Page images
PDF
EPUB

MISCELLEN.

I.

ZU EINER STELLE VON LONGFELLOW'S »TALES OF

A WAYSIDE INN«.

Bd. II s. 103 ff. meiner ausgabe heisst es:

And here the controversy closed

Abruptly, ere 't was well begun.
For the Sicilian interposed

With, "Lordlings, listen, every one

That listen may, unto a tale

That's merrier than the nightingale.

[ocr errors]

Ich habe dazu angemerkt, dass dies mit nur geringen veränderungen die einleitenden verse von Bevis von Hampton" seien, und dass Longfellow diese stelle bereits in der vorbemerkung zu Outre-Mer zweimal citirt habe.

Ein fachgenosse wünscht zu wissen, ob die entlehnung dieser verse aus dem angeführten me. gedichte ganz sicher sei und woher Longfellow seine kenntniss desselben habe.

Turnbull's ausgabe kann er nicht benutzt haben, denn Outre-Mer erschien bereits 1835, während Turnbull's buch erst 1838 veröffentlicht wurde. Man könnte also versucht sein anzunehmen, dass Longfellow eine der hss. oder einen der alten drucke benutzt habe. Dem ist jedoch nicht so.

In Outre-Mer lauten die verse:

Lordynges, lystnith to my tale,

That is meryer than the nightingale.

Das ist der anfang des Bevis nach der hs. des Caius College. 1 Doch hat Longfellow die verse nicht aus der hs. selbst, sondern aus Hartshorne's be schreibung desselben in der einleitung s. X seiner Ancient Metrical Tales entnommen, wo sie sich buchstäblich so wie in Outre-Mer finden.

Aus derselben quelle stammen auch mehrere andere citate in Outre-Mer. Die vorbemerkung beginnt nach einigen versen aus The Four Ps mit: Lystenyth, ye godely gentylmen, and all that ben hereyn! Dies ist der anfang der erzählung

1 Doch steht dort lordyngis und me (statt my). Vgl. Kölbing's ausgabe.

The Merchant and his Son (ed. Hazlitt, Remains I 132 ff.). Longfellow entnahm die verse aus Hartshorne s. XXI.

In derselben vorbemerkung steht:

Off talys, and tryfulles, many man tellys;

Sume byn trew, and sume byn ellis;

A man may dryfe forthe the day that long tyme dwellis
Wyth harpyng, and pipyng, and other mery spellis,

Wyth yle, and wyth game.

Dies ist der anfang von The Tale of the Bas yn (Hartshorne 198 ff.).
Später lesen wir in Outre-Mer :

Lystyn Lordyngs to my tale,

And ye shall here of one story,

Is better than any wyne or ale,

That ever was made in this cuntry.

Und darunter steht als quelle: Ancient Metrical Romance. Longfellow hat auch diese Romance nicht selbst gekannt. Es ist auch gar keine romanze, sondern eine Marien - klage in der schon erwähnten Caius College-hs.; vgl. Hartshorne s. XIV.

Noch später findet sich in Outre-Mer:

In somer, when the shawes be sheyn.

And leves be large and long,

Hit is full mery in feyre foreste,
To here the foulys song;

To se the dere draw to the dale
And leve the hilles hee,

And shadow hem in the leves grene

Vnder the grene wode tre.

Ist der anfang einer Robin Hood-ballade (Hartshorne 179 ff.).

Erlangen, Oktober 1892.

H. Varnhagen.

KLEINE BEMERKUNGEN ZU NEUENGLISCHEN DICHTERN. 1

IV. Zu Longfellow's Tales of a Wayside Inn.

1) Prelude 195 ff. (Varnhagen's ausg., bd. I, s. 11).

His garments breathed a spicy scent

Of cinnamon and sandal blent,

Like the soft aromatic gales

That meet the mariner, who sails

Through the Moluccas, and the seas

That wash the shores of Celebes.

Bei diesem vergleiche hat L. wohl eine stelle aus Milton's Paradise Lost,

IV. 156 ff. vorgeschwebt:

now gentle gales.

Fanning their odorifrous wings, dispense

Native perfumes, and whisper whence they stole

1 Vgl. bd. XVII p. 318 ff.

Those balmy spoils. As when to them who sail
Beyond the cape of Hope, and now are past
Mozambique, off at sea north-east winds blow
Sabean odours from the the spicy shore

Of Araby the Blest.

Wenn er statt Arabien die „Gewürzinseln" setzte, so trug er wohl dem umstande rechnung, dass die „perfumes of Arabic" (s. Shakespeare, Macbeth V. 1, 57) in neuerer zeit mehr in vergessenheit gerathen waren.

2) The Falcon of Ser Federigo V. 23 f. (Varnhagen I. 29)

His only forester and only guest

His falcon faithful to him

Varnhagen bemerkt zu forester: „So wird der falke wohl mit rücksicht darauf genannt, dass er seinem herrn behülflich ist, die bäume von schädlichen vögeln zu säubern." Nun ist es aber auch die aufgabe des försters, die herrschaftliche tafel mit wild zu versehen. Ich glaube daher, dass forester hier in demselben sinne wie purveyor v. 30 zu fassen ist. Auf diese erklärung führt auch schon die gegenüberstellung von forester und guest: der falke liefert allein jagdbeute für den tisch des herrn und theilt als einziger gast sein mahl.

3) King Robert of Sicily V. 145 (Varnhagen I, 47).

His cloak of fox-tails. Da der fuchsschwanz zu den attributen des narren gehört (s. Götzinger's Reallexikon der deutschen alterthümer unter narren), so finde ich es nicht auffällig, dass das gewand des in einen narren verwandelten königs mit fuchsschwänzen besetzt ist.

V. 33.

4) The Birds of Killingworth (Varnhagen I, 121 f.),
And a town-meeting was convened straightway
To set a price upon the guilty heads

Of these marauders, who, in lieu of pay,

Levied black-mail upon the garden beds

And cornfields, and beheld without dismay

The awful scarecrow. with his fluttering shreds;

The skeleton that waited at their feast,

Whereby their sinful pleasure was increased.

Varnhagen bemerkt s. 123: „The skeleton: ist apposition zu scarecrow. Die vogelscheuche stand wie ein kellner bei dem festmahle der vögel.“ Ich glaube, dass hier to wait die allerdings seltene, aber aus Shakespeare und in Webster's Dictionary auch aus Dryden belegte bedeutung ,,to attend on, zugegen sein" hat. Die stelle enthält nämlich m. a. eine anspielung darauf, dass, wie Plutarch berichtet, bei den gastmählern der alten Aegypter auch mumien aufgestellt wurden. Diese sollten aber nicht etwa an die vergänglichkeit alles irdischen erinnern, sondern mahnen, den becher der freude ganz zu leeren, bevor man in den „Ament“, das land der finsterniss und der schlaftrunkenheit, wandern müsse. So würde sich die stelle erklären, und ich glaube, dass wir dem gelehrten dichter diese allerdings etwas weit hergeholten beziehung zutrauen dürfen. V. 92 ff. You put to death, by means of a committee, The ballad-singers and the Troubadours,

The street-musicians of the heavenly city

The birds.

Varnhagen versteht p. 125 unter Heavenly city: das paradies. Aber abgesehen davon, dass dieser ausdruck mit dem in der Legend of Rabbi ben Levi 25 gebrauchten Celestial Town nicht identisch ist, zeigt der zusammenhang, dass sich der dichter in humoristischer weise über der stadt noch eine zweite stadt in der luft denkt, die ebenso wie jene ihre 'strassenmusikanten hat. 5) The bell of Atri (Varnhagen II, 6 ff.).

Zu der erzählung "The bell of Atri' ist zu bemerken, dass der stoff auch von zwei deutschen dichtern bearbeitet ist, von Kopisch (Reclam'sche ausg. s. 83 ff.) und von Langbein (Neuere gedichte. Leipzig, Dyk. o. j. s. 160). Letzterer nennt weder den namen des königs noch den ort der begebenheit und scheint sein gedicht nach mündlicher überlieferung verfasst zu haben. Kopisch überschreibt sein gedicht „Die nothglocke“, Langbein „Das blinde ross“. 6) The Baron of St. Castine V. 118. (Varnhagen II, 57).

For man is fire and woman is tow,

And the Somebody comes and begins to blow.

Zu vergleichen sind folgende deutsche verse. die mir schon so lange bekannt sind, dass ich ihre quelle nicht mehr angeben kann:

Die männer sind der feuerstein, die mädchen sind der zunder,
Und wenn gott Amor feuer schlägt, gleich brennt der ganze plunder.
V. Zu Longfellow's Hyperion.

B. I. ch. VIII (The Prose Works of Henry Wadsworth Longfellow. Author's Edition, London, George Routledge and Sons. S. 37) „Prince. Metternich“, said the Baron, „is greater than any king in Italy; and I wonder this precious wine has never inspired a German poet to write a Bacchus on the Rhine. Many little songs we have on this theme, but none very extraordinary. The best are Max Schenkendorf's Song of the Rhine, and the song of Rhine Wine, by Claudine, a poet who never drank Rhenish without sugar. We will drink for him a blessing on the Rhine". Gemeint ist natürlich mit dem räthselhaften dichter Claudine kein anderer als Mathias Claudius, der Wandsbecker Bote, und sein lied „Am Rhein, am Rhein, da wachsen unsre reben". Mit dem humoristischen zusatz will Longfellow nur zu erkennen geben, dass er Claudius zu den dichtern des 18. jahrhunderts zählt, welche von wein und liebe sangen, selbst aber die nüchternsten pedanten waren.

VI. Zu Burns John Anderson my jo!

Überschrift und anfangsstrophe des liedes John Anderson my jo, John, hat Burns einem alten schottischen liede entlehnt, welches in Percy's Reliques II. vol. s. 111 (A. Schröer's neudruck s. 345) abgedruckt ist. Percy bemerkt dazu: It is a received tradition in Scotland, that at the time of the Reformation, ridiculous and bandy songs were composed by the rabble to the times of the most favourite hymns in the Latin Service. Greene steeves and pudding pies (designed to ridicule the popish clergy) is said to have been one of the metamorphosed hymns: Maggy Lauder was another: John Anderson my jo was a third. The original music of all these burlesque sonnets was very fine'. Weder die Globe-Edition von Burns Poems, Songs and Letters (London, Macmillan and Co. 1884), wo das lied auf s. 201 abgedruckt ist. noch I. L. Robertson's

ausgabe von Burns' Selected Poems, wo es sich auf p. 163 findet (vgl. p. 252). erwähnen diesen umstand. Es ist nach obigem nicht unwahrscheinlich, dass der dichter sein lied einer volksthümlichen melodie untergelegt hat.

Northeim, Januar 1892.

R. Sprenger.

REPLIK.

L. Fränkel's anzeige meiner schrift über die sage von Hero und Leander, Engl. stud. XVII, 124 ff., nöthigt mich zu einigen worten der erwiederung. Ich bin dabei bestrebt, diskutables fern zu halten, mache also z. b. Fränkel keinen vorwurf daraus, dass er ebenso wenig wie sein vorgänger K. Müller erkannt hat, dass ich absichtlich mit Grillparzer schliesse, obwohl dies bei einiger kombinationsgabe aus meiner bemerkung s. 60 a. 1 zu ersehen gewesen wäre.

1. Zunächst eine allgemeine bemerkung. An der getäuschten erwartung Fränkel's (s. 130), ich würde mich zu einer sachlichen parallelisirung der verwandten liebessagen aufschwingen, bin ich gänzlich unschuldig. Ich habe in der vorrede ausdrücklich erklärt, dass ich das sagengeschichtliche moment principiell ausschliesse und habe s. 1 als aufgabe meiner abhandlung die darlegung der litterarischen geschichte der Herosage bezeichnet. Wem dies thema zu eng begrenzt erscheint, mag es sagen, nicht aber den schein erregen, als habe meine arbeit nicht das ziel erreicht, das sie sich selber gesteckt hat,

2. Ich bestreite, dass Fränkel's hinweis auf Lambel, Erzählungen und schwänke s. VII, für das verständniss des mhd. gedichts vom Hero irgend einen werth hat.

3. Wenn F. für die bearbeitung der sage durch Loredano keinen andern beweis hat als die von ihm citirte stelle aus Witkowski's Diederich von dem Werder, so muss ich bezweifeln, dass mehr als eine erwähnung der sage vorliegt. Leider steht mir die deutsche übersetzung der Dianea, nach der Witkowski citirt, nicht zur verfügung. Jedenfalls aber bestreite ich, dass etwas, was in Loredano's Dianea steht, zu den renaissance e pen gehören kann.

4. Unter den von mir behandelten renaissanceepen vermisst F. auch das liebesschreiben Leander's in der bekannten sammlung galanter dichter. Ich hätte also unter den selbständigen bearbeitungen der sage in epischer form, die übersetzung einer Ovidischen epistel aufführen sollen. Dabei findet es Fränkel für gut, zu ignoriren, dass ich s. 51 a. l. nicht nur dieses „Liebesschreiben“ erwähnt, sondern auch zwei bemerkungen von Cholevius über dasselbe berichtigt habe.

5. Die bemerkung, dass zu Alxinger jetzt Goedeke's Grundriss einzusehen sei, ist gänzlich müssig.

6. Trotz seines versprechens die von Müller gebrachten berichtigungen nicht wiederholen zu wollen. folgt F. seinem vorgänger in dem verlangen unter, den dramatischen bearbeitungen auch Richard Schott's schwank 'Hero und Leander'

1 Nach einer mir gewordenen mittheilung handelt es sich wirklich nur um eine erwähnung der sage.

« PreviousContinue »