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teine Rücksichten beachtenden, Vortrage der öffentli chen Redner, und in der Zügellosigkeit der Feste, an denen man die Schauspiele aufführte, zu suchen sey. Aber erinnern darf ich, da Vergleichungen so viel zur Erläuterung bentragen, an das, was unter uns geschehen ist und noch täglich geschieht. Die Waldmånner, ein Stück, das der Religion und den guten Sitten in feiner Art so sehr Hohn spricht, wie irgend ein aristophanisches, ist bekanntlich, vor noch nicht vielen Jahren, in einer echt katholischen Stadt mehr. mahls, und immer mit Beyfall, gegeben worden, und noch heute erscheinen vor unsern Augen der Spiegel von Arkadien, in welchem die Menschen aus Kürbissen hervorwachsen, der Teufelsstein auf Mödlingen, in dem Håhne und Hühner sich lustig im Tanze schwingen und der Knappe auf einem Båren durch die Luft reitet, und ähnliche scenische Seltenheiten, die, von Seiten der Anlage und Zusammenseßung, eben

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par tout les genres de faleté qu'il s'eft permis pour exciter le rire, -La comédie fut licencieufe en France jusqu'au règne de Louis XIII; elle le fut dans la Rome moderne, quoique elle eût pour spectateurs le pape et les cardinaux; elle le fut en Espagne malgré les rigueurs de l'inquifition. Montfleury, Poiffon et d'autres affenfent aujourd'hui l'oreille de Français qui ont changé la surface de leurs moeurs fans les epurer, et la pudeur ne fe trouve pas même affez ménagée dans Molière. Aehnliche Bemerkuns gen biethet auch unsere Sittengeschichte dar.

so ungereimt, nur leider! in der Ausführung bey weitem nicht so wißig sind, als die Versuche des Aristophanes. Sollten wohl solche dramatische Er. zeugnisse, an deren Daseyn unsre feinen Weltleute und gebildeten Stände einen so lebhaften Antheil nehmen, uns zu irgend einer Erhebung über das atheniensische Publicum berechtigen, oder es einen Augenblick zweifelhaft lassen, welcher von beyden Gattungen der Vorzug gebühre, ob der oft ungesitte, ten, aber bedeutungsreichen und wißigen Posse des -Griechen, oder unserer verschämten, aber nüchternen und nur nårrischen Oper?

Die Vergleichung, die ich gewagt habe, enthält zugleich, der Hauptsache nach, meine Ansicht der Dramen des Aristophanes und mein Urtheil über den Werth ihres Verfassers. Aristophanes hat mehr, als irgend ein Dichter, unter dem Einflusse seiner Zeit und der Natur, die ihn umgab, gestanden. Ein angebornes Talent, das Lächerliche überall wahrzunehmen, und ein Wiß, der ihm jederzeit zu Gebothe stand, bestimmte ihn unstreitig für die Laufbahn, welche er einschlug, und die Menschen, unter denen er lebte, ließen es ihm nie an Stoff, beydes zu üben, fehlen. Da aber die Sitten seines Zeitalters bereits in hohem Grade verderbt waren, er selbst sich den äußern Eindrücken unbedingt und unbesorgt hingab und die politischen Verhältnisse ihm nicht den mindesten

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Zwang auflegten, so ist es ihm gegangen, wie allen naiven Dichtern, die, anstatt über ihre Gegenstånde zu herrschen, sich von ihnen beherrschen lassen. Er hat über dem Materiellen das Formelle verabsäumet; er hat nicht selten Rohheit für Kraft und Plattheit für Witz genommen; er hat, indem er das Laster verächtlich darzustellen bemüht gewesen ist, sich selbst verächtlich gemacht. Wäre er, bey der ihm eigenen Fülle von Spott und Laune, auf eine weniger gemeine Natur gestoßen, oder hätte er sein ausschweifendes Genie beffer zu zügeln und von innen heraus das Leben außer sich zu verschönern und zu veredeln gewußt, so würde er nicht in einigen Theilen widrig und in andern erträglich, sondern durchgehends vortrefflich seyn und seine Dramen in die Classe wahrer Luftspiele, nicht in die Reihe satirischer Poffenspiele treten.

John Milton.

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Sebohren zu London d. 9. December 1608, nimmt seit 1641 Antheil an den politischen und theologischen Streitigkeiten seines Vaterlandes, und bekleidet unter Cromwell's Proteks torat die Stelle eines Sekretairs der auswärtigen Angeles genheiten. Nach-Wiederherstellung des Königthums lebt er, in der allgemeinen Amnestie begriffen, in der Einsamkeit und stirbt d. 10. November 1674 in einem Alter von sechs und sechzig Jahren a).

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Unter

nter der langen und glänzenden Regierung der Königinn Elisabeth hatten sich alle Kräfte der rüftigen Britten geregt. Das Gefühl einer größern

@) Ueber Milton's Leben und Schicksale f. Thomas Newton's Life of J. Milton vor dessen Ausgabe seiner Werke London. 1757. 3 Bände. 8. — Samuel Johns fon's Lives of the most eminent english poets. T, 1. — und William Hailey's Life of J. Milton, London 1795, (Bafil. 1799. 8.) Das leştere kann als eine kritische Revision aller vorhergehenden Biographien unsers Dichters angesehen werden, ganz vorzüglich aber ist sie Johnson's schneidenden, oft bittern und bisweilen unbilligen Bemerkungen entgegengesett.

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Freyheit nach mannichfaltigen Bedrückungen, der durch den blühenden Handel vermehrte Wohlstand, das durch Verdienst und Glück befestigte Ansehn im Auslande, alles dieses hatte den Geist der Nation erhöht und belebt. Die Künfte tricben aus dem frischen Keime mächtig empor und veredelten den frohen und heitern Genuß des Lebens. England schien fast zu gleicher Zeit mit den Völkern des füdlichen Europa von der Liebe zur Dichtkunst begeistert, und suchte wie diese neuz und eigenthümliche Wege zu ihrem Heiligthume auf. Aber die Fackel, welche Shakespeare angezündet hatte, leuchtete dem nächsten Zeitalter nicht. Die zügellosen Leidenschaften, welche das doppelte Uebel politischer und religiöfer Håndel erzeugte, drångten die heitre Kunst aus dem Leben zurück, oder nöthigten ihr die entehrenden Zeichen des Partheygeistes auf. Auch Milton's Genie, das sich in dieser düstern Zeit erhob, entging dem Einflusse der Umstände nicht, sondern, einem leuchtenden Meteore vergleichbar, durchbricht es zuweilen den umhüllenden Nebel mit seinem wunderbaren Glanze, wird aber noch öftrer durch denselben getrübt und seiner Strahlen beraubt. In dem größten und vollkommensten seiner Werke spiegelt sich der Charakter seiner Zeit und fein eigner unverkennbar, denn beyde waren so innig verschmolzen, daß Milton als ein vollgültiger Repräsentant deffen, was

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