie empfehlen sich der Aufmerksamkeit um so mehr, da sie die bedeutendsten von allen sind und die vielfachen Seiten des Gegen standes sich in ihnen am bestimmtesten und deutlich. ften offenbaren.

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Der erfte, den man auffaßte (man könnte ihn den ästhetisch technischen nennen), war der niedrig fte unter allen. Wenn ein Volk, dessen Litteratur `im Aufblühen begriffen ist, sich zu den Geisteswerken

ber Alten wendet, um aus ihnen zu lernen und fich nach ihnen zu bilden, so wird es gewöhnlich von kei ~nen Schönheiten lebhafter gerührt, noch von den Vollkommenheiten irgend einer Art stårker zur Nach. ahmung aufgefodert, als von denen, die sich auf das Geschmacksvermögen beziehn. Wahre und lebendige Schilderungen, eine vollendete poetische Sprache, ein Vers, der sich leicht und gefällig bewegt, eine glück. liche Anordnung und Verbindung der einzelnen Theis le zu einem Ganzen, mit einem Worte, alles, was fich nach der Idee der Zweckmäßigkeit beurtheilen und gewisser Maßen in Regeln fassen läßt, wird dann in den Schriften der Vorzeit am ersten aufgefunden, bewundert und nachgeahmt. Man glaubt das Vers dienst der Griechen und Römer erkannt und den gan. jen Unterschied zwischen ihnen und den Römern ents deckt zu haben, wenn man jene Vorzüge empfindet und sie als das schöne Eigenthum des Alterthums auszeichnet. Die Behauptungen, auf welche die Kunstrichter Italiens und Frankreichs ihr Urtheil über den Werth und Unwerth der Alten stüßten, die Vorwürfe, mit welchen die eine Partey sie angriff und die Vertheidigungen, welche die andre ihr entge genfeßte, betrafen fast alle die Regelmäßigkeit der Zusammensetzung, die Wahrheit und Würde des Ausdrucks, die Wahl und Anmuth der Bilder und die Richtigkeit und Schicklichkeit der Vergleichungen,

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